Burkhard Spinnen: "Zacharias Katz"
Die
Marke Zach Katz
Die Veröffentlichungen des freien Autors, Publizisten und
Germanisten, Burkhard Spinnen, sind zahlreich. Mit seinem Werk
"Zacharias Katz" eröffnet er dem Leser eine andere Sichtweise
auf den Beginn des Ersten Weltkrieges.
Als Zacharias Smith, oder die Marke Zach Katz, wie sich der Protagonist
selbst nennt, klar wird, dass er im Landmaschinenunternehmen seines
Vaters nicht glücklich wird, macht sich der Enkel deutscher
Einwanderer auf den Weg nach New York. Nach dem gescheiterten Versuch,
ein erfolgreicher Journalist zu werden, führt ihn seiner neuer
Beruf als Textverbesserer für Broadway Musicals
nach Havanna und schließlich auf das Deck des
Passagierschiffs "Präsident". Unter dem ehemaligen
Marineoffizier Donhauser, der sich in Zeiten des Krieges als kluger
Stratege beweist, mischt sich Zach Katz unter die Passagiere.
Seine zahlreichen Begegnungen mit den unterschiedlichsten
Charakteren beginnt der erfolglose Journalist bald detailliert
in ein winziges Notizbuch zu schreiben. Doch eigentlich weiß
er nicht so recht, warum er das tut oder weshalb er sich
überhaupt auf dem Passagierdampfer befindet. Nachdem die
Meldung vom Beginn des Ersten Weltkrieges auch die "Präsident"
erreicht hat, fällt Zach Katz, auf der Suche nach sich selbst,
den Entschluss, als Kriegsberichterstatter an den Ort des Geschehens
nach Europa zu reisen.
2014 jährt sich der Beginn des Ersten Weltkrieges zum
hundertsten Mal. Passend dazu eröffnet der Autor mit seinem
Buch "Zacharias Katz" einen neuen Blickwinkel auf den Beginn dieses
historischen, einschneidenden Ereignisses, der ersten großen
Katastrophe der Moderne. Man erhält nur einen kleinen Einblick
in die Spannungen in Kriegszeiten auf hoher See und sollte deshalb
nicht die Erwartung an das Buch stellen, über
Kriegsgeschehnisse informiert zu werden. Allerdings wird der
interessierte Leser mit amüsanten Alltagsepisoden belohnt. Mit
unvergleichlichem Charme erzählt der Protagonist von den
Spannungen zwischen den einzelnen Nationen, deren Schiffe auf dem Ozean
aufeinander treffen. Er berichtet über Erlebnisse von
großen Angsthasen, verrückten Therapeuten, jungen
Witwen und verschwundenen Hunden. Mit viel Glück und wenig Mut
findet Zacharias Katz seinen Weg, indem er anderen Erzählungen
folgt. Vermeintlich ohne Talente auf die Welt gekommen, ist Zach Katz
ein Meister darin, Geschichten und Ereignisse in den kleinsten Details
wiederzugeben und seinen Gesprächspartnern ihre Geheimnisse zu
entlocken, ohne sich dieser Fähigkeiten bewusst zu sein.
Mit unglaublichem Feingefühl erzählt Burkhard Spinnen
die Geschichte eines Lebenskünstlers und
Glückspilzes, der vermeintlich ohne Begabungen durchs Leben
stolpert. Gespickt mit amüsanten Alltagsepisoden vor dem
Hintergrund des Beginns des Ersten Weltkrieges hat der Autor ein
unterhaltsames und wertvolles Werk seiner Liste an
Veröffentlichungen hinzugefügt.
Fazit:
Spannend und unterhaltsam. Ein Muss für Freunde der
Bücher von Burkhard Spinnen.
(Sabrina Brugner; 08/2014)
Burkhard
Spinnen: "Zacharias Katz"
Schöffling & Co., 2014. 344 Seiten.
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Weitere
Buchtipps:
Sinaida Hippius: "Petersburger Tagebücher 1914-1919"
Bearbeitet, mit Anmerkungen, einem kommentierenden Namensregister und
einem Nachwort bereichert von Christa Ebert.
Der erste Eintrag von Sinaida Hippius in ihr "Blaues Buch" vom 1.
August 1914 lautet: "Was soll man schreiben? Nichts
außer dem einen - Krieg!;..."
"Niemand begreift, was- zum Ersten - ein Krieg ist. Und was er - zum
Zweiten - für uns, für Russland bedeutet. Auch ich
begreife es noch nicht. Doch ich spüre ein beispielloses
Grauen."
