Ildefonso Falcones: "Das Lied der Freiheit"
Am 7. Jänner 1748 legen in Cádiz sechs Handelsschiffe und ein zum Schutz mitgereistes Kriegsschiff, "La Reina", an. Unter den Aussteigenden befindet sich Caridad, eine ehemalige schwarze Sklavin, deren Herr auf der Überfahrt nach Europa verstorben ist, nicht ohne ihr vorher die Freiheit zu schenken. Schnell merkt sie, dass es gar nicht leicht mit der Freiheit und das fremde Land voll Gefahren ist. Von der Kirche abgewiesen, muss sie zahlreiche Misslichkeiten und Brutalitäten erfahren, ehe die Unerfahrene schließlich bei der Zigeunerfamile Vega in Sevilla Zuflucht findet. Schnell wird sie in das Zigeunerleben integriert. Sie freundet sich mit der jungen, gerade zur Frau heranreifenden Milagros an, beginnt mit noch aus ihrer Sklavenvergangenheit auf Kuba geübter Hand aus dem Schmuggeltabak der Zigeuner Zigarren zu drehen, nimmt notgedrungen bald auch selbst an Schmuggelaktionen teil, lernt wichtige Dinge, wie dass die Toten um die Mittagsstunde kommen und nicht, wie sie dachte, bei Nacht, und erfreut ihrerseits die Zigeuner, allen voran das Sippenoberhaupt Melchor, den Großvater von Milagros, oft mit ihrer Singstimme und den alten, beim Tabakernten von den Sklaven gemeinsam gesungenen Liedern. Und Melchor ist anders als die Männer bisher, indem er sie nicht gleich anrührt, sondern schützt und ihr so etwas wie Respekt entgegenbringt. Langsam fasst die gebeutelte Caridad, der man einst ihren kleinen Sohn weggenommen hat, Zutrauen.
Milagros ist die zweite Hauptperson des Romans. Sie ist ein junges leidenschaftliches Mädchen, manchmal leichtsinnig, dann wieder von für ihr Alter ungewöhnlichem Ernst. Unglücklicherweise gehört der Mann, in den sie sich verliebt, einer verfeindeten Familie an. Dramatische Vorfälle und Schickschalsschläge sind damit nur mehr eine Frage der Zeit und werden ihr wirklich im weiteren Verlauf in reichem Maß zuteil. Daneben begeistert sie sich für Musik, lernt singen und tanzen, wie es sich für ein Zigeunermädel gehört, nur eben ziemlich gut. Sogar für Kirchengesang findet sich bei ihrer prächtigen Naturstimme ein Lehrer. Milagros wird schließlich zu einer beliebten Tänzerin und Sängerin in Sevilla, der bald viele Männer zu Füßen liegen, eine große Belastung, da Manche in ihrer Gier oder Verliebtheit leicht die Kontrolle verlieren. Während sie diese Art von Leben führt, wird der Lockruf nach mehr Geld und Ruhm lauter. Schließlich machen sich die Zigeuner auf nach Madrid, wo Milagros Triumphe erleben und zur "bloßfüßigen Königin", wie der spanische Originaltitel lautet, werden wird.
"Das Lied der Freiheit" ist ein großes opulentes Epos voll Zigeunerromantik, Liebe, Leid und Leidenschaft, ebenso aber ein gelungenes Zeitpanorama. Das Andalusien und später Madrid Mitte des Achtzehnten Jahrhunderts wird farbenfroh und mit zahlreichen Details gemalt, die gesellschaftlichen Verhältnisse anschaulich gemacht, die politischen gestreift, die Brutalität der Zeit, zumal in Hinblick auf die außenseiterhafte Zigeunerfamilie und die "Negerin", deutlich gemacht, ohne jedoch darin zu schwelgen. Überhaupt behält der Autor gegenüber seinen Hauptfiguren eine distanzierte Perspektive, nur hin und wieder wird kurz ihr Innenleben Beschreibungsgegenstand, ansonsten besteht das Buch zur Hälfte aus Dialog und erzählter äußerer Handlung, diese aber abwechslungsreich und üppig genug. Neben den Lebens- und Liebesgeschichten bleibt auf den 752 Seiten natürlich immer noch genug Platz für die Musik. Der Leser erfährt da nebenbei so einiges über die damals modernen Tänze, die gebräuchlichen Instrumente, die sehr unterschiedlichen Orte, an denen Sänger damals ihren Beruf ausüben konnten, und das ganze Buch hindurch wird in zahlreichen Szenen der Zauber und das Feuer des Flamenco heraufbeschworen.
