Wilhelm Muster: |
"Gehen Reisen Flüchten" |
"Mars im zwölften Haus. Fünf Erzählungen" | |
"Der Tod kommt ohne Trommel. Ethnographisch-patriotischer Roman" |
Totentänze
und Daseinsschrecken: die düsteren Klänge eines
Außenseiters
Wilhelm Muster gehört zu den weitgehend vergessenen
österreichischen Schriftstellern. Allenfalls kennt man seinen
Namen aufgrund von Übersetzungen aus dem Spanischen (z.B. Juan
Carlos
Onetti, Miguel de Unamuno), immerhin erhielt er anno
1987 den "Österreichischen Staatspreis für die
Übersetzung fremdsprachiger Literatur"!
Vierzig im "Franz Nabl Institut" in Graz aufbewahrte Schachteln
beinhalten Wilhelm Musters literarischen Nachlass, darunter seine
Korrespondenz mit mehr als einhundert Personen (laut Katalogkarte des
Instituts z.B. mit Peter
Marginter, Hans Weigel, Walter Kappacher und Josef Weinheber).
Wilhelm Muster wurde am 12. Oktober 1916 in Graz geboren, wo er am 26.
Jänner 1994 starb.
Er studierte Germanistik, Geschichte, Französisch, Medizin,
Zoologie und Musikwissenschaft. Seine Dissertation aus dem Jahr 1947
behandelt "Schamanismus im deutschen Märchen", er war u.A.
Universitätslehrer und Soldat, Lektor und Übersetzer.
1952 zog er nach Spanien. Nach der Rückkehr in seine
Heimatstadt Graz unternahm Wilhelm Muster weite Reisen, z.B. nach
Israel und durch Afrika.
1960 erschien sein erster, von der Literaturkritik gelobter Roman
"Aller Nächte
Tag" (unter dem Pseudonym Ulrich Hassler), der
1983 unter dem Titel "Silbermeister" neu aufgelegt wurde. Danach
verstummte der Schriftsteller für zwei Jahrzehnte. 1980 wurde
der Roman "Der Tod kommt ohne Trommel", 1986 "Pulverland"
veröffentlicht. Außerdem erschienen u.A. die
Erzählbände "Die Hochzeit der Einhörner"
(1981), "Gehen Reisen Flüchten" (1983), "Sieger und Besiegte"
(1989) und "Mars im zwölften Haus" (1991). Sein letztes Werk
war der 1993 publizierte Roman "Auf den Spuren der Kuskusesser".
"Gehen Reisen Flüchten"
Der mit 109 Seiten eher schmale bei Droschl erschienene Band "Gehen
Reisen Flüchten" versammelt drei zutiefst düstere,
bisweilen auch gruselige Nahtoderzählungen: In der ersten
("Gehen") sorgen ein vielleicht fehlgeleiteter Brief, bekannte
Unbekannte, der Identitätsverlust der Hauptfigur Andreas, ein
toter Nachtspaziergänger und ein Spielsalon, in dem das "Leitfossil"
ermittelt werden soll, für verstörende Augenblicke: "Die
Versteinerung, erwiderte Franz, das Fossil! Hast du noch nicht oft
gefühlt, wieviel Totes du in dir hast, obwohl dein Herz noch
schlägt, dein Hirn noch denkt? Ja, das ist wahr, sagte
Andreas; ein kleines Entsetzen wuchs, füllte bald den Park,
wurde dünn." (S. 28)
Die zweite Geschichte "Reisen" präsentiert den moribunden
Soldaten Friedrich, der offenbar schwer verwundet zwischen Leben und
Tod schwebt und dabei Kindheitserlebnisse sowie Begebenheiten der
jüngsten Vergangenheit wieder und wieder in halluzinatorischen
Bildsequenzen durchlebt: "Vom Gestein tropfte Wasser, die
Molche badeten darin, er kam höher, die Sonne zerriß
den Nebel, nun sah er auch viele Ameisen, die den Berg hochliefen; in
einer Felsenspalte saß ein Mann mit durchlöchertem
Hut, daneben stand Eva, aber sie war erwachsen und er klein, der Alte
war sein Vater, er nahm die Mütze eines Fahrdienstleiters vom
Boden und setzte sie sich auf den Kopf. Der Hut war verschwunden. Er
sagte: Ich hoffe sehr auf dich, mein Kind! Du bist meine ganze
Hoffnung. Du bist der einzig wirklich Begabte in der Familie. Hast du
heute schon geübt?" (S. 72, 73)
Auch in der dritten Erzählung "Flüchten" stehen
Erinnerungen an zurückliegende Erlebnisse eines nun Todkranken
im Mittelpunkt:
"Weiches Moos, Farne: schnitt man die Stengel durch, war der
Doppeladler auf der Schnittfläche zu sehen, der Vater hatte es
ihm gezeigt, in einem lichten Wald, jetzt rücken die
Stämme zusammen, aber er fürchtete die Wurzeln nicht
mehr, er umging sie, weich das Moos, Polster des Waldes, und
darüber ein Vogel, den er nicht sah, aber er würde
ihn sehen, wenn er auf die Straße hinauskam." (S.
