Hanns-Christian Gunga: "Am Tag zu heiß und nachts zu hell"

Was unser Körper kann - und warum er heute überfordert ist


Leicht lesbar aufbereitetes Buch mit wissenschaftlichem Inhalt darüber, was der Körper eines Menschen aushalten kann - geschildert anhand von Extremsituationen

Im mit einfachen, leicht verständlichen Darstellungen illustrierten Buch von Hanns-Christian Gunga wird von Menschen in Extremsituationen und den Reaktionen ihrer Körper und ihrer Psyche in dieser jeweils "spezifisch extremen Umwelt" berichtet. Der Autor betont gleich anfangs, es handle sich nicht um eine wissenschaftliche Arbeit, sondern der Leser solle neugierig gemacht werden und die "Eigentümlichkeiten" des Lebens unter Extrembedingungen kennenlernen.

Gunga gliedert sein Werk in sechs Kapitel, die umfassend extreme Bedingungen für die menschliche Psyche und den Körper schildern: Der Universitätsprofessor für Weltraummedizin und Extreme Umwelten an der Charité in Berlin erzählt von der Besatzung eines in der Wüste abgestürzten Bombenflugzeugs im Zweiten Weltkrieg, die in Tagebucheinträgen die Einflüsse der extremen Hitze und Kälte auf den menschlichen Körper dokumentiert hat, bis hin zu den sogenannten "Hungerkünstlern" Anfang des 20. Jahrhunderts in Europa, die mit tagelangem Fasten ihr Geld verdient haben.

Der Professor berichtet von Foltermethoden durch Schlafentzug, von Bergsteigern, die sich freiwillig in lebensfeindliche Höhen begeben, und von Ausnahmesituationen, in denen Menschen sogar zum Kannibalismus fähig waren. Ausführlich beschäftigt er sich auch mit dem Phänomen der Schwerkraft und den Veränderungen, welche die Schwerelosigkeit im All auf den menschlichen Körper hat. Er fantasiert, wie ein allfälliges künftiges Leben auf anderen Planeten gestaltet sein müsste, damit die menschliche Psyche diesem auch gewachsen wäre.

Der Autor erklärt bei den verschiedenen geschilderten Belastungssituationen gut verständlich und nachvollziehbar, wie der menschliche Körper mit diesen Extremsituationen, denen sich Menschen freiwillig oder unfreiwillig ausgesetzt haben, umgeht, und welche physischen und psychischen Auswirkungen die Strapazen haben können. Aus diesen Beobachtungen entwickelt er Theorien, welches Ausmaß an lebensfeindlichen Umgebungen der menschliche Körper auszuhalten in der Lage ist. In einem weiteren Schritt zieht Gunga auch den Konnex zu klimatischen Veränderungen und dem Klimawandel, dem sich die Menschheit ausgesetzt sieht, und mahnt zur Vernunft und zu Umkehr.

Das Buch ist kurzweilig zu lesen, die erzählten Berichte sind spannend und halten viele Detailinfos bereit. Oftmals bekommt man beim Lesen ein beklemmendes Gefühl, wird aber auch nachdenklich gestimmt. Der Titel des Buchs mag auf den ersten Blick vielleicht vermuten lassen, dass der Inhalt lebensnaher und alltagspraktischer ist. Im Idealfall regt das Buch zum Reflektieren der eigenen Lebensweise an und bewegt zum Umdenken.

(Alexandra Gölly-Liebich; 09/2019)


Hanns-Christian Gunga: "Am Tag zu heiß und nachts zu hell.
Was unser Körper kann - und warum er heute überfordert ist"

Rowohlt, 2019. 224 Seiten.
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