Luise Berg-Ehlers: "Berühmte Kinderbuchautorinnen und ihre Heldinnen und Helden"
Luise
Berg-Ehlers widmet sich in "Berühmte Kinderbuchautorinnen und
ihre Heldinnen und Helden" Autorinnen ab 1862. Sie beginnt mit einem
Einblick in die gesellschaftshistorische Rolle und Bedeutung des
Schreibens für Frauen. Diese, im Laufe der Zeit an Bedeutung
gewinnende Betätigung als Schriftstellerin wird deutlich, wenn
Berg-Ehlers die Schöpferinnen der Kinderbuchfiguren vorstellt,
die Kinder seit dem 19. Jahrhundert begleiten. Auch wenn die Bedeutung
des Lesens in der heutigen digitalisierten und globalisierten Welt
vielleicht an Bedeutung verliert, kann man dieses Buch als Zeitmaschine
verwenden und in die oft so glücklichen Stunden der
Lektüre zurückkehren, in denen man den Trotzkopf,
Pippi Langstrumpf oder Heidi bei ihren Abenteuern begleiten konnte. Im
Mittelpunkt dieses Buches stehen die Frauen, die sie geschaffen haben,
sowie die Heldinnen und Helden.
Das Buch ist unterteilt in fünf inhaltliche Kapitel: "Von
kleinen und großen Mädchen", "Kleine Erwachsene",
"Ungewöhnliche Abenteuer", "Fantastische Welten", "Tierische
und andere Lieblinge". Die Vorstellung jeder Autorin enthält
ein Porträtfoto der Frau, Informationen zu ihrem Leben und
Werk, ihren Protagonistinnen und Protagonisten und der Handlung, sowie
Fotos von den alten Buchausgaben.
Clementine Helm eröffnet das Werk mit ihrem 1862 erschienenen
"Backfischens Leiden und Freuden". Ein Bekannter und ihr wohlwollend
gesinnter Kollege war Theodor Fontane. Inhalt von "Backfischens Leiden
und Freuden" ist das Erfüllen der gesellschaftlich geforderten
Lebensart, mit einer Besonderheit allerdings: Eine Protagonistin bietet
am Ende ihre Hand an und wartet nicht auf einen Heiratsantrag durch den
Mann - eine damals völlig unvorstellbare Geste.
Oder Emmy von Rhoden ("Trotzkopf") - eigentlich Emilie Auguste Karoline
Henriette Kühne - die unter dem Pseudonym schrieb, um ihre
Aufmerksamkeit ganz ihrem Mann und ebenfalls Schriftsteller zu widmen.
Erst nach ihrem Tod erhielt sie das Ansehen für ihr Werk,
wurde das Buch 1983 sogar verfilmt. Ihre Protagonistin, der Trotzkopf
Ilse, ist alles Andere als ein angepasstes Mädchen.
Enid Blyton und ihre "Famous Five", die
"Fünf Freunde", wurden im Laufe ihrer zahlreichen Abenteuer zu
Kolleginnen und Kollegen zahlreicher Kinder. Sie legte feste Zeiten
fest, die sie dem Schreiben widmete. Daran mussten sich auch ihre
Kinder halten. Man sieht hier zum Beispiel im Vergleich zu Emmy von
Rhoden, dass die Situation von Autorinnen um 1942 bereits eine ganz
andere war, als noch gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Blyton versteckte
sich als Autorin nicht, gab Signierstunden und wurde selbst als Heldin
gefeiert - gelang es ihr doch, sich so gut in die Welt eines Kindes
hineinzuversetzen. Das war wohl auch der Grund, warum ihre
"Fünf Freunde" so erfolgreich waren und sind.
Eine bis heute ungebrochene Begeisterung ist seit 1997 zu beobachten,
als das erste "Harry Potter"-Buch erschien, "Harry
Potter
und der Stein der Weisen". Von ihrer Mutter, die
früh an Multipler Sklerose starb, zum Lesen ermutigt und
inspiriert, wuchs in Joanne Rowling schon früh der Wunsch,
Schriftstellerin zu werden. Die Idee zu ihrem Helden, Harry Potter, kam
ihr ganz unverhofft auf einer Zugfahrt. Als alleinerziehende Mutter und
Sozialhilfeempfängerin begann sie später das
Schreiben an Harry Potters Leben. Von vielen Verlagen abgelehnt, wurde
das Manuskript schließlich von einem kleineren Verlag zu
einem noch kleineren Honorar gedruckt. Erst als ein us-amerikanischer
Verlag die Rechte kauft, beginnt der kometenhafte Aufstieg der Autorin
und ihres Helden. Obwohl J. K. Rowling heute zu den reichsten Frauen
Großbritanniens zählt, hat sie den harten Weg zu
ihrem Ruhm, der über die siebenteilige Romanserie
führt, nicht vergessen und engagiert sich ehrenamtlich.
Es ist unmöglich, jeder Autorin hier den ihr würdigen
Raum zu widmen. Dies war nur ein sehr kleiner Ausschnitt.
Else Ury, Johanna Spyri, natürlich
Astrid
Lindgren und
Christine
Nöstlinger, Erika
Mann und
Cornelia
Funke, Anna Sewell und Beatrix Potter, sowie noch viele mehr
erwarten die Leserin und den Leser in diesem wundervollen Buch. Die
Idee, die Autorinnen hinter den Figuren ins Licht zu rücken,
das sie verdienen und oft Zeit ihres Lebens nicht genug erhalten haben,
ist so genial wie die Ausführung.
Liebevoll und fantastisch gestaltet, in praktischer
Größe und kompakt zusammengefasst, mit dennoch einer
großen Fülle an Informationen, hat dieses Buch
einfach alles. Und jeder Erwachsene wird eine Heldin oder einen Helden
finden, der ihn in seiner Kindheit begleitet und ihm wundervolle
Stunden bereitet hat. Einige Kinderbücher sind sicherlich auch
noch den heutigen Kindern bekannt, weshalb "Kinderbuchautorinnen und
ihre Heldinnen und Helden" ein Spaß für die ganze
Familie sein kann - zwischen aktuellen Helden und retrospektiv
wiederbelebten Stunden aus der Kindheit.
(Alexandra Gölly; 05/2017)
Luise
Berg-Ehlers: "Berühmte Kinderbuchautorinnen und ihre Heldinnen
und Helden"
Elisabeth Sandmann, 2017. 151 Seiten.
Buch
bei amazon.de bestellen