Benedict Wells: "Die Wahrheit über das Lügen"
Zehn Geschichten
Zehn
Kurzgeschichten: Benedict Wells' "Mixtape" aus
zehn Jahren
Für all jene, die den am 29. Februar 1984 in München
geborenen Benedict Wells schon als Autor kennen und seine Werke
schätzen und lieben gelernt haben, wird es nicht verwunderlich
sein, dass auch "Die Wahrheit über das Lügen" den
Sinn des Lebens, die Wirksamkeit des Erinnerns, die Suche nach
Geborgenheit, den Drang nach Freiheit und die verschwimmenden Grenzen
zwischen Vergangenheit und Gegenwart thematisiert.
In einem Interview mit dem "Diogenes"-Verlag meinte Benedict Wells,
dass er mit seiner Sammlung an Kurzgeschichten ein "Mixtape"
kreieren wollte. Eine Mixtur an Gefühlen sollten diese
Kurzgeschichten hervorrufen, und das tun sie tatsächlich.
Für manche Leser mögen jene zwei Texte von
großem Interesse sein, die etwaige Lücken aus "Vom
Ende der Einsamkeit" füllen und an die Melancholie des Romans
aber auch an die unglaubliche Einfühlsamkeit eines 23 Jahre
jungen Autors erinnern, dem man diese Feinfühligkeit und so
viel Gespür (kurz: Menschenkenntnis) anfangs nicht zugetraut
hatte.
Über kurz oder lang scheint Wells auch die bissigsten Kritiker
überzeugt zu haben. Anders als sein zweiter Roman klingt das
Herzstück seiner Kurzgeschichtensammlung "Franchise, oder: Die
Wahrheit über das Lügen" eher nach Sci-Fi
und dem Kultfilm "Being John Malkovich": Der
Protagonist landet im Jahr 1973 und fasst den Entschluss "Star
Wars" zu stehlen. Innerhalb von vier Jahren mausert sich der
frustrierte, ungehörte Journalist zum Gründer der
erfolgreichsten Filmfranchise des 20. Jahrhunderts
und kann nun die Wahrheit über seine Lüge berichten.
Dieser Kurzgeschichte haben wir zu verdanken, dass wir Benedict Wells
nicht nur als tiefgründigen Romanautor, sondern auch als
ideenreichen und talentierten Kurzgeschichtenautor kennenlernen
dürfen. Inspiriert von seinen Vorbildern, darunter F.
Scott
Fitzgerald, zeigt uns der Schriftsteller auch die
Notwendigkeit der Geborgenheit und das Grundbedürfnis nach
Freiheit anhand eines Pingpongballs und des nahenden
Entscheidungsspiels.
Eine andere Protagonistin kommt in den Genuss einer Muse und ihres
Kusses. Eine Fliege bewegt eine Hausfrau zum alles entscheidenden Zug.
Eine Wanderung entpuppt sich als Verirrung, und 100.000 Kilometer sind
doch nicht bloß Zahlen. Mehr soll hier jedoch nicht verraten
werden. Denn Benedict Wells will seine Leser mit diesem "Mixtape"
überraschen und berühren, wie er in seinem bereits
erwähnten Interview ausführte.
Und wo kämen wir hin, nähme eine Rezension den Lesern
diese Erfahrung?
(Sabrina Brugner; 10/2018)
Benedict
Wells: "Die Wahrheit über das Lügen. Zehn Geschichten"
Diogenes, 2018. 208 Seiten.
