Jenny Colgan: "Hochzeit in der kleinen Sommerküche am Meer"


Die Handlung des Romans der Erfolgsautorin Jenny Colgan spielt auf der kühlen, windigen schottischen Insel Mure. Dort betreibt Flora eine kleine gemütliche Sommerküche mit duftenden Leckereien und freundlichen Stammgästen, wo jeder willkommen ist und gerne einkehrt. Flora führt eine Beziehung mit ihrem Ex-Chef und dem Anwalt Joel. Während es den beiden an Leidenschaft in ihrer Beziehung nicht mangelt, kommt der Tiefgang mitsamt Aufrichtigkeit und Offenheit zwischen den beiden für Floras Begriffe zu kurz. Joel scheint sich einfach nicht ganz auf sie und ihre Beziehung einlassen zu können. Außerdem wirkt er verschlossen und macht um seine Vergangenheit, die offensichtlich bis heute ihre Nachwirkungen zeigt, ein großes Geheimnis. Dazu kommt, das Joel wochen- oder sogar monatelang verreist ist, um für seinen Chef, den Milliardär Colton Rogers, zu arbeiten.

Dann gibt es da noch Lorna. Sie ist Floras beste Freundin und Lehrerin auf der Insel. Die hübsche junge Frau ist heimlich verliebt in den syrischen Flüchtling Saif, der als Bedingung für sein Aufenthaltsrecht in Großbritannien als Arzt auf die Insel gezogen ist, um die Bewohner medizinisch zu versorgen. Täglich wartet und hofft er auf Nachrichten von seiner Frau und seinen beiden Söhnen, die er seit mehr als zwei Jahren, seit er aus Syrien geflüchtet ist, nicht mehr gesehen und nichts mehr von ihnen gehört hat.

"Hochzeit in der kleinen Sommerküche am Meer" vereint also diverse Handlungsstränge, welche die Innensicht verschiedener Charaktere prägen. Hervorzuheben sind gesellschaftskritische Aspekte und das Infragestellen politischer Entscheidungen, was den Roman von seichten Liebesschnulzen seines Genres deutlich unterscheidet. Neben der Flüchtlingsthematik und den damit verbundenen Traumatisierungen der Betroffenen nimmt inhaltlich auch die Situation von Pflegekindern, ihren Schicksalen, Problemen und möglichen Hilfsangeboten für sie Platz ein.

Jenny Colgan schafft es auf unglaublich gekonnte Weise, die gemütliche Atmosphäre einer verschlafenen schottischen Insel mit den unbarmherzigen Widrigkeiten des Lebens zu verbinden, ohne melancholisch zu sein, und trotzdem zu berühren. Zu gerne macht man es sich bei schlechtem Wetter, das an die Witterung auf der Insel erinnert, bei einer Tasse Tee und einem Stück Gebäck gemütlich und fiebert mit den unterschiedlichen Charakteren mit. Einige bekommen letzten Endes ihr hart verdientes Glück. Andere hoffen vergebens.

Alles in allem punktet der Roman auf ganzer Linie. Er bietet eine abwechslungsreiche und vielgestaltige Handlung, legt authentische, tiefe Gefühle der Charaktere frei, lässt den Leser mitfiebern und -hoffen, regt zum Nachdenken an und macht einfach Lust auf mehr.

"Hochzeit in der kleinen Sommerküche am Meer" ist der zweite Teil der "Floras Küche"-Trilogie (Band 1: "Die kleine Sommerküche am Meer", Band 3: "Weihnachten in der kleinen Sommerküche am Meer"). Es ist kaum möglich, einen Teil zu lesen, ohne sich nicht auch gleich die anderen zu besorgen. Für die zahlreichen Liebhaber der schottischen Autorin gibt es außerdem noch eine weitere Bücherreihe, und zwar rund um Polly und die kleine Bäckerei am Strandweg.

(Alexandra Gölly-Liebich; 02/2020)


Jenny Colgan: "Hochzeit in der kleinen Sommerküche am Meer"
(Originaltitel "The Endless Beach")
Übersetzt von Sonja Hagemann.
Piper, 2019. 447 Seiten.
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