96).
"Mars im zwölften Haus"
Der ebenfalls im Droschl Verlag erschienene Band mit fünf
Erzählungen "Mars im zwölften Haus" bietet trostlose
Schicksalsgeschichten von beklemmend niederschmetternder
Ausweglosigkeit, denn, wie der Text auf der Buchrückseite
ausführt: "Der Planet Mars gehört, der
Astrologie zufolge, zu den sogenannten 'Übeltätern',
das zwölfte Haus ist ein 'fallendes' und
verhängnisvoll. Steht Mars im zwölften Haus, werden
die bösen Eigenschaften des Planeten wie des Hauses
verstärkt (...)".
Um die jeweils titelgebenden Figuren Helena, Jonas, Kuyuk,
Surigtóhai und Haile Selassie fächert Wilhelm
Muster seine eigenen düsteren Versionen, Variationen bzw.
Interpretationen der Mythen und historischen Ereignisse auf.
So rächt sich die unsterbliche Helena für die
Gefangenschaft im stinkenden Brunnen unter großen Opfern an
ihrem tumben Gemahl, der kleinwüchsige Tunichtgut Jonas muss
dem Ruf Gottes folgen, doch steht bei Muster eher die Jonas
nachstrebende Figur Elihu im Mittelpunkt des Interesses. Es geht um das
Eigenleben von Erzählungen, das Abweichen von der
Wirklichkeit, um talentierte Aufschneider und abschreckende Geschichten
über angeblich verrohte Götzenanbeter in Ninive sowie
um den letztlich schweigenden Gott: "(...) und
Hammelschädel mit trüben Augen lagen auf langen
Gestellen und wurden verkauft und es wurde gefeilscht, und dem Elihu
wie dem Jonas kam zu dieser Zeit, zu ein und derselben Zeit, ein
Gedanke, und sie schüttelten ihn ab: War der andere wirklich
in Ninive gewesen?" (S. 105)
In "Kujuk" (im Inhaltsverzeichnis "Kuyuk"!) wird der quälende
Heimweg eines in der Schlacht verwundeten Sohnes eines
Bauernfürsten durch die Kreise der Niederlassung seines
Stammes beschrieben, auch Kindheitserinnerungen tauchen auf. Ein
Dämon begleitet den Todgeweihten, schließlich wird
er hingerichtet:
"Langsam ging die Sonne auf. Die Steilwand vor ihm begann zu funkeln,
jeder Einschluß schoß verschiedenfärbige
Strahlen auf den Gekreuzigten, der verzerrt zu lächeln begann.