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Zur
Netzpräsenz des Autors:
https://benedictwells.de/
Weitere Bücher des Autors (Auswahl):
"Vom Ende der Einsamkeit"
Jules und seine Geschwister Marty und Liz sind grundverschieden, doch
ein tragisches Ereignis prägt alle drei: Behütet
aufgewachsen, haben sie als Kinder ihre Eltern durch einen Unfall
verloren. Obwohl sie auf dasselbe Internat kommen, geht jeder seinen
eigenen Weg, sie werden einander fremd und verlieren einander aus den
Augen. Vor allem der einst so selbstbewusste Jules zieht sich immer
mehr in seine Traumwelten zurück. Nur mit der geheimnisvollen
Alva schließt er Freundschaft, doch erst Jahre
später wird er begreifen, was sie ihm bedeutet - und was sie
ihm immer verschwiegen hat. Als Erwachsener begegnet er Alva wieder. Es
sieht so aus, als könnten sie die verlorene Zeit
zurückgewinnen, doch dann holt sie die Vergangenheit wieder
ein. (Diogenes)
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"Fast
genial"
Francis, knapp achtzehn, wohnt mit seiner alleinerziehenden Mutter in
einem heruntergekommenen Wohnwagenpark in New Jersey und sieht sein
Leben schon dort enden. Bis zu dem Tag, an dem er die Wahrheit
über seine Zeugung erfährt. Offenbar verdankt er
seine Existenz einem absurden Experiment, an dem seine Mutter damals
teilgenommen hat. Sein Vater ist zudem kein Versager, der die Familie
im Stich ließ, sondern ein genialer Wissenschaftler aus
Harvard. Eine Begegnung mit ihm könnte Francis' Leben
verändern. Zusammen mit seinem besten Freund Grover, einem
verschrobenen Superhirn, und dem Mädchen seines Herzens, der
labilen, unberechenbaren Anne-May, macht er sich auf eine Reise quer
durchs Land zur Westküste, um seinen Vater zu finden. Francis
will wissen, wer er ist, und zu verlieren hat er nichts - oder doch?
Eine dramatischer Erkundungsreise mit immer neuen Wendungen und einem
im wahrsten Sinn atemberaubenden Ende. (Diogenes)
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"Spinner"
"Ich habe keine Angst vor der Zukunft, verstehen Sie? Ich hab nur ein
kleines bisschen Angst vor der Gegenwart."
Jesper Lier, 20, weiß nur noch eines: Er muss sein Leben
ändern, und zwar radikal. Er erlebt eine turbulente Woche und
eine wilde Odyssee durch Berlin. Ein tragikomischer Roman über
Freundschaft,
das Ringen um seine Träume und über die
Angst, wirklich die richtigen Entscheidungen zu treffen. (Diogenes)
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"Becks
letzter Sommer"
Robert Beck wollte einst Musiker werden, doch stattdessen setzte er auf
Sicherheit und wurde Lehrer. Nun ist er Ende dreißig und
angeödet von seinem Leben. Bis er in seiner Klasse den
Außenseiter Rauli Kantas aus
Litauen entdeckt. Ein
Musikgenie, das singt und E-Gitarre spielt wie ein junger Gott. Beck
will ihn als Manager groß herausbringen, allerdings nicht nur
aus Selbstlosigkeit: der Junge ist gleichzeitig seine letzte Chance, um
sich seine Träume von der Musikkarriere doch noch zu
erfüllen. Aber wie Beck hat auch der rätselhafte
Rauli seine Geheimnisse ...
Der Beginn eines Sommers, in dem noch einmal alles möglich
scheint - und alles auf dem Spiel steht. Denn die Suche nach einer
Plattenfirma gestaltet sich für Beck schwieriger als gedacht,
seine Beziehung
zur Studentin Lara hängt am seidenen Faden,
und sein bester Freund, der Deutschafrikaner Charlie, zieht den
Ärger magisch an. Alle Figuren sind auf einem langen Weg zu
sich selbst, und sie werden ankommen - wenn auch nicht immer da, wo man
es erwartet. Denn am Ende muss Beck sich entscheiden, wie viel er
für seine Freiheit wirklich zu opfern bereit ist. "Becks
letzter Sommer" ist Künstlerroman und eine universelle
Geschichte über die Musik, die Liebe und das Leben.
Schräg, witzig, weise und berührend. (Diogenes)
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