François Lelord: "Hector und die Kunst der Zuversicht"


Sympathetisches Buch mit Mehrwert für eine ausgeprägtere Lebenslust

In seinem neuesten Abenteuer dreht sich bei dem mittlerweile in die Jahre gekommenen französischen Psychiater Hector alles rund um die Zuversicht, Zufriedenheit und Freude an seinem Leben. Da Hector selbst bei sich eine gewisse Unzufriedenheit und pessimistische Gedanken erwischt, beschließt er eine weitere Reise zu machen, um diese unerfreuliche Entwicklung zu stoppen. Noch dazu kommt natürlich, dass Hectors Frau Clara schon einige Zeit in den USA ist, um dort zu arbeiten. Manchmal ist Hector sich gar nicht mehr sicher, ob die beiden noch eine wirkliche Ehe führen. Ein weiterer Grund, eine Reise zu machen, mit Clara als Ziel!

Kurz vor seiner geplanten Abreise lernt er eine junge Journalistin kennen, Géraldine, die von dem "Super-Psychiater" sofort begeistert ist und sich ein Projekt in den Kopf setzt, an dem Hector nicht unwesentlich beteiligt ist. Sie will ein Buch schreiben, in dem sie Hector zu verschiedenen Themen des Lebens interviewt. Obwohl der Psychiater sich zu Anfang sträubt, sieht er in diesem Angebot bald die Möglichkeit, ein Thema zu Papier zu bringen, das ihn derzeit sehr beschäftigt: Er will über die "Rosa Brillen" schreiben. Auch in seiner Praxis begegnet ihm dieses Thema immer häufiger. Durch verschiedene Brillen kann man sein Leben unterschiedlich betrachten und dadurch Gefühle in sich auslösen, die angenehm sind oder eher weniger.
"Denn wenn er seinen Patienten dabei half, ihre Sicht auf die Dinge, auf sich selbst und auf die Welt zu verändern, war das so, als würde er sie mit neuen rosa Brillen ausstatten - oder jedenfalls mit welchen, die nicht so düstere oder verzerrte Bilder lieferten wie die, die sie gewöhnlich trugen und mit denen sie auf den Treppenstufen des Lebens in Straucheln gerieten."

So gibt es zum Beispiel Leute, die ihre Fehler immer mit einer Lupe betrachten und ihre Erfolge wie durch ein umgedrehtes Fernglas ganz klein. Oder es gibt Leute, die sich immer für die Besten halten und Fehler immer nur bei Anderen sehen. Aber es gibt auch viele "Rosa Brillen" in unterschiedlichen Abstufungen, die Hector in seinem Alltag als Psychiater und während seiner neuesten Reise in diesem Buch erkennt und kennenlernt. An seiner Seite die junge Géraldine, die selbst Probleme mit ihrer eigenen "Rosa Brille" hat. Gut, dass Hector den Vorschlag, gemeinsam ein Buch zu schreiben, angenommen hat - denn er wäre die engagierte Journalistin ohnehin nicht mehr losgeworden.

"Rosa Brille Nr. 1: Setzen Sie, wenn Sie Ihre Fehler und Schwachstellen betrachten, nicht Ihre Lupenbrille auf."

Hector beschließt also, eine Reise zu machen. Er plant, drei seiner engsten Freunde, die alle in unterschiedlichen Winkeln der Erde leben, zu besuchen, um sich von ihnen Rat und Weisheit zum Thema Zuversicht und Zufriedenheit zu holen. Sein erster Zwischenstopp ist in Asien, danach kommt Afrika und dann Amerika, wo Hector zuerst seine Freundin und dann Clara besuchen will. Mit Clara erwartet ihn nicht nur seine langjährige Partnerin, sondern vor allem auch Unsicherheit und die Angst, dass ihre besten Tage als Paar vorbei sind ...
"Clara hatte ein schönes Büro in New York, und einerseits machte das Hector stolz, aber andererseits sagte er sich, dass er ein Idiot gewesen war, sie ziehen zu lassen. Man konnte sich fragen, ob es ein Beweis seiner Liebe gewesen war (er hatte ihr die Freiheit gewährt, einen spannenden Job anzutreten) oder eher ein Mangel an Liebe (er hatte nichts getan, um sie an seiner Seite zu halten)."

Stets an seiner Seite ist Géraldine. An jedem Ort, wo Hector einen seiner Freunde trifft, lernt er unterschiedliche, faszinierende Persönlichkeiten kennen und bekommt neue Anregungen für seine "Rosa Brillen". Diese Lebensregeln zur Zuversicht werden von Géraldine gewissenhaft notiert, schließlich sollen sie später die Grundlage für das Buch sein, neben Hectors Interviews.

Wer die "Hector"-Bücher kennt und liebt, wird auch Zufriedenheit beim Lesen dieses Buches finden. Wie gewohnt, spitzfindig, philosophisch und ein bisschen naiv, führt Hector dem Leser die Welt aus seiner Sicht einmal mehr vor Augen. Besonders Menschen auf der Suche nach einer inneren Zufriedenheit und Zuversicht werden mit diesem Buch auf ihre Kosten kommen - ohne sich durch einen pseudowissenschaftlichen Ratgeber kämpfen zu müssen.
"Hector und die Kunst der Zuversicht" gibt einem auf liebenswerte Art und Weise Anregungen und Tipps für ein Leben, das durch eine zuversichtliche Sichtweise, eine "Rosa Brille" der Zuversicht, bereichert werden kann.
Auch Interessenten der Psychologie kommen mit diesem Buch auf ihre Kosten. Der psychiatrische Einschlag durch den Quellberuf des Autors ist nicht zu verleugnen. Thematisiert werden unter Anderem die erlernte Hilflosigkeit, mind reading, das emotionale Argumentieren oder Resilienz. Dennoch hat man nicht das Gefühl, gedrängt oder therapiert zu werden.
Äußerst empfehlenswert, um potenzielle blinde Flecken bei sich zu erkennen, und hilfreich, um sich weiterentwickeln zu können!

(Alexandra Gölly-Liebich; 04/2018)


François Lelord: "Hector und die Kunst der Zuversicht"
Übersetzt von Ralf Pannowitsch.
Piper, 2018. 235 Seiten.
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