Der Vater, dessen Thron nun seitlich vom Kreuz stand, sah es mit
großer Befriedigung. Sein eigener Sohn, der in der Menge
stand, der Affe, heulte auf und verschwand." (S. 147)
"Surigothai" (im Inhaltsverzeichnis "Surigtóhai"!)
schließlich erzählt von einem Todesmarsch, von
Verrohung und schwindendem Überlebenswillen, von Religionen
sowie von einer ihre Schönheit einbüßenden
Frau. Im Mittelpunkt stehen die Gedanken und Beobachtungen eines
Zoologen. "Im Lager waren alle möglichen
Völker vertreten: die meisten waren Khmer, aber auch Laoten
Thai Chinesen waren darunter. Und alle möglichen Religionen:
sogar Christen waren im Lager." (S. 150, 151) Nach
wochenlangem Marsch müssen sich die Gefangenen in einem Krater
niederlassen und dort arbeiten, doch das Sterben nimmt kein Ende;
Wahnsinn, Hunger, Krankheiten und unaufgeklärte Morde
dezimieren die Kraterbewohner. Die nur Sterbende beobachtenden
Ärzte und die Soldaten sind eines Tages verschwunden, und ein
vom letzten Überlebenden gelegtes Feuer lässt
schließlich die Spuren des grausamen Experiments unter Asche
und Rauch verschwinden.
Der lange Zeit gefangengehaltene entmachtete Haile Selassie
schließlich schleppt sich als geistig umnachtetes Wrack durch
seinen menschenleeren verfallenen Palast, verfolgt von glanzvollen und
anderen Erinnerungen: "Kurz nach dem Umsturz (die Fenster
waren noch nicht verhüllt gewesen) wurde das Essen schlechter.
Er wurde in ein Zimmer gesteckt, später in die
Hundehütte, die öfters vernagelt und anderswohin
gebracht worden war - kein Hund hätte mehr das Essen
angerührt - nach einigen Tagen zwang ihn der Hunger dazu".
(S. 221) Sein Dasein endet, nachdem er zu seinem Erstaunen
völlig ungehindert ins Freie gelangt ist: "Niemand
sah ihm zu." (S. 227).
"Der Tod kommt ohne Trommel. Ethnographisch-patriotischer Roman"
Diesen Roman hat der Autor "den Manen (das sind die
guten Geister eines Toten, Anm. d. Rez.)
Karl
Mays" gewidmet.
Der Journalist und Theaterkritiker Gerhard Stadelmaier schrieb in der
"Zeit" vom 16. Oktober 1981 in seinem "Der wundersame Erzähler
Wilhelm Muster. 1002. Nacht, fünf vor zwölf"
betitelten Artikel: "Wilhelm Muster ist mit seinen
Geschichten unseren Lesegewohnheiten, unseren Metaphern und Bildern
(unseren Flottheiten) unendlich fern. Ein Fuentes,
ein
Márquez,
ein Asturias, ein Jogre Carrera Andrade
würden ihn sofort als ihren literarischen Bruder erkennen.
(...) Wilhelm Muster lesen und entdecken heißt, fernes, altes
Land, wohlbekannt, doch längst vergessen, neu erkunden. Es ist
das Land der schönen, schrecklichen Märchen, an deren
Ende nur der Tod alle Versprechen einlöst."
"Der Tod kommt ohne Trommel" erzählt die Geschichte des mit
ernsten gesundheitlichen Problemen kämpfenden Grazer
Hauptmanns Johann Nepomuk Eibl-Eiblsfeldt, einsetzend bei dessen
Aufenthalt in der Nähe von Sarajewo während des
Ersten Weltkriegs. Der 37 Jahre alte Hauptmann ist verheiratet, Vater
einer geliebten Tochter (die ihm zum Geburtstag das Buch "Der Tod kommt
ohne Trommel", eine Geschichte aus Afrika, geschenkt hat),
selbstverständlich katholisch und kaisertreu. An seiner Seite
befindet sich der ungarische Oberleutnant Géza ("Die
deutsche Sprache im Mund eines Ungarn klingt, das wird jeder
bestätigen können, überaus 'herzig' (aber
das ist schon nicht mehr der richtige Ausdruck), versuchsweise
könne man sagen: liebenswert, und jeder gestandene
Österreicher könnte dabei vergehen vor
Vergnügen.", S. 25). Die beiden diskutieren gern und
oft, beispielsweise über den Kaiser, den Krieg, Karrieren, die
Liebe, Familie, Länder und Leute, Speisen und
Getränke, Religion...
