Bohuslav Kokoschka: "Ketten in das Meer"


Mehrstimmiger Abgesang auf die Donaumonarchie aus verschiedenen Perspektiven

Dieser Roman, im Jahr 1919 fertigestellt, jedoch bezeichnenderweise erst anno 1972 erstmals als "Logbuch des B. K." im Verlag Ehrenwirth in München erschienen (Arm und Schatten des berühmteren Bruders Oskar reichten weit!), wurde im Jahr 2016 in der Wiener "Edition Atelier" neu aufgelegt, diesmal unter dem tatsächlich vom Autor gewünschten Titel, illustriert mit von Bohuslav Kokoschka angefertigten Zeichnungen und ergänzt durch ein umfangreiches Nachwort des Wiener Kulturpublizisten, Theaterautors und Dokumentarfilmers Adolf Opel, der Bohuslav Kokoschka persönlich gekannt hat.
Opel, geboren am 12. Juni 1935, ist u.A. auch Herausgeber der Schriften von Adolf Loos und Lina Loos sowie einer Biografie über Leopold von Sacher-Masoch. 1964 unternahm er, nach dem Scheitern von Ingeborg Bachmanns Beziehung mit Max Frisch, als deren Lebensabschnittspartner mit ihr Reisen, sein darüber verfasstes, anno 2001 publiziertes Buch "Wo mir das Lachen zurückgekommen ist. Auf Reisen mit Ingeborg Bachmann" blieb weitgehend unbeachtet.

In seiner unter der Überschrift "Überflüssige Ausgrabung - Konfuser Stilsalat" erschienenen Rezension ("Zeit" vom 2. März 1973) wetterte der 1950 geborene, damals wohl noch ungestümere Thomas B. Schumann, seither als Autor, Herausgeber, Publizist und emsiger Büchersammler, dessen Engagement vor allem der deutschen Exilliteratur nach 1933 gilt, in Erscheinung getreten, beispielsweise: "Das ganze Buch ist äußerst verworren, konfus und planlos angelegt und läßt keinerlei roten Faden, Konzeption und Zusammenhang erkennen (...) Die Sucht nach literarischen Entdeckungen und die Manie, alle Literatur aus Österreich - stamme sie nun von der älteren, den Untergang der Donaumonarchie beschreibenden Generation oder von der Avantgarde im Gefolge eines Handke, Thomas Bernhard oder der Wiener Konkreten Gruppe - unbesehen zu drucken, treiben die seltsamsten Blüten. Mit dem 'Logbuch des B. K.' dürfte einstweilen der Höhepunkt dieser Krankheit erreicht sein."
Inzwischen hat diese ebenso selbstgerechte wie unzutreffende Sichtweise wohl naturgemäß Rost angesetzt. Es wäre nicht uninteressant, ob der gestrenge Jungkritiker des Jahres 1973 sein damaliges Urteil auch heute noch aufrechterhalten würde.
Kokoschka selbst schrieb übrigens in seinem Roman: "Was sollte das Ganze überhaupt? Szenen, die längst verhallt, Bilder, in die Zeit zerstoben und, wie ihr schien, ohne Zusammenhang!" (S. 86) Freilich: Nicht jedes Buch trifft gleich nach seiner Veröffentlichung auf passende Leser! Man kann getrost annehmen, dass Bohuslav Kokoschka seinen Roman nach Jahrzehnten des Wartens auf dessen Druck und Veröffentlichung genau so und nicht anders haben wollte, mögliches Kritikerlob oder drohender Tadel hin oder her.
Hingegen merkte Gerhard Strejcek in seiner Rezension ("Wiener Zeitung" vom 20.11.2016) der Neuauflage unter dem Titel "Der kaiserliche Musikmatrose" an: "Das Schreibtalent, die Originalität und die Gabe präziser, sparsam getexteter Schilderung kommen in der neu editierten, illustrierten Ausgabe des Kriegsromans aber deutlich zur Geltung."

