Hans Platzgumer: "Bogners Abgang"
Prägnant geschriebener
Roman mit philosophischer Grundfrage über Schuld und Unrecht
Andreas Bogner, ein bildender Künstler, der darunter leidet, dass er von
seiner Kunst nicht leben kann, macht einmal wöchentlich auf Drängen
seiner Ehefrau Astrid eine Psychotherapie. Bogner schildert seinem Therapeuten
Dr. Gnessel nicht nur seinen Seelenzustand, sondern auch sein aktuelles
Kunstprojekt, das Zeichnen von Waffen. Bogner wurde in der Vergangenheit
im Rahmen einer Ausschreibung für ein öffentliches Kunstprojekt vom
Kunstkritiker Kurt Niederer einer rassistischen Haltung bezichtigt. Das
lässt ihn nicht mehr los, all sein künftiges Schaffen wird behindert
durch den Gedanken, was Niederer wohl dazu sagen würde. Er versucht
etwas zu schaffen, was ihn in Niederers Augen wieder besser dastehen
lassen könnte.
Bogner beginnt seinen "Waffen-Zyklus"
und zeichnet in historischer Chronologie vom Faustkeil über Pfeil und
Bogen bis zum Abschluss der Serie, eine Zeichnung der "Walther PPK"
seines Schwiegervaters. Dieser ließ sich von Bogner überreden, ihm die
geladene Waffe für ein paar Tage zu überlassen. Als Niederer kurz darauf
in einer öffentlichen Rundfunksendung über Bogners Arbeiten ein
vernichtendes Urteil fällt und ihm unterstellt, lediglich seine eigene
Oberflächlichkeit zur Schau zu stellen, setzen sich diese Sätze in
Bogner fest. Er stürzt in einen tiefen Abgrund und trifft eine
folgenschwere Entscheidung ...
Parallel dazu erzählt Platzgumer die Geschichte der Studentin Nicola,
die auf der Heimreise von Innsbruck in ihren Heimatort in Vorarlberg
alkoholisiert einen Unfall mit Fahrerflucht verursacht. Mithilfe ihrer
Mutter versucht sie, sich ihrer Verantwortung zu entziehen. Ihre Mutter
setzt alles daran, den Unfall zu vertuschen und ihre Tochter zu
unterstützen. Doch als das Unfallopfer im Krankenhaus
stirbt, gerät Nicolas Welt sowie jene Bogners völlig aus den Fugen. Am
Ende des Romans bleibt es dem Leser überlassen, die Antwort auf die
philosophische Frage, wen letztlich die Schuld
am Tod des Kunstkritikers trifft, individuell für sich zu beantworten.
In Platzgumers Roman laufen mehrere Handlungsstränge parallel, erst
gegen Ende der Lektüre erkennt der Leser, wie diese miteinander verwoben
sind. Der Autor liefert mit "Bogners Abgang" einen interessanten Roman
in klarer Sprache, der in zügigem Erzähltempo verfasst und nicht zuletzt
aufgrund der geringen Seitenanzahl durchaus in einem Zug zu lesen ist.
Die Spannung bleibt bis zum Schluss aufrecht, das Philosophieren über
die Frage von Schuld und Unrecht kann den Leser auch nach dem Ende der
Lektüre noch lange beschäftigen.
(Alexandra Gölly-Liebich; 03/2021)
Hans
Platzgumer: "Bogners Abgang"
Zsolnay, 2021. 141 Seiten.
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