Martin Walker: "Brunos Kochbuch"

Rezepte und Geschichten aus dem Périgord


Seelennahrung für dunkle Tage

Es ist eigentlich nicht Brunos Kochbuch, wer immer Bruno sein mag, denn geschrieben wurde es von dem Schriftsteller Martin Walker, der im Südwesten Frankreichs lebt, genauer gesagt im Périgord, und der einen wunderbar kochenden Kommissar namens Bruno geschaffen hat. Dieser fiktive Bruno ist wiederum inspiriert von einem realen Dorfpolizisten, der allerdings Pierrot heißt und gutes Essen und Wein liebt. So entstand ein feines Kochbuch der französischen Landküche vom fiktiv-realen Bruno.

Vorneweg sei gesagt, es ist ein ausnehmend schönes Buch, das der Diogenes Verlag hier produziert hat. Mit den stimmungsvollen Fotos von Klaus-Maria Einwanger wird es zu einem kleinen Kultur- und Reiseführer, mit den literarischen Beilagen zu einem Lesegenuss. Kein aufwändiger Prachtband, sondern ein anheimelndes Genussprodukt, das zum Schmökern, Blättern und Pläneschmieden einlädt. Geschrieben ist es aus dem Blickwinkel eines zugewanderten Genießers, der die regionalen Feinheiten entdeckt und zu schätzen gelernt hat. Gekocht wird mit regionalen und saisonalen Produkten, mit dem, was am Markt angeboten wird oder von befreundeten Bauern zu bekommen ist.

Wer hat nicht schon gehört von Confit? Enten- und Schweine-Confit sind klassische Gerichte der Region; nichts weiter als eingemachtes Fleisch. Eine Niedrigtemperatur-Kochmethode, bei der das Fleisch im eigenen Fett gegart und konserviert wird. Und wer hat sich nicht schon selbst an Gratins versucht und wahrscheinlich den fromage de chèvre, den Ziegenkäse, in sein Repertoire aufgenommen? Martin Walker, Schriftsteller, und Bruno, chef de police, zeigen es. Sie sind beide begnadete Genießer und Verführer in ihre Genusswelt, in deren Hände man sich leserisch bedenkenlos begeben kann.

Von der ersten Seite an spürt man förmlich, wie Martin Walker, dieser schottische Schriftsteller, der sich im französischen Périgord niedergelassen hat und offensichtlich sehr willkommen fühlt, sich nicht nur von der Gastfreundschaft betören, sondern auch von der Raffinesse der einfachen, erdverbundenen ländlichen Kochkunst begeistern lässt. Mit Liebe und Lust stellt er Traditionelles und Einfaches vor und versucht schon mit der Einteilung seines Kochbuches auf die Wurzeln der Speisen zu verweisen, indem er sie nach ihrem Zustandekommen ordnet. Es sind der Gemüsebauer, der Jäger, Angler, Käser, Bäcker usw., die gute Produkte und damit gutes Essen liefern, so wie es auch der Ordnung auf dem Markt als Mittelpunkt der französischen Küche entspricht. Dem Gemüsebauern, dem maraîcher, sind Knoblauchsuppe, Spargel und gegrillte Frühlingszwiebel zu verdanken, und der Angler bzw. Fischer liefert Muscheln, Forellen und Flussbarsche. Dem Jäger schulden wir den Genuss von Kaninchen, Wachteln, Enten, Tauben und Wildschwein, während uns der Fleischer mit Schweinefilet, Rindfleisch und Lammkeule versorgt. In dem Kapitel über Käse werden Käsedelikatessen vorgestellt wie Bleu d'Auvergne oder Picodon, aber auch Gerichte mit Käse präsentiert. Die verschiedenen
Tartes und Quiches lassen einem das Wasser im Mund zusammenlaufen. Ein Höhepunkt ist der Abschnitt über den ramasseur, dem Sammler, der uns Trüffel, Nüsse, Honig und Pilze liefert. Zu guter Letzt kommt der Winzer zu Wort. Und wie gut, dass Bruno, unser Titelheld, Wein liebt, fast täglich das eine oder andere Glas trinkt, es genießt, neue Sorten zu probieren, und sich glücklich schätzt, im Périgord eine so große Auswahl davon zu haben. Anlass genug für eine ausführliche verbale Degustation, bis sich Bruno und die Leser zufrieden zurücklehnen und über Gerichte, die mit Wein zubereitet werden, sinnieren können. Lammstelzen mit Knoblauch und Monbazillac-Wein zum Beispiel, oder pêches au vin rouge, Rotweinpfirsiche.

Dieses Kochbuch bereitet aber nicht nur Freude, sondern sorgt auch für etliche Aha-Erlebnisse. Alle Rezepte werden mit ihrem französischen Namen und ihrer deutschen Übersetzung vorgestellt, es gibt Menü-Vorschläge inklusive Weinratschlägen und im Anhang überaus hilfreiche Küchentipps. In diesen "Notes de cuisine de Bruno" wird zum Beispiel erklärt, was Blanchieren und Braune Butter ist, und es werden zusätzliche nützliche Rezepte wie von Erdbeermarmelade oder Holunderblütensirup geliefert. Alles, was diese traditionelle regionale Küche ausmacht, wird rundum erläutert.

Wie so oft sind es gerade Fremde, denen es besonders gut gelingt, die Eigenheiten einer Region hervorzustreichen. Martin Walker ist Schotte, Schriftsteller, Historiker und Journalist, lebt in den USA und in Frankreich. Mit seinen "Bruno"-Krimis, von denen er mittlerweile sechs veröffentlicht hat, ist er auch bei uns bekannt geworden. Wer Bruno und seine Geschichten noch nicht kennt, der bekommt eine Probe als Gastgeschenk. In einer beigefügten kleinen Broschüre sind zwei kurze Erzählungen zu finden, die Einblick in seine Welt im fiktiven Saint-Denis im realen Périgord gewährt. Dort, wo alle Geschichten am Markt beginnen und wo Essen und Trinken die Essenz des Lebens sind.

"Brunos Kochbuch" ist ein gelungenes Wohlfühlbuch für lange, dunkle Abende, das alle Sinne anspricht und Lust auf einen Frankreich-Urlaub macht.

(Brigitte Lichtenberger-Fenz; 10/2014)


Martin Walker: "Brunos Kochbuch.
Rezepte und Geschichten aus dem Périgord"

Aus dem Englischen von Michael Windgassen.
Diogenes, 2014. 320 Seiten.
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