Connie Palmen: "Die Sünde der Frau"
Über Marilyn Monroe, Marguerite Duras, Jane Bowles und Patricia Highsmith
Moral,
der Preis der Freiheit und verbotene Früchte: Moderne Evas?
Ein für die "Niederländische Buchwoche 2017"
verfasster Essay über Originalität,
Prägungen und Persönlichkeitsprofile.
"In de beschrijvingen van hun levens probeer ik een
verklaring te vinden voor hun zelfdestructieve gedrag",
schreibt Connie Palmen in der "Handleiding voor het lezen van De zonde
van de vrouw", es war also ihr Bestreben, in den kurzbiografischen,
ansatzweise psychologischen Ausführungen verbindende
Erklärungen für die
Selbstzerstörungstendenzen der vier Frauen
aufzustöbern. Man hört manche Stellen aus Connie
Palmens Roman "Ganz
der
Ihre" nachklingen, beispielsweise: "Die
Biografie war das ungeliebte Kind der Literaturwissenschaft, und in
diesem vermaledeiten Genre fand ich meine Zuflucht".
Wie bereits in "Idole
und
ihre Mörder" (leider diesmal seichter)
beleuchtet Connie Palmen Einzelschicksale bekannter
Persönlichkeiten, um gewissen von der Autorin als verbindende
Gemeinsamkeiten gedeuteten Wesenszügen und Verhaltensweisen
nachzuspüren, schlaglichtartig präsentierte
biografische Details im damaligen gesellschaftlichen Kontext zu
verorten, prägende Kindheitserlebnisse zu analysieren,
Verhaltensmuster kritischen Betrachtungen zu unterziehen, Vergleiche
anzustellen und typische Rollenklischees zu prüfen.
Allerdings beschleicht den Leser während der Lektüre
gelegentlich das Gefühl, zwischen den Zeilen befasse sich die
Autorin sehr wohl (auch) mit Aspekten des eigenen Lebenslaufs.
Kann denn Talent Sünde sein?
Indem sich die vier von Connie Palmen ausgewählten
talentierten Frauen über gesellschaftliche Gebote
hinweggesetzt, sich nicht in das konventionelle Frauenlos (Ehe,
Mutterschaft, Haushalt) geschickt haben, wurden sie gleichsam zu
Außenseiterinnen und Opfern ihrer veröffentlichten
Selbstdarstellungen, so die Conclusio. Es geht um den Verlust der
Unschuld, die Zumutungen der (vermeintlich?) selbstgewählten
Rollen, den Spagat zwischen öffentlichen und privaten
Identitäten, um Süchte und Depressionen.
Fehlende Väter sowie die unstillbare Sehnsucht nach
Anerkennung aber auch rebellische Tendenzen sind laut Connie Palmen
einige der Voraussetzungen für dramatische Entwicklungen in
den Biografien der von ihr in knapper Form Dargestellten, wobei auch
religiöse Aspekte anscheinend nicht zu unterschätzen
sind. Jedoch geht die Autorin bedauerlicherweise zu wenig in die Tiefe,
die Kurzporträts mit Analyseansätzen wirken eher wie
Entwürfe für ein umfangreicheres Projekt.
Ein Landsmann Connie Palmens hat "Die Sünde der Frau" gar
uncharmant als
"verkapptes Selbstporträt" bezeichnet,
und man ist geneigt, dieser Aussage bis zu einem gewissen Grad
zuzustimmen. Freilich blitzen auch in "Die Sünde der Frau" das
Einfühlungsvermögen und die Intelligenz der Autorin
auf, dennoch erreicht dieses Buch nicht das gewohnte Niveau. Es finden
sich keine Überraschungen, man muss mit bekannten Fakten,
Interpretationen und logischen Schlussfolgerungen vorliebnehmen, und
Connie Palmen schießt bisweilen im Eifer des Gefechts
über das Ziel hinaus, indem auf tatsächlich oder
vermeintlich dingfest gemachten Gemeinsamkeiten der vier
Porträtierten herumgeritten wird.
Connie Palmen ist laut eigener Aussage eine begeisterte Leserin von
Biografien, bekannt ist auch, dass Biografen ihr Eigenleben sowie ihre
höchstpersönlichen Ansichten mehr oder weniger
getarnt in die Lebensbeschreibungen der von ihnen Auserwählten
einflechten, somit handelt es sich - wie bei jedem Text - immer auch um
zumindest ansatzweise erkennbare Selbstporträts.
Unterhaltsam ist das flott zu lesende kurzweilige Büchlein
allemal, der Erkenntnisgewinn hält sich freilich in Grenzen.
(kre; 04/2018)
Connie
Palmen: "Die Sünde der Frau. Über Marilyn Monroe,
Marguerite Duras, Jane Bowles und Patricia
Highsmith"
(Originaltitel "De zonde van de vrouw")
Aus dem Niederländischen von Hanni Ehlers.
Diogenes, 2018. 95 Seiten.
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