Der Beginn des
Ersten
Weltkriegs machte aus der russischen symbolistischen
Lyrikerin und faszinierenden Salonnière, die als ein
feminines Gesamtkunstwerk die Petersburger Intelligenzija um sich zu
versammeln wusste, eine politische Chronistin: Bis zu ihrer Emigration
im Dezember 1919 über Polen nach Paris schrieb sie ihr
"gesellschaftliches Tagebuch": als scharfzüngige Kritikerin
der autokratischen Zarenregierung und des Krieges, den die Mehrheit der
Petersburger Künstler- und Intellektuellenkreise euphorisch
befürwortete, als Anhängerin der Februarrevolution
von 1917 - jedoch als hellsichtige Anklägerin der
bolschewistischen Machtergreifung im Oktober 1917.
In ihrer großen Wohnung nahe dem Taurischen Palais, dem Sitz
der Regierung, wurde sie zur Augen- und Ohrenzeugin: Die Politiker
gingen bei ihr ein und aus, die politischen Papiere über ihren
Tisch.
Die leidenschaftlichen "zeitgenössischen Aufzeichnungen" der
Sinaida Hippius sind in ihrer Authentizität aufregende
Dokumente, dramatisch lebt in ihnen die Atmosphäre jener Zeit
wieder auf. (Die Andere Bibliothek)
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Ralf
Georg Reuth: "Im großen Krieg. Leben und Sterben des
Leutnants Fritz Rümmelein"
Fritz Rümmelein, 19 Jahre alt, meldet sich am 2. August 1914
als Kriegsfreiwilliger. Viereinhalb Jahre lang kämpft er an
der Westfront, nimmt an allen großen Schlachten teil und
lernt das Grauen der Gräben, aber auch den ganz normalen
Alltag des Krieges kennen. Am 4. November 1918, fast auf den Tag genau
nach vier Jahren und drei Monaten an der Front und sieben Tage vor dem
Waffenstillstand, fällt der Leutnant Fritz Rümmelein.
Er hinterlässt Briefe, Tagebücher und Fotos.
Ralf Georg Reuth erzählt dieses Leben und gliedert es in den
historischen Zusammenhang ein. Karten, Zeitleisten und
Begriffserklärungen ermöglichen dem Leser einen
leichten Zugang zum Geschehen. (Piper)
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Jean
Echenoz: "14"
Frankreich, 1914: Ein idyllischer Sommertag, Anthime radelt durch die
sonnenbeschienene Vendée. Er hört die Sturmglocken
läuten, das Signal für die allgemeine Mobilmachung.
Mit der alle gerechnet haben, nur nicht an einem Samstag, dem 1.
August. Echenoz erzählt vier Kriegsjahre im Zeitraffer:
Fünf Männer ziehen in den Krieg, eine schwangere Frau
wartet auf die Rückkehr von zweien von ihnen. Bleibt zu
erfahren, ob sie wiederkommen. Und wann. Und in welchem Zustand.
Der Erste Weltkrieg ist heute nicht mehr mit traditionellen Mitteln
darstellbar - Echenoz als Meister der Romansubversion zeigt, wie es
anders gelingt. (Hanser Berlin)
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Blaise
Cendrars: "Moravagine. Monsterroman"
In der vollständigen und von Blaise Cendrars autorisierten und
von Stefan Zweifel revidierten Übersetzung von L. Radermacher
(1928), kommentiert, mit allen Schriften von Moravagine
ergänzt und mit einem Nachwort versehen von Stefan Zweifel.
"Moravagine" ist ein faszinierend beunruhigendes Werk und
führt ins Zentrum der künstlerischen Moderne des 20.
Jahrhunderts. Aber "Moravagine" ist auch immer noch, hundert Jahre nach
dem Ersten Weltkrieg, ein eher verborgenes Buch.
Dieser Krieg ist noch nicht vorbei, als 1917 Cendrars in einem Brief an
Jean
Cocteau seinen Plan annonciert: "Ich sage Dir, ein
Monster ..." Und was zeitgemäß "Das Ende
der Welt" heißen sollte, erscheint endlich 1926 als
"Moravagine": Es ist der Name eines Amokläufers, eines
Triebwesens, in dessen Name sich der Tod (la mort) und das
Gebärende (le vagin) zwittrig vereinen. Moravagine, mehr
Phänomen denn Person, ist ein Nomade seiner Wunschtriebe, eine
Figur des Bösen, die die Ausschweifungen des Wahnsinns lebt,
ein an der Sinnlosigkeit Verzweifelnder.
