Peter Peter: "Kulturgeschichte der österreichischen Küche"
Von der österreichischen
Kultur des Essens
Für Manche ist die österreichische Küche das beste Erbteil der k.u.k.
Monarchie, für Andere altmodische Hausmannskost, der es am besten
zu schnell wie möglich zu entfliehen gilt. Wobei einander natürlich
beides nicht ausschließt und im nachpubertären Lebensalter oft eine
kreative Fusion eingeht. Wie sehr sie eine historische Fusionsküche ist,
zeigt Peter Peters Kulturgeschichte der österreichischen Küche.
Peter Peter ist ein äußerst produktiver und kreativer
Kulturwissenschaftler, der neben der Beschäftigung mit der
Geschichte des Essens auch als Restaurantkritiker der "FAZ" und als
Dozent tätig ist, Vorträge und Seminare hält und kulinarische Reisen
organisiert. Mittelpunkte seiner Tätigkeiten sind Italien, Deutschland
und Österreich sowie ein bisschen Griechenland. So gesellt sich nun zu
den Büchern über die Geschichte der italienischen und deutschen Küche
eines über die österreichische Küche. Dieses stellt sich schon
nach einigen Seiten als interessant, unterhaltsam und lesenswert heraus.
Geschickt und reichlich illustriert mit Abbildungen und garniert mit
Originalrezepten, bringt es dem Leser ein spannendes und gelegentlich
auch ungewohntes Bild österreichischer Kulinarik nahe.
Die erste Frage, die sich stellt: Wo und wann fängt sie an, die
österreichische Küche? Auch wenn man in vorchristlicher Zeit oder in der
Antike kaum von österreichischer Küche sprechen kann, so überrascht doch
die Kontinuität vor allem alpiner Kost. Das vom Museum Hallstatt
rekonstruierte Kelten-Ritschert von ca. 500 v. Chr. gleicht erstaunlich
genau dem heutigen Ritschert: ein Eintopf aus Bohnen, Gerste, Hirse und
Schweinsstelze. Dann folgte aber, wie es der Autor nennt, eine
fast tausendjährige Zäsur abendländischer Rezeptkultur, da
für das frühe Christentum in seiner asketischen Ausrichtung die
Thematisierung leiblicher Genüsse tabu war. So sind bis ins frühe 15.
Jahrhundert kaum Zubereitungen überliefert. Die ersten Kochbücher waren
dann prestigeträchtigen Festtagsgerichten verpflichtet, während die Kost
der einfachen Leute als nicht aufzeichnungswürdig erachtet wurde. Aus
der Renaissance hingegen ist eine Fülle heimischer Wild- und
Fischrezepte vorhanden, inklusive eines für "Eichhörnchen in
Kräutersauce". Wobei gerade Tirol als Transitland des europäischen
Delikatessenhandels bald eine Hochküche entwickelte. Eine überlieferte
Rehleberpatě mit Rosinen und Gewürzen aus dem Jahr 1581 ist nach wie vor
gut nachkochbar. Weniger beeindruckend ist hingegen die kaiserliche
Oglio-Suppe, die in Schönbrunn bis 1918 gekocht wurde. Entstanden aus
einem spanischen Eintopf, wurde sie luxuriös aufgepeppt und dadurch
hoffähig gemacht.
Peter wendet sein Interesse gleichmäßig allen jetzigen Landesteilen zu,
den Alpenländern genauso wie der Hauptstadt. Wobei Letzterer ein
besonderer Platz eingeräumt wird. Ausführlich widmet sich der
Autor der Entstehung und dem Wesen des Kaffeehauses
als "Inkarnation des Abendlandes", garniert mit dem Biedermeierrezept
von 1807 von einer typischen Kaffeehausmehlspeise, dem "ausgedünsteten
Topfenstrudel", also einem, der in Milch gegart wird. Aber auch das
Mehlspeisparadies des "Sacher" kommt nicht zu kurz. Immerhin erwirbt
sich Wien
Ende des 18. Jahrhunderts den Ruf einer lukullischen Metropole, in
der üppiges Essen und Trinken zu den liebsten Beschäftigungen zählt.