(Felix Grabuschnig; 01/2015)
Ildefonso Falcones: "Das Lied der
Freiheit"
(Originaltitel "La reina descalza")
Aus dem Spanischen von Stefanie Karg.
C. Bertelsmann, 2014. 752 Seiten.
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Ildefonso Falcones de Sierra
arbeitet als Anwalt in
Barcelona. Sein Debütroman "Die Kathedrale des Meeres" war ein
überwältigender internationaler Erfolg. Mit weltweit mehr als fünf
Millionen verkauften Büchern hat sich Falcones als der bestverkaufte
spanische Autor historischer Romane verewigt.
Weitere Bücher des Autors:
"Die Kathedrale des Meeres"
Das mittelalterliche Barcelona steht in höchster Blüte. Dort erlebt der
junge Arnau den Bau von Santa María del Mar, einer riesigen Kathedrale,
wie sie das Land noch nicht gesehen hat. Im Schatten des mächtigen
Bauwerks erfährt er am eigenen Leib, welch schweres Los die Arbeit dort
ist. Mit den anderen Steinträgern schleppt der Vierzehnjährige die
riesigen Felsblöcke vom Montjuïc bis hinunter an den Hafen. Doch während
sich die Kathedrale des Meeres in den Himmel reckt, wirft sie auch
dunkle Schatten auf das Leben der Menschen: Das Volk leidet unter der
Willkür des Adels, die
Pest lauert vor den Toren. Und Arnaus Aufstieg zu einem der
angesehensten Bürger der Stadt droht ihm zum Verhängnis zu werden: Er
wird Opfer einer Intrige, und sein Leben gerät in höchste Gefahr.
(Fischer)
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"Die
Pfeiler des Glaubens"
Andalusien 1568. Nach Jahren der Unterdrückung erheben sich die Mauren
gegen ihre christlichen Peiniger. Unter den Aufständischen ist auch
Hernando Ruiz, ein junger Mann mit auffallend blauen Augen, gezeugt
bei der brutalen Vergewaltigung einer Muslimin durch einen Priester.
Von Geburt an als Außenseiter gezeichnet, führt Hernando einen
einsamen Kampf, bis die Liebe zu einer Frau ihm Hoffnung auf ein neues
Leben schenkt, aber auch eine schreckliche Entscheidung abverlangt.
(Goldmann)
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Noch
ein Buchtipp:
Carlos Zanón: "Die Hälfte von allem"
Barcelona von unten: Ein Trio von Desesperados, kleine Fische, denen
der Mut zum großen Verbrechen fehlt, späht in Stundenhotels Pärchen
nach - und bittet dann mit entsprechenden Beweisen zur Kasse. Bis sie
an Max geraten, dem sich mit dem unverhofften Erpressungsversuch
plötzlich ein Ausweg aus seiner eigenen verzweifelten Lage zu bieten
scheint.
Carlos Zanón hat ein dunkles Meisterwerk über die Abgründe von Liebe
und Gesellschaft geschrieben - ungezügelt, brutal und voll
zerstörerischer Leidenschaft.
Carlos Zanón, 1966 in Barcelona (Spanien) geboren, ist
Dichter, Romancier, Drehbuchautor und Literaturkritiker. Für
seine Gedichtbände und seine Romane wurde er vielfach ausgezeichnet.
"Die Hälfte von allem" ist sein erster Roman in deutscher Übersetzung.
(Nagel & Kimche)
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