Stefan Ahnhem: "Minus 18°"


Starke Weiterführung der "Fabian Risk"-Serie aus Helsingborg

Nach "Und morgen Du" und "Herzsammler" ist "Minus 18 Grad" nun der dritte Band, der den schwedischen Ermittler Fabian Risk in den Mittelpunkt stellt. Während im Auftakt "Und morgen du" Fabian Risk nach einem desaströsen Vorfall in Stockholm in seine Geburtsstadt Helsingborg zurückkehrt, wo er nicht nur einen beruflichen Neustart sucht, sondern auch seine angeschlagene Ehe kitten will, führt der zweite Teil "Herzsammler" in die Stockholmer Zeit zurück.

Ein Jahr ist seit der grausamen Mordserie, in der alte Schulkollegen Fabian Risks ermordet wurden, vergangen. Das Helsingborger Team hat zusammengefunden, auch wenn einige von Risks Kolleginnen und Kollegen selbst harte Schicksalsschläge hinnehmen mussten. Astrid Tuvesson, die Chefin der Abteilung, ist von ihrem Mann verlassen worden und greift zu oft zur Flasche. Als ihr Auto von einem anderen Wagen gerammt wird, nimmt sie die Verfolgungsjagd auf, die dazu führt, dass ihr Auto in einem Springbrunnen landet, während der verfolgte Wagen im Hafen ins Wasser fliegt. Als endlich Taucher zum Wrack kommen, bergen sie den toten Eigentümer des Fahrzeugs, der nicht nur ein bekannter Mann, sondern auch tiefgefroren ist. Bei der Autopsie stellt sich heraus, dass er zusätzlich seit zwei Monaten tot ist. Somit kann er das Auto nicht gelenkt haben kann, obwohl nur er im Auto gesessen ist, was von Zeugen und durch Videomaterial bestätigt wird.

Bald wird klar, dass es sich hier um einen perfiden Mörder handeln muss, der darauf aus ist, sich nicht nur die Identitäten reicher Männer anzueignen, sondern auch deren Vermögen. Hinweise auf einen möglichen Täter finden sich vorerst keine, was zu Verstimmung und Frustration im Team führt.

Gleichzeitig entwickelt Stefan Ahnhem, ähnlich wie in "Und morgen du", auch die Privatangelegenheiten der Protagonisten, vor allem der Familie Fabian Risks. Seine Frau Sonja hat einen us-amerikanischen Kunstsammler kennengelernt, der sie großzügig fördert und in jeglicher Hinsicht unterstützt. Fabians Eifersucht wird auf eine harte Probe gestellt. Matilda, die Tochter Risks, ist mit Esmerelda befreundet, die eine Puppe besitzt, welche mit Geistern sprechen kann. Zumindest glauben die Mädchen daran. Dass diese Puppe später eine gewisse Rolle spielen wird, ist vorhersehbar, auch wenn man dann in weiterer Folge leicht überrascht ist. Theodor, Matildas älterer Bruder, ist verliebt und kommt seiner Angebeteten immer näher. Die beiden Kinder der Risk-Familie sind auf den ersten Blick typische pubertierende Halbwüchsige, und man fragt sich, warum so viel Privates in diesen sehr spannenden Kriminalroman eingeflossen ist.

Parallel zur Aufklärung des Falls in Helsingborg zeichnet Stefan Ahnhem auf der anderen Seite des Öresunds den Fall von einem ermordeten Obdachlosen, zu dessen Aufklärung sich die zur Streifenpolizistin degradierte Kriminalermittlerin Dunja Hougaard berufen sieht, die im ersten Fall maßgeblich zur Aufklärung der irren Mordserie beigetragen und letztendlich Fabian Risks Sohn Theodor das Leben gerettet hat. Ihr Knüppel im Weg ist ein Vorgesetzter, Kim Sleizner, der sich für eine persönliche Sache mit aller Vehemenz rächt. Ohne Rücksicht auf Verbote ermittelt sie in dem Fall, der sie am Ende ihre Dienstmarke kosten wird.

Natürlich ahnt man, dass Stefan Ahnhem sämtliche Handlungsverläufe und Linien höchstwahrscheinlich zu einer überraschenden Schnittstelle führen wird. Und so kommt es auch. Manche dieser Überschneidungen sind wirklich unerwartet, manche weniger, einige wirken etwas konstruiert, wie die Verstrickungen der Familie Fabian Risks in die verschiedenen Fälle. Allerdings ist Ahnhem dieses kriminaltechnische Puzzlespiel so spannend gelungen, dass man ihm diverse Kleinigkeiten verzeiht, die ihm doch immer wieder passieren. Dass die dänische Polizei hier besonders schlecht wegkommt, dürfte ein kleiner geopolitischer Seitenhieb sein, dessen Hintergründe man als Mitteleuropäer nur erahnen kann.

"Minus 18 Grad" nimmt mit Verlauf dieses Kriminalromans gehörig Fahrt auf, so sehr teilweise, dass man sich beim Lesen fast einbremsen möchte. Auch die Entwicklung seiner Figuren ist überzeugend gelungen, weshalb man sich auch jetzt bereits auf die nächsten Fälle der Serie freut.

Bei der Aufklärung bleiben einige Punkte offen und neue werden geöffnet, was verdeutlicht, dass Stefan Ahnhem hiermit bereits das Fundament für den vierten Teil der "Fabian Risk"-Serie gelegt hat. Für Serienleser ausgezeichnet, für Einzelkrimileser vielleicht unbefriedigend. Die Übersetzung von Katrin Frey ist gut und flüssig, bis auf ein paar Plattitüden, die nach Meinung des Rezensenten leicht vermeidbar gewesen wären (z.B. im ersten Kapitel um Astrid Tuvesson). Was im Umgangsschwedisch funktionieren mag, wirkt auf Deutsch dann doch zu flapsig, wenn eins-zu-eins übersetzt.

Nichtsdestotrotz, "Minus 18 Grad" ist ein ausgezeichneter, spannender Kriminalroman, der zwar einige allerdings nicht im Mittelpunkt stehende Grausamkeiten aufweist, doch definitiv keine hartgesottene Spannungsliteratur darstellt. Man ist gespannt auf den vierten Teil und hofft, dass dieser rasch folgen möge.

(Roland Freisitzer; 01/2017)


Stefan Ahnhem: "Minus 18°"
(Originaltitel "Arton grader minus")
Aus dem Schwedischen übersetzt von Katrin Frey.
List, 2017. 560 Seiten.
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Stefan Ahnhem ist einer der erfolgreichsten Krimiautoren Schwedens. Seine Bücher sind allesamt Verkaufsschlager und preisgekrönt. Bevor Ahnhem begann, selbst Krimis zu schreiben, verfasste er Drehbücher unter Anderem für die Filme der "Wallander"-Reihe. Er lebt mit seiner Familie in Stockholm.