Doch bald mehren sich erste geheimnisvolle Anzeichen (z.B. wird dem
Hauptmann ein Zettel ausgehändigt), und der zu dieser Zeit
merklich an seiner Hauptfigur interessierte Erzähler, der sich
"Berichterstatter" nennt, schaltet sich ein, erklärt seine
Recherchemethoden, seine Art des Schreibens, versichert den Leser
seiner Ernsthaftigkeit. Es dauert jedoch nicht lange, bis sich die
Geschichte trotzdem scheinbar verselbstständigt und jede
vorhandene Figur früher oder später im Gespinst ihrer
Fäden zappelt, Täter und Opfer zugleich ist.
Im Grunde tauchen bereits alle Motive des Romans in diesem ersten,
fünfzig Seiten umfassenden Teil auf, dominiert wird der
gesamte Text immer wieder von inneren Monologen Eibls, von seiner
Auseinandersetzung mit seinen Erlebnissen, von seinen hervorragend
geschilderten Wahrnehmungen während Zuständen der
Bewusstlosigkeit oder in Träumen, sodass man nicht sicher
weiß, ab welchem Zeitpunkt es sich "nur" noch um Fantasien
und Träume eines Sterbenskranken handelt, als die Geschichte "ins
Große, Bedeutsame" (S. 50) geht ...
"Das Abenteuer hatte beim Brunnen Afafi am Tschad begonnen nein in
Kamerun schon nein in Berlin im Kolonialamt nein schon in Sarajewo und
da war kein Anfang mehr, es ging ins Bodenlose in saecula saeculorum
..." (S. 273)
Jedem Kapitel ist als Motto ein Auszug aus dem Dienst-Reglement
vorangestellt. Kurz und gut, anno 1918 diktiert Eibl, nach einer
schweren Verwundung anscheinend zum Oberst befördert, bereits
seine Erinnerungen, und zwar dem findigen Schlitzohr Franz
Németh, alias "Hudhud" ("Wiedehopf")
und "Sohlenleder",
vermeintlich militärischer Feuerwerker. In einem
behelfsmäßig eingerichteten Fort stellen die beiden
die mutmaßliche Vorhut des Militärs in k.u.k.
Tibestanien dar, sie leben unter den einheimischen Tibbu. Bald ahnt der
"Achmed N'bai" genannte Eibl, dass es nicht mit
rechten
Dingen zugehen kann; so wurde er nichtsahnend mit zwei jungen
einheimischen Frauen verheiratet, erhält die (falsche)
Mitteilung, seine Frau und Tochter seien daheim an der Spanischen
Grippe verstorben, weiß nicht, dass der Kaiser
längst tot ist. Der undurchsichtige Spieler und Trinker
Németh betätigt sich als allzu
unzuverlässiger Dolmetscher (zu seinem
größten Nachteil beherrscht Eibl nach wie vor nur
Deutsch), er spielt lange Zeit gerissen sein eigenes Spiel,
belügt und betrügt den gutmütigen Eibl bei
jeder Gelegenheit, wähnt sich allerdings allzu sicher und
unangreifbar, doch der "Oberst" ist weder besonders einfältig
noch schwach, wie sich im weiteren Verlauf zu Franzls
Überraschung herausstellen soll ...
Wilhelm Muster webte in seinem höchstpersönlichen
nüchtern-sinnlichen Stil eine ausdrucksstarke, dichte
Atmosphäre aus Naturbeschreibungen, Zeremonien,
Gebräuchen und Geschichten der Einheimischen. In der
flirrenden Hitze muss sich Eibl mit einem angeblichen Aufstand der Tuareg
befassen, Friedensverhandlungen führen, einen "Alten
vom Berg" suchen lassen. Er wird von einem Knaben auf die
Spur einer florierenden Fälscherwerkstatt gebracht, entdeckt
zwei leere Gräber, will die Tibbu im Dienst-Reglement
unterweisen lassen, macht Franzl betrunken, um mit schrumpfendem
Interesse (der kranke, übergewichtige Eibl scheint das Ende
der grausamen Tragikomödie geradezu herbeizusehnen, keines
seiner möglichen Leben zieht ihn mehr an, auch er letztlich
ein Hochstapler?) von einer anderen Wirklichkeit zu erfahren:
"Er war mein Meister zwei Jahr lang ich weiß nicht
wie jetzt bin ich ihm über und ich weiß nicht wie.
