Tex Rubinowitz: "Irma"
Plötzlich Schriftsteller?
Ein konfuser Roman über ein bewegtes Leben - bunt erzählt.
"Neulich erreichte mich eine Freundschaftsanfrage über Facebook.
(...) Die Anfrage kam von einer Irma, und ich wusste augenblicklich,
wer das ist. Es waren ja nur ein paar Monate, und jetzt sind 30 Jahre
vergangen. Und alles begann und endete mit einem Zettel auf dem
Küchentisch."
Eine simple Freundschaftsanfrage auf "Facebook" steht am Beginn
dieses über weite Strecken irrlichternden Romans. Sie gibt dem
Protagonisten den Anstoß, sich an seine Zeit mit Irma zu erinnern, die
schon 30 Jahre zurückliegt. Davon ausgehend reflektiert er sein gesamtes
Leben - von der Kindheit über die Jugend und das Erwachsenenalter bis
ins Hier und Jetzt.
Sein bewegtes Leben bestand aus einer gewaltgeprägten Kindheit, Reisen,
Liebesbeziehungen und vielen anderen schicksalhaften Begegnungen, die
als Ansatzpunkte dienen, die Gedanken schweifen zu lassen.
Als eine Art
Biografie lässt der 1961 in Hannover als Dirk Wesenberg geborene
Tex Rubinowitz, seit 1984 als Witzezeichner, Maler, Musiker und
Reiseautor in Wien
ansässig, den Protagonisten sein Leben rückblickend erzählen und
nimmt dabei zwischendurch Bezug auf die "Facebook"-Freundschaftsanfrage. |
"Irma war
irgendwie Litauerin, sie kam aus Litauen, finsterste
Sowjetunion damals. Ich fragte sie, wie denn das gegangen
sei, dass sie so einfach ausreisen konnte, sie sprach ein
leicht patiniertes Deutsch, mit nasalen Vokalen und
wunderlichen Vokabeln (verbumfeit, baglamisiert,
klabastrig), sie meinte, sie und ihre Eltern
würden schon länger ('ewig und drei Tage') in Hannover
leben, als Kontingentflüchtlinge, eigentlich Baltendeutsche,
auch wenn dieses Deutsche an ihnen inzwischen einem
Kompromiss gewichen sei. Sie schwärmte für die Stadt, weil
sie so uncharismatisch sei. Charismaradiergummi nannte sie
mich mal in einem anderen Zusammenhang, ich weiß nicht, ob
das als Spott oder Kompliment gedacht war, sie wusste zu dem
Zeitpunkt noch nicht einmal, dass ich selbst aus Hannover
komme. Als ich ihr das erzählte, nannte sie mich nie wieder
so, leider. |
Fazit:
Eine ebenso zerstreute wie wirre Abhandlung über das Leben und Lieben
eines Mannes, wohl eher geeignet für experimentierfreudige Leser und
nicht für Liebhaber zeitgeistiger lockerer Unterhaltungsliteratur, hat
Tex Rubinowitz verfasst. Die breiten Massen wird "Irma" wohl kaum
ansprechen, obwohl oder gerade weil es sich um die "Ausbaustufe" jenes
Texts handelt, der anno 2014 als Auszug unter dem Titel "Wir waren
niemals hier" nach mehreren Wahlgängen mit dem "Ingeborg-Bachmann-Preis"
("Das ist eine wilde, schöne und sehr seltene Liebesgeschichte",
so die Jury damals) prämiert wurde.
(Alexandra Gölly; 03/2015)
Tex Rubinowitz: "Irma"
Mit Zeichnungen von Max Müller.
Rowohlt, 2015. 236 Seiten.
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Buchtipps:
Tex Rubinowitz: "Die sieben Plurale von Rhabarber. Listen über alles"
Das Leben besteht erwiesenermaßen zur Hälfte aus Unordnung. Damit diese
Hälfte nicht allzu groß wird, muss der Mensch für ihr Gegenteil sorgen:
Ordnung schaffen. Listen machen. Nummerieren, sortieren und abheften: Zähne und
Schamhaare am Anfang, fehlende Zähne und fehlende Organe am Ende.
Möbelstücke, Autoteile, Einkäufe, Gewinne und Verluste.
"Listenmolch" Tex Rubinowitz hat hier nun die wichtigsten Raster, Listen
und Hitparaden versammelt, zum Nutzen der Leser, für die nach Lektüre
die Welt so richtig in Ordnung sein wird. (rororo)
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Tex
Rubinowitz: "Auf der Uni gibts Gratis-Rettich"
Seit vielen Jahren haben die unverwechselbaren Zeichnungen von Tex
Rubinowitz ihren fixen Platz in der Wiener Stadtzeitung "Falter". "Auf
der Uni gibts Gratis-Rettich" präsentiert eine streng subjektive Auswahl
alter und neuer Werke, erstmals sind auch kolorierte Arbeiten dabei.
Von der ersten bis zur letzten Zeichnung gibt es Rubinowitz'schen Humor
auf 96 Seiten und ein heimtückisches Nachwort. (Falter)
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