Bohuslav Kokoschka (22. November 1892 - 12. Jänner 1976) war, wie sein älterer Bruder Oskar, Maler, Grafiker und Autor, er verfasste Romane und Dramen, wobei der in 35 Kapitel gegliederte Roman "Ketten in das Meer" wohl sein schriftstellerisches opus magnum darstellt.
Kern des Ganzen sind einprägsame Schilderungen der oftmals zermürbenden, erschütternden Vorgänge und Zustände innerhalb der k.u.k-Marine. Bohuslav Kokoschka, bei Kriegsbeginn zur österreichischen Marine eingezogen, kannte wohl alles Beschriebene aus eigener Anschauung, sein Roman ist daher völlig frei von schönfärberischer Nostalgie und romantischer Heldenverehrung. Vielmehr werden Mühsal, Leiden und Schikanen hautnah geschildert; Hunger, Kälte, Dunkelarrest, desinteressierte, unfähige Vorgesetzte, hinterhältige Militärangehörige, vertuschte interne Skandale, systembedingte Ungerechtigkeiten, Misswirtschaft wie z.B. Lebensmittelunterschlagungen samt Verkauf auf eigene Rechnung, Korruption usw.

Aus der großen Kaserne, wo der Kantineur einen schwungvollen Handel mit verschiedenen Bändern für die Matrosenmützen, die quasi als (auch gefälschte!) Ausweise dienen, betreibt, wird der Musikmatrose nach zahlreichen aufwühlenden Erlebnissen auf eigenen Wunsch zum Marinemusikkorps versetzt, obwohl er über keinerlei musikalische Ausbildung verfügt und nicht einmal Noten lesen kann. Bohuslav Kokoschka stand wohl höchstpersönlich Modell für diesen Protagonisten: Er wurde zwar (aufgrund guter Beziehungen) als Musikmatrose eingezogen, ließ jedoch jegliche musikalische Theorieausbildung vermissen!
Ein fast tauber Kapellmeister passt wunderbar in das vom maroden Militär ingesamt gezeichnete Bild. Doch auch auf dem Schiff setzt es nach geringfügigen Vergehen Ausgehverbot, Dunkelhaft ohne Nahrung und andere Bestrafungen; derbe Späße und grobe Ungerechtigkeiten vielerei Art stehen gleichermaßen auf der Tagesordnung. Die Zustände sind also keinen Deut besser als an Land, nur eben anders, vor allem beengter. Die verschwundene Schiffskasse, eine Rattenplage, die anhaltende Urlaubssperre sowie eine Übung an Land vor Seiner Exzellenz dem Vize-Admiral sorgen für Turbulenzen.
Das Schiff liegt meistens im Hafen vor Anker, wird einmal im Dock generalüberholt, was der Mannschaft zumindest vorübergehend einigermaßen sinnvolle Aufgaben beschert. Das Sprachenwirrwarr und daraus resultierende Verständigungsschwierigkeiten führen immer wieder zu kuriosen oder auch gefährlichen Situationen, über allem steht die Wichtigkeit tadelloser Dienstkleidung, prinzipiell die Wahrung des äußeren Anscheins, zumal mehrmals der Besuch des Kaisers angekündigt wird, der, als er endlich doch erfolgt, erstaunlich ereignislos verläuft.

Es handelt sich bei "Ketten in das Meer" nicht so sehr um einen Kriegsroman: Zu fern sind die Kampfhandlungen, zu sehr ist die Marine zur Verkörperung reinen Selbstzwecks erstarrt. Ähnlich wie später in Wilhelm Musters "Silbermeister", den der Schriftsteller keineswegs als "Kriegsroman" etikettiert sehen wollte, steht die Zerrüttung des Individuums als Begleiterscheinung und Folge eines längere Zeit anhaltenden Kriegszustands im Mittelpunkt. Allerdings ist Musters "Silbermeister" konsequenter und auch kompromissloser, was das Aufzeigen der zerstörerischen Auswirkungen auf den Einzelnen anbelangt, auch kann dessen Gesamtkonzept als ausgereifter angesehen werden.
Grundsätzlich lässt sich aber durchaus eine gewisse Wesensverwandtschaft der beiden Romane feststellen, wenngleich der eine im Dunstkreis des Ersten, der andere in jenem des Zweiten Weltkriegs angesiedelt ist. Die Erzähltechnik, mit mosaikartig angeordneten Episoden schlaglichtartig eine untergegangene Zeit, ihre Menschen und Ereignisse nachzustellen, hat Wilhelm Muster übrigens in seinem Roman "Auf den Spuren der Kuskusesser", soweit es sein Oeuvre betrifft, perfektioniert.
Beide Romane, so unterschiedlich sie auch sind, vermischen äußeres Kriegsgeschehen und persönlich erlebte Mythologie miteinander, wodurch sich zeitlos gültige Szenerien ergeben.