Sicher war nur: Franzl hatte ihn an der Nase herumgeführt wie
einen Bären der Bär im Jahorinagebirge er trollte
davon ich erhebe mich ich trolle davon." (S. 185)
Zunehmend ändert sich der Ton des Ganzen, der Roman wird
mehrstimmig, drei kunstvoll verschränkte Erzählebenen
durchdringen und überwuchern einander, als das Ende des
Ramadan gefeiert wird: Eibls halbherzige aussichtslose Flucht, das
Herumirren eines Mädchens und die liebe Not des einheimischen
Märchenerzählers mit seiner ausufernden Geschichte
von Dämonen, großer Liebe, Schicksal und Gott.
Feuer, Schlaf, Traum und Tod prägen die Szenerie, Einsamkeit
und Ausgeliefertsein drücken die Figuren ins Daseinsjoch.
Der Roman endet im Unbestimmten, seine Komplexität begehrt
gesteigerte Aufmerksamkeit. Eigenartig erscheinen die beiden
Anhänge (z.B. ist darin zu lesen: "Zerstörung
der Maschinerie: Erlösung des Autors",
"Paradoxon: im Leser das Gefühl aufkommen lassen: so
könnte es gewesen sein, und gleichzeitig: so kann es
unmöglich gewesen sein", "Leben ist Unfug.
Vielleicht Krankheit. Schreiben ist eine Art zu leben.").
Als Leser seufzt man im Duett mit dem einheimischen Erzähler
angesichts des angeblich vom sensationslüsternen Publikum
geforderten Wucherns, über die mitunter verworrene
Verschachtelung von Geschichten, auch wenn diese ein bewusst
eingesetztes Stilmittel darstellt, mittels dessen der Autor versuchte,
die Vielschichtigkeit der menschlichen Existenz abzubilden.
"Gerade die österreichische Literatur hat immer gerne
den 'Möglichkeitssinn'
aktiviert, nicht nur dort, wo es um unmittelbar politische und
historische Fragen ging. Einen furiosen Möglichkeitsroman hat
etwa der nahezu vergessene Wilhelm Muster vorgelegt: In 'Der Tod kommt
ohne Trommel' lässt er den k.u.k. Hauptmann Johann Nepomuk
Eibl-Eiblsfeldt 1914 aus Sarajewo zu einer k.u.k. Expedition nach
Afrika aufbrechen; dort erhält er später keine Kunde
vom Ende des Ersten Weltkriegs und errichtet eine winzige Kolonie,
sodass Österreich-Ungarns Zukunft auf den afrikanischen
Kontinent verlegt wird", stellte übrigens Karl-Markus
Gauß in seiner am 15. März 2013 in der
österreichischen Tageszeitung "Die Presse" unter dem Titel
"Franz Ferdinand dreht um" erschienenen Besprechung von Hannes Steins
Roman "Der Komet" fest.
Wilhelm Muster beschrieb häufig die Sinne betörende
Eindrücke, malte mit Wörtern rauschartige Bilder und
führte seine Figuren in auswegloser Stagnation vor. Sein Stil
bemüht sich darum, den Gedankenfluss realistisch einzufangen,
wobei die Mittel (z.B. Weglassung von Beistrichen bei
Aufzählungen) nach einiger Zeit aufgrund eingetretener
Gewöhnung an Eindringlichkeit einbüßen.
Gewisse Auflockerung erfährt die kompakte Düsternis
durch die alles relativierende österreichische Sicht auf die
Schrecken der Welt.
Die stets spürbare Erschöpfung der Figuren, ihre
Niedergeschlagenheit und ihr Ausgeliefertsein, die zum Greifen nahe
Präsenz des Todes und auch das Bedrückende des
vorherbestimmten Schicksals prägen Musters Werke.
(Wieder-)Entdeckenswert sind diese jedenfalls, nicht nur aufgrund
sprachlicher Präzision und kraftvoller Ausdrucksweise, sondern
auch wegen der Außergewöhnlichkeit der Themen.
(kre; 06/2016)
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Klett-Cotta, 1980. 359 Seiten.
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