Moravagine, so heißt der ungarische Adlige, der mit
Unterstützung eines Arztes, des Erzählers Raymond,
das Sanatorium Waldensee verlässt und mit ihm auf eine
zehnjährige Reise geht: über Berlin in den russischen
Revolutionsterrorismus, mit dem Schiff nach New York und weiter auf
Goldsuche bis zu den Indianern , eine Flucht zum
südamerikanischen Orinoko
und zurück nach Paris, zu einem Flug um die Welt und in den
Morphinismus. (Die Andere Bibliothek)
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Pierre
Lemaitre: "Wir sehen uns dort oben"
Ein großes, mit dem "Prix Goncourt" ausgezeichnetes Buch
über Freundschaft, Rachsucht und Gier: über die zwei
ungleichen Freunde Albert und Édouard, die als Opfer des
machtbesessenen Offiziers Pradelle in den letzten Tagen des Ersten
Weltkriegs fast zu Tode kommen. Und über eine Gesellschaft, in
der tote Helden mehr zählen als die Überlebenden.
Beinahe wäre Albert wegen der Machtgier von Leutnant Pradelle
ums Leben gekommen. Doch in letzter Sekunde bewahrt Édouard
ihn vor dem Tod. Albert fühlt sich seinem Retter verpflichtet
und erfüllt ihm seinen größten Wunsch: eine
falsche Identität. Pradelle durchschaut den Betrug und deckt
sie, um sein hinterhältiges Manöver zu vertuschen. So
werden die verfeindeten Männer zu Komplizen. Während
Pradelle in den Nachkriegsjahren das große Geld mit der
Umbettung von Toten macht, entwickeln Albert und Édouard ein
illegales Geschäft mit Kriegsdevotionalien.
Pierre Lemaitre entwirft das schillernde Panorama einer Gesellschaft,
in der unablässig von Ruhm und Ehre die Rede ist und zugleich
Profitgier und krumme Geschäfte vorherrschen. (Klett-Cotta)
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Bernard
von Brentano: "Theodor Chindler"
Im gutbürgerlichen Haushalt der Chindlers spielt man Klavier
und geht sonntags in die Kirche. Es ist das Jahr 1914. Theodor
Chindler, Abgeordneter für die katholische Zentrumspartei und
Familienoberhaupt, macht Politik im Berliner Reichstag,
während seine Söhne Ernst und Karl für das
Vaterland an die Front ziehen. Zu Hause diskutieren die anderen
Familienmitglieder hitzig über den Kaiser, das Elend in den
Lazaretten und den Seekrieg - und so brechen die politischen
Überzeugungen auseinander. Als sich Tochter Maggie gegen den
Willen des Vaters der Arbeiterbewegung zuwendet und sich der
jüngste Sohn Leopold in einen Mitschüler verliebt,
ist auch in der Heimat nichts mehr so, wie es war.
Bernard von Brentano erzählt aus den Hinterzimmern der Politik
während des Ersten Weltkrieges, vom elenden Sterben in den
Schützengräben - aber vor allem von einer Familie in
Zeiten sozialer wie lebensweltlicher Umwälzungen. Der Roman
"Theodor Chindler", der 1936 im Schweizer Exil entstand, wurde oft mit Heinrich
Manns "Der Untertan" oder "Professor Unrat" verglichen. Ein
Zeit- und Sittengemälde, das bis heute nicht an
Eindringlichkeit verloren hat. (Schöffling & Co.)
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Rüdiger
Görner: "Georg
Trakl. Dichter im Jahrzehnt der Extreme"
Kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs starb Georg Trakl in einem
Militärspital an einer Überdosis Kokain.
Ob der im
Krieg traumatisierte Dichter Selbstmord beging, ist eines der
Rätsel, die sein Leben und Werk umgeben. Rüdiger
Görner gelingt es, sich den biografischen Brüchen und
Details über das Werk anzunähern. Er geht in der
Auseinandersetzung mit den Gedichten der Todessehnsucht Trakls, der
mehr als innigen Beziehung zu Schwester Margarethe und dem Aufwachsen
in Salzburg nach. Und kommt zu faszinierenden Schlüssen: Dass
sich die Extreme der Zeit - die Beschleunigung der
Lebensverhältnisse, ihre rücksichtslose Technisierung
- im Werk des Dichters nur bedingt spiegeln. Und dass die Gedichte -
Trakls Ruhelosigkeit zum Trotz - oft geradezu ausgeruht klingen.
(Zsolnay)
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