Maza, eine südslawische junge Frau, Postangestellte, gerät auf Missverständnisse stiftende, für ihre Verhältnisse recht abenteuerliche Weise in den Besitz der detaillierten handschriftlichen angeblichen Aufzeichnungen eines Matrosen, der im Ersten Weltkrieg seine Erlebnisse in tagebuchartiger Form festgehalten hat. Dieser Matrose wiederum schmökert gelegentlich im roten Tagebuch eines Backfischs (es geht um Streitereien mit den Großeltern, erstes Verliebtsein, Schulprobleme, um den an der Front befindlichen Bruder und dessen angehimmelten Freund, um die immer wieder verschwindende Mutter, einschneidende Erlebnisse im Spital, ein schauriges Nachterlebnis und eine auf ungewöhnlichem Weg einlangende Todesmeldung ...), und dieser Matrose verfasst in Dunkelhaft sitzend überdies eine tragische Liebesgeschichte über den Geige spielenden Studenten David und das magere, immer hungrige Mädchen Anita mit der großen Nase, über die fürsorgliche Konditorsfrau Rosalia, die Aufwartefrau Nihil, die wohlgesonnene Vermieterin Frau Rosenquarz und den lüsternen Herrn von Tinter.

Maza wird wegen der Vorfälle im Zusammenhang mit dem Handschriftenbündel in ein entlegenes Postamt strafversetzt, wo ihre Freundin Danka sie später besucht - und einen Teil der "Memoiren" als Reiselektüre mitnimmt. Das dem Arrestanten abgenommene in rotes Leder gebundene Tagebuch des Wiener Mädels macht hingegen bei den Marineangehörigen die Runde, wie die Teile der "Memoiren" des Matrosen bei den südslawischen Mädchen.
Lesen und Schreiben scheinen zu jeder Zeit nicht selten als Zufluchten gedient zu haben, um zumindest für einige Zeit gedanklich dem aus mancherlei Gründen als unerträglich erlebten Alltag zu entrinnen. Dieses Motiv zieht sich durch sämtliche ineinander verschachtelte Geschichten dieses Romans. Auch eröffnen klug platzierte prophetische Träume und Visionen dem Gesamtgefüge eine zusätzliche Ebene. Überschneidungen bzw. Parallelen zwischen den einzelnen Handlungssträngen sorgen für erstaunliche Eindrücke, beispielsweise erleiden sowohl das Wiener Mädel als auch der Marinesoldat "gleichzeitig" unerklärliche Fieberschübe; ein stimmiger Einfall des Autors, um das Rätsel zu vergrößern.

Die Ereignisse rund um das südslawische Mädchen Maza bilden also die erst mit Fortschreiten der Geschichte gehaltvoller werdende Rahmenhandlung, und ihre Lektüre der "Memoiren" des Musikmatrosen den eigentlichen Roman, in den auch andere bittere Geschichten aus der Zeit des Ersten Weltkriegs eingebettet sind. Beispielsweise jene der Familie Hanazek: der Mann beim Militär, die Frau mit fünf Kindern in Armut daheim darbend, der Willkür eines reichen Bauern und anderer Zeitgenossen schutzlos ausgeliefert. Was sich als Hoffnungsschimmer am Horizont zu zeigen scheint, die Verschickung der ältesten Tochter nach Ungarn im Rahmen eines Fürsorgeprogramms nämlich, endet in einer blutigen Katastrophe, von welcher der Familienvater aus einem der vielen Briefe, die ihn an der Front erreichen, erfährt.

