Alina Bronsky, Denise Wilk: "Die Abschaffung der Mutter"
Kontrolliert, manipuliert und abkassiert - warum es so nicht weitergehen darf
Persönlich-polemische
Abrechnung mit Anfeindungen, die das Leben der heutigen Mütter
erschweren
"Während der Arbeit an diesem Buch sind wir immer
wieder gewarnt worden. Mal waren die Reaktionen liebevoll und besorgt,
mal ängstlich, gelegentlich auch gehässig."
Dieser erste Satz des Buches lässt bereits vermuten, dass die
Autorinnen nicht nur Befürworter haben. Auch wenn es
hauptsächlich die persönlichen, vielleicht
polarisierenden Meinungen der Autorinnen sind, die dieses Werk
beinhaltet, bieten die Ausführungen doch einige interessante
Anregungen und verblüffende Erkenntnisse.
Alina Bronsky und Denise Wilk spüren in "Die Abschaffung der
Mutter. Kontrolliert, manipuliert und abkassiert - warum es so nicht
weitergehen darf" ihren eigenen Erfahrungen und Beobachtungen als
Mütter nach. In den vergangenen zwanzig Jahren hatten sie Zeit
und Gelegenheit genug, sich mit dem gesellschaftspolitischen Rollenbild
einer Mutter in Deutschland zu beschäftigen - und daran haben
sie einiges zu kritisieren.
Ihr vernichtendes Urteil: Die Gesellschaft dränge
Mütter an den Rand, dränge sie aus "ernstzunehmenden"
gesellschaftlichen Rahmen, drängt sie in einen privaten, vom
gesellschaftlichen Leben separierten Raum, wo sie sich - ohne
großes Aufsehen zu erregen - um Kinder und Haushalt
kümmern sollen.
Sollten Mütter sich aus diesem privaten Bereich herauswagen,
gehe dies oft nur durch eine frühe Trennung vom Kind, um einem
Erwerbsberuf nachzukommen. Rabenmütter und
Vernachlässigung eines Kindes seien gesellschaftlich mehr
akzeptiert, als eine liebevolle, innige Beziehung zwischen Mutter und
Kind, die oft nur belächelt würde. Werdende
Mütter stünden unter "Generalverdacht";
die Geburt sei "in hohem Maße politischen,
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zwängen unterworfen".
Die Autorinnen handeln die Phasen einer Elternschaft chronologisch ab:
vom Kinderwunsch
zum Wiedereintritt einer Mutter in das Berufsleben.
Kapitelnamen wie "Die Schwangere als größtes Risiko
für ihr Kind", "Der Vater
als bessere Mutter" oder
"Kitapflicht für alle: Familiäre Erziehung als
Auslaufmodell" zeigen die Richtung an, in die Bronsky und Wilk
argumentieren. In einem abschließenden Kapitel stellen sie
vor, wie sie mit Kindern leben wollen.
"Mütter gelten grundsätzlich als verblendet,
wenn es um ihren Nachwuchs geht. ... Mischen sie sich jedoch ein oder
hinterfragen gar die Arbeit der Pädagogen, werden gerade
Mütter
schnell als überambitionierte, jedoch
ahnungslose Helikopter-Glucken abgestempelt."
Sehr überspitzt, scharf und polarisierend nehmen die
Autorinnen kein Blatt vor den Mund und stellen den gesellschaftlichen
Entwicklungen in Bezug auf die Mutterrolle ein beschämendes
Zeugnis aus. Schon der Titel des Buches weist auf die vernichtende
Abrechnung der beiden Frauen hin. Teilweise scheinen ihre Aussagen
polemisch und rein provozierend. Auch wenn man den Ansichten wohl nicht
zu einhundert Prozent zustimmen kann, weil es eine sehr einseitige
Darstellung ist, bieten die Gedanken von Bronsky und Wilk doch
Anregungen für ein Bewusstmachen, ein Umdenken.
Teilweise wirkt die Abhandlung der Thematik wie eine vereinfachte
Präsentation vermeintlicher Fakten. Zumindest aber wird
betont, dass es sich von Aussagen ohne Quellenangabe um
persönliche Meinungen und Ansichten handle, was die harsche
Kritik etwas relativiert. Dennoch scheinen die beiden Frauen einen
radikal-feministischen Kreuzzug zu führen, leider zulasten
einer reflektierten Auseinandersetzung mit der Thematik. Das
führt dazu, dass viele Aussagen aus persönlichen
Kränkungen heraus entstanden zu sein scheinen.
Die Autorinnen bezeichnen ihr Buch schon auf den ersten Seiten selbst
als zugespitzt und polemisch, versuchen aber, ihre Ansichten teils mit
Fakten zu unterfüttern. Der Schreibstil ist sehr angenehm, der
Informationsreichtum ist enorm, etwas reflektiert sollte man als Leser
aber doch an das Werk herangehen. Frauen, die in ihren Rollen als
Mütter mit Anfeindungen oder Kritik zu kämpfen haben,
sprechen diese beiden Damen wahrscheinlich aus der Seele.
(Alexandra Gölly; 03/2016)
Alina
Bronsky, Denise Wilk: "Die Abschaffung der Mutter.
Kontrolliert, manipuliert und abkassiert - warum es so nicht
weitergehen darf"
DVA, 2016. 251 Seiten.
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