Antonio Pigafetta: "Mit Magellan um die Erde"
Ein Augenzeugenbericht der ersten Weltumsegelung 1519-1522
"Generalkapitän
Fernando Magellan hatte beschlossen eine lange Schifffahrt auf einem
Meer zu unternehmen, das von wütenden Winden und furchtbaren Stürmen
beherrscht wird und nach Eilanden zu suchen, auf welchen
Menschenfresser leben und Tiere hausen, denen keiner gewachsen ist
..."
Die Frage nach der Form der Erde hatten Sumerer, Griechen und andere
Völker der Antike eigentlich bereits rechnerisch und aus Beobachtungen
geklärt, aber im Spätmittelalter gab es zumindest in weiten Teilen der
christlichen Welt diesbezüglich noch Unsicherheiten. Und auch über die
Distanzen, die auf einer runden Welt zu überwinden wären. Diese
Unsicherheiten machten es möglich, dass ein Papst im Vertrag von
Tordesillas (1494) die Welt zwischen den Spaniern
und den Portugiesen in zwei Hälften teilte.
Zusammen mit den Fragen zur Aufteilung der Welt nach oberster
katholischer Autorität interessierte die beiden Königreiche natürlich
auch der Handel, und dabei vor allem der Handel mit Gewürzen,
der größtenteils in muslimischer Hand war und so zu ständigen
Auseinandersetzungen in Indien und anderen Gebieten des Gewürzanbaus und
Gewürzhandels führte. Auseinandersetzungen, an denen auch ein gewisser
Magellan maßgeblich für die portugiesische Krone beteiligt war, wofür er
aber nie die fällige Anerkennung bekam.
Derlei Frustrationen bringen ihn schließlich, genau wie seinen Landsmann
Kolumbus,
dazu, sein Glück anderswo zu suchen. Und tatsächlich erklärt sich der
portugiesische König bereit, ihn mit fünf Schiffen loszuschicken. Wobei
man ergänzend anmerken muss, dass diese Schiffe nicht unbedingt die
besten für die geplante Reise darstellten.
Dies wird zunächst in einem Vorwort von Lars Hoffmann, dem Herausgeber
des gegenständlich besprochenen Buchs, erläutert. Dieses Vorwort steckt
leider voller inhaltlicher Wiederholungen und liest sich folglich trotz
seiner Kürze vergleichsweise zäh.
Auf das Vorwort folgt der übersetzte und aus verschiedenen Fragmenten
zusammengesetzte Reisebericht Antonio Pigafettas, der zu den wenigen
Überlebenden von Magellans Weltumsegelung gehörte, die der
Generalkapitän, wie er genannt wurde, selbst nicht überleben sollte. Es
ist eine Geschichte von Aberglauben, Überheblichkeit gegenüber anderen
Völkern, Brutalität, Betrug und Erpressung auf beiden Seiten und auch
Verrat.
Dies alles stellt Pigafetta in kurzen Tagebucheinträgen vor, die selten
länger als eine Seite sind und zum Teil Ereignisse beschreiben bzw.
landeskundliche Hinweise geben. Dabei sind diese stets "mit einer Prise
Salz zu konsumieren", denn oft beruhen sie auf Hörensagen oder unklaren
Beobachtungen; wie etwa die Erzählungen über Frauen, die durch den Wind
schwanger würden, und kleine Personen, deren Ohrläppchen so lang sind,
dass sie diese als Matratze und Decke verwenden könnten. Außerdem fallen
Berichte über Meuterei
und den strafrechtlichen Umgang damit erstaunlich kurz aus, so dass man
sich manchmal fragen muss, welche Prioritäten der Berichterstatter hier
gesetzt hat.
Diesem Bericht, der mit der Abgabe desselben nach der Heimkehr endet,
sind auch einige Illustrationen beigefügt, die dem Geschriebenen noch
ein wenig mehr Substanz verleihen.
Ein Nachwort des Herausgebers liefert Hinweise zu den weiteren
Entwicklungen für die Heimkehrer und auch für die Nachzügler, denn ein
Teil der Flottille Magellans musste zeitweise aufgrund von Reparaturen
zurückbleiben. Das Buch schließt mit einigen editorischen Notizen zu
dieser Ausgabe und einer kurzen Liste mit weiterführender Literatur.
Der Versuch, Pigafettas Bericht zu rekonstruieren, (es existieren
nämlich nur inhaltlich voneinander abweichende zeitgenössische
Übersetzungen, keine Originalschriften), ist sicherlich lobenswert, wenn
auch nicht ganz klar ist, nach welchen Kriterien eine jeweilige
Textpassage ausgewählt wurde. Die erläuternden Fußnoten sind ein wenig
irritierend, denn einmal erklären sie, was im Text ohnedies hinreichend
ausgeführt wird, dann wieder werden wichtige Begriffe nicht erklärt.
Insgesamt erscheint dieses Werk noch verbesserungswürdig.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 07/2015)
Antonio Pigafetta: "Mit Magellan um die
Erde.
Ein Augenzeugenbericht der ersten Weltumsegelung 1519-1522"
Herausgegeben von Robert Grün.
Mit einer Einführung von Lars Hoffmann
und einem Vorwort von Dieter Lohmann.
Edition Erdmann. 288 Seiten.
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Antonio Pigafetta (um 1480-1534) war ein italienischer Entdeckungsreisender und Schriftsteller und wurde vor allem als Chronist der ersten Erdumsegelung unter Ferdinand Magellan bekannt.