Andreas Thalmayr: "Schreiben für ewige Anfänger"
Ein kurzer Lehrgang
Kurz
- informativ - unterhaltsam
Es gibt vielerlei Methoden, fachliche Information zu vermitteln; ein
Sachbuch zu schreiben oder einen Lehrgang zu organisieren,
gehört wohl nicht zum Spannendsten, weiß Andreas
Thalmayr, das lyrisch aktive Alter Ego des literarischen Altmeisters Hans
Magnus Enzensberger.
In 27 kurze Briefen bemüht sich ein pensionierter
Grundschullehrer aus Südtirol,
dessen Werke es augenscheinlich
nie bis auf die Verkaufsbestenlisten geschafft haben, das Thema
Schriftstellerei zu lehren. Die höchst persönlichen
Erfahrungen und Enttäuschungen aus einem Leben für
die Kunst des Wortes weisen dem hoffnungsfrohen Nachwuchs Manuel
Zögler den hürdenreichen Weg zur Schriftstellerei.
Kein Thema wird ausgelassen, nicht die wirtschaftlich stimulierte Rolle
der Verlage, nicht die vage Stellung der Lyrik.
Zuweilen scheinen die
auf das Kaufverhalten ausgerichteten Klappentexte und die
Buchgestaltung, die Wortverpackung des gebundenen und mit
Schutzumschlag versehenen Buches, wesentlicher zu sein als die
schriftstellerische Kreativität. Die Freude über
Honorare und Tantiemen möge ohnehin nie wegweisend sein, soll
der junge Mann wissen. Niemals vergisst der Briefsteller, seine
Perspektive aus der Position des sympathischen, wohlmeinenden und
erfahrenen, wenn auch wenig erfolgreichen Älteren. "Trotzdem
halte ich an der Maxime fest: Von den Alten lernen heißt
siegen lernen" (Seite 84).
Das augenzwinkernde Lehrwerk aus der Fülle einer viele
Jahrzehnte währenden Belesenheit bedient sich des Stils eines
Briefromans. Damit verdichtet der 1929 geborene Enzensberger seine
Ratschläge zu einer freundschaftlichen Sammlung, in deren
Verlauf die Vertrautheit zwischen Schreiber und Adressat sowie zwischen
Thema und Leserschaft behände zunimmt.
Die Komplexität von Perspektive und Wissen eines fiktiven
Literatenlebens werden handhabbar: Hier schreibt nicht der Autor Hans
Magnus Enzensberger, der alles Geschehen aus einer langen
Schriftstellerkarriere bereits kennt. Er entwickelt im Schreiben,
vermeintlich persönlich und ohne Anspruch auf Allwissenheit,
seine kritisch-unterhaltsame Position.
Drei Supplemente aus denkbar unterschiedlicher Autorenschaft - von
Christoph
Martin
Wieland, Mario
Vargas
Llosa und Danilo Kiš
- ergänzen das kurze, aber zu weiter reichendem Nachdenken
anregende Werk und stellen den fiktiven Autor mit seinen literarischen,
finanziellen, steuerlichen und verlegerischen Themen in eine Reihe mit
drei Großen der Weltliteratur.
Egal, ob man das schmale Bändchen als zukunftsfroher
Schriftsteller oder als interessierter Leser liest: Literatur macht
Freude!
(Wolfgang Moser; 10/2018)
Andreas
Thalmayr: "Schreiben für ewige Anfänger.
Ein kurzer Lehrgang"
Hanser, 2018. 108 Seiten.
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