Für den Musikmatrosen vergehen endlose Tage und Nächte mit nicht selten sinnlosen Verrichtungen, Arrest, abstumpfendem Warten, Brutalität, Feindseligkeiten, Intrigen, bisweilen schimmern seltene Momente der Kameradschaft auf, wobei jeder Soldat naturgemäß im Rahmen der Möglichkeiten primär auf das eigene Wohl bedacht sein muss, will er - auch ohne an Kampfhandlungen teilzunehmen - möglichst unversehrt an Leib und Seele überleben.
Eine von der Situation völlig überforderte blutjunge Sängerin, eine im Chaos endende Aufführung von Gounods "Faust", ein Toter im Theater - dramatische (und bisweilen auch lustige) Episoden halten auch damalige Gegebenheiten abseits militärischer Bereiche bildhaft und eindrücklich fest und lassen erahnen, was in den beschriebenen Gestalten vorgegangen sein mag.
Eines Tages erscheint im Ort am Meer ein auffälliger Mann, der nach den "Memoiren" sucht, die er vor einiger Zeit einem danach abgereisten Marineoffizier zur Lektüre gegeben hat. Der notorische Verführer sorgt für Unruhe unter den jungen Frauen, wird jedoch seiner Strafe nicht entkommen!

Als inhaltlich stärkster Teil von "Ketten in das Meer" kann das letzte Drittel bezeichnet werden, in dem sich zunächst die Verhältnisse zuspitzen, wie einige Beispiele demonstrieren: Der listige Salo veranstaltet eine betrügerische Lotterie mit einem billigen Ring (den er als wertvolles Schmuckstück anpreist), Neckheim, jener bisexuelle Geigenvirtuose, der sich vorwiegend als Intrigant und Opportunist in Szene zu setzen weiß, wird vom enttäuschten Proviantmatrosen, den das Verlangen nach dem liederlichen Faulenzer beinahe um den Verstand bringt, schwer verletzt, der Icherzähler entgeht nur knapp einem Mordanschlag (wieder einmal ist es der begnadete Schütze Sangulin, der zur rechten Zeit entschlossen einschreitet, wie er auch zuvor schon oft Mittel und Wege gefunden hat, das unmenschliche System entsprechend auszutricksen und für kleine Erleichterungen zu sorgen), ein Besatzungsmitglied erhängt sich nach Erhalt eines Briefes seiner Frau auf dem Kriegsschiff, das übrigens in all der Zeit nur ein einziges Mal von fern an einer Schlacht teilgenommen hat.

Einige der aus verschiedenen Abschnitten bekannten Figuren treffen unter veränderten Vorzeichen in der Nachkriegswelt wieder aufeinander, neue Schicksalswege tun sich auf.
Interessanterweise gewinnt Mazas Freundin Danka, die sich zu einem Neubeginn entschließt, zuguterletzt sehr an Bedeutung und Profil. Maza verfällt nach einer Vergewaltigung dem Wahnsinn und stirbt hochschwanger im Gebirge, der stets unheilstiftende entflohene Salo wird - allerdings zu spät, um seine Racheaktion zu vereiteln - endlich wieder gefasst, der geckenhafte Verführer aus dem Hotel wird von altjungferlicher Hand entmannt, und der namenlos bleibende Erzähler der "Memoiren" ist in sein Leben als Zivilist zurückgekehrt.

"Ketten in das Meer" ballt verschachtelte Zeitebenen und Geschichten zusammen, um eine ganz spezielle Gegenwart möglichst verdichtet und in vielen Schattierungen zu konservieren, woraus sich durchaus auch unterschiedliche Wirklichkeitsebenen ergeben. Das Konzept ist zweifellos ebenso hochkomplex wie anspruchsvoll, dennoch bremst die Weitschweifigkeit mancher Passagen gelegentlich den Lesefluss.
Doch Bohuslav Kokoschka ging es wohl darum, nicht nur den militärischen Alltag, sondern gleichwertig auch die so völlig unterschiedlichen Lebenswelten junger Frauen und junger Männer, wie er sie damals kannte, wirklichkeitsgetreu abzubilden.

(kre; 07/2018)


Bohuslav Kokoschka: "Ketten in das Meer"
Mit einem Nachwort von Adolf Opel.
Edition Atelier, 2016. 344 Seiten.
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