Stefan Maiwald: "Spitzenkoch in sieben Tagen"

Ein Selbstversuch


Besser kochen, besser essen. (K)eine Anleitung.

Ein spät berufener Hobbykoch, Deutscher mit Wohnsitz in Italien, Journalist und Autor, beschließt herauszufinden, was das Geheimnis der Spitzenküche ist und wie er davon selbst profitieren könnte, und daraus ein Buch zu machen. Er gibt ihm den koketten Titel "Spitzenkoch in sieben Tagen". Ob damit ernsthaft suggeriert werden soll, dass man in einer Woche die Mysterien der feinen Küche erfahren kann? Wohl nicht, denn auch der Autor hatte seine Recherchen nicht in sieben Tagen erledigt. Aber er hat sie in sieben Artikel aufgeteilt, die als Ganzes gesehen das Wesen der Spitzengastronomie ausmachen sollen. Tag 1 bzw. Kapitel 1 beginnt mit den Grundlagen: dem Einkauf, der Organisation der Küche, Basiskenntnissen (z.B. professionelles Zwiebelschneiden - ein Lieblingsthema der Profiköche), den absolut nötigen Gewürzen und den wichtigsten Gerätschaften.

Als Nächstes wird versucht, den Schritt von der  Hausmannskost zur gehobenen Küche nachzuvollziehen. Tag 3 ist der Pasta und dem Wein gewidmet. Der nächste Abschnitt erzählt uns von den Erfahrungen und Erlebnissen des Autors als Praktikant bei einem italienischen Sternekoch in Apulien, und nach einem Abstecher in die Molekularküche steht das Dessert im Mittelpunkt seiner Betrachtungen. Schlussendlich kommt er zu der wohlfeilen  Überzeugung, dass wir alle unwürdig sind. Unwürdig für die Spitzenküche. Denn da geht es nicht nur mehr um Qualität und handwerkliche Fähigkeiten, sondern um die große Bühne. Dort wird in einer fulminanten Aufführung konfiert, gespritzt und geschäumt, jedes Kochen wird zu einer Kunst veredelt und jedes Essen zu einem Feuerwerk im Mund stilisiert.

Es ist ein amüsantes Kochfeuilleton, das Peter Maiwald uns ans genießerische Herz legt. Der Autor hat unzählige Sterneköche interviewt und in ihre Küchen geschaut, er hat sie nach ihren Geheimnissen, Ritualen und Überzeugungen gefragt und daraus ein durchaus lesenswertes Kompendium zeitgenössischer Spitzenköche zusammengestellt. Es ist ein Blick hinter die Kulissen, der durchaus auch unter dem Titel "Herstellung von" stehen könnte. Für den Nicht-Profi gibt es etliche Tipps und einige Rezepte. Durchaus befriedigend ist es dabei zu erfahren, was absolute Tabus für echte Köche sind: Pulver für Kartoffelpüree z.B. oder Dosenravioli und überhaupt Dosengemüse.

Trotzdem, wer ein Rezeptbuch, ein Lehrbuch oder einen Ratgeber erwartet, der wird enttäuscht sein. Wer eine vergnügliche Lektüre über die Spitzengastronomie mag, der ist mit diesem kurzweiligen Buch bestens bedient.

Kurz und gut, man wird sicher kein Sternekoch in sieben Tagen, aber man bekommt eine Ahnung, was gute Küche ausmacht, man bekommt Lust, es auszuprobieren, und man bekommt Tipps. Die Quintessenz: Es kommt auf die Qualität der Zutaten an, die Nahrungsmittel sollen achtsam behandelt werden, Köche sollen mit Liebe und Lust am guten Essen an die Sache herangehen. Und dann wird es schon etwas. Wie das in der Praxis ausschauen könnte, erläutert der Autor zum Schluss: Sich einfach Schritt für Schritt an kleine Experimente zu wagen und so aus einem guten Essen ein noch besseres zu machen. Zum Beispiel bewusst höherwertige Lebensmittel verwenden, wie ein besseres Olivenöl für den Salat, oder einen Lardo statt der Supermarkt-Speckwürfel in den Bratkartoffeln. Das Gute schmeckt dann wahrscheinlich noch besser, und wenn es auch keine Haubenküche ist, so ist es doch ein neuer reiner Genuss.

Zu Beginn stellt der Autor die Frage: Was bedeutet überhaupt Essen? Seine Antwort: Essen ist weit mehr als Energiezufuhr, es bestimmt unser Leben, unsere Entwicklung, unsere ganze Kultur sowie auch die Unterschiede von Land zu Land. Daran lässt sich der Rat des Münchner Sternekochs Martin Fauster anschließen: "Gehen Sie mit viel Freude und Respekt vor dem Produkt an die Sache ran, und haben Sie viel Spaß am Essen." Bon appétit!

(Brigitte Lichtenberger-Fenz; 12/2014)


Stefan Maiwald: "Spitzenkoch in sieben Tagen.
Ein Selbstversuch"

dtv, 2014. 192 Seiten.
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Noch ein Buchtipp:

Jürgen Dollase: "Himmel und Erde. In der Küche eines Restaurantkritikers"

Die Küche als Experimentierfeld und Spielwiese.
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