Neben dem Kaffeehaus entwickelte sich der Heurige zu einer bestimmenden
Lebensform, von Peter abgerundet mit einem authentischen Rezept des
Liptauers als traditionellem Brotaufstrich. Genauso wie das Wiener Beisl
als zweite Wohnung der kleinen Leute, wo die Speisekarte so einfach und
wohlschmeckend wie gleichbleibend ist. Immer dazu gehören Schnitzel.
Krautfleisch, Reisfleisch, Beuschel, Faschiertes, Gulasch, Leber. Für
Gemüse ist da kein Platz. Nicht unerwähnt soll der Wiener
Würstelstand
als Wiener Schnellimbiss-Institution bleiben.
Spätestens im 19. Jahrhundert haben sich Kaffee, Bier, Tafelspitz und
Wiener Schnitzel als unverwechselbare Bestandteile österreichischer
kulinarischer Identität herausgebildet, wobei es der Autor bei den
mitgelieferten Rezepten nicht verabsäumt, auf die Feinheiten hinzuweisen
und zwischen "kälbernem Schnitzel" von 1790, dem schweinernen
"Wiener Schnitzel" von 1873 und dem "Figlmüller Schnitzel" von 2012
unterscheidet. Dass es auch eine vielfältige Fischkultur gab, wird Viele
erstaunen. Ganz zu schweigen von einer originellen Qualitätskontrolle,
wie sie im Mittelalter praktiziert wurde. So wurde im 14. Jahrhundert
verfügt, dass Fischer ihre Ware auch im Winter stehend ohne Mantel und
Hut verkaufen mussten, um die Lust am Feilschen im Zaum zu halten
Übriggebliebenen Fischen musste nach Marktschluss der Schwanz abgehackt
werden. Interessant auch die Rezeptur der Paulanerwürste, aus Hecht
hergestellte "Fischstäbchen", welche die Wiener Mönche an der
Klosterpforte verkauften.
Gerne wird darauf hingewiesen, dass Heimatküche nicht nur
großmütterliche Nostalgie ist, sondern in Zeiten eines globalen
Nahrungsangebots auch avantgardistische Züge trägt. Wenn Enziansulz aus
Gamsbackerln mit Zirbelnusskernen serviert wird, ist die Cuisine Alpine
auf Augenhöhe mit der Haute Cuisine. Und Besonderheiten regionaler Küche
wie Käsknöpfle oder Letscho machen sogar als vegetarische bzw. vegane
Beiträge zur österreichischen Küche Eindruck. Nicht vergessen werden
natürlich die Einflüsse der italienischen, böhmischen, ungarischen und
Balkan-Küche für vermeintlich urösterreichische Traditionen wie Gulasch
oder Reisfleisch.
Das (vor-)letzte Kapitel ist "Witzigmann und Würstlmann - Austrian
food worldwide" betitelt und erzählt von der österreichischen
Küche als Exportartikel seit den 1970er-Jahren. Während die aus
Österreich stammenden Köche Johann
Lafer und Wolfgang Puck allgemein bekannt sind, ist die Herkunft
des us-amerikanischen
Hotdog eher unbekannt. Denn die dazu nötigen länglichen Semmeln
wurden von einem aus Wien emigrierten Bäcker in New York entwickelt. Zum
Massenprodukt wurde es ab 1936 durch die Wienermobiles,
motorisierte Buden mit aufmontierter Riesenwurst. Auch das eine schöne
Geschichte aus der kulinarischen Welt.
Alles in allem ist Peter Peters Kulturgeschichte eine gelungene Mischung
aus Landeskunde, Essens- und Kochgeschichte. Und ein Buch- und
Lektüregenuss, den man chronologisch lesen oder in dem man nach
Gusto schmökern oder sich einfach nur die Rezepte herausholen kann.
(Brigitte Lichtenberger-Fenz; 02/2014)
Peter Peter: "Kulturgeschichte der
österreichischen Küche"
C.H. Beck, 2013. 261 Seiten mit 174 Abbildungen und 2 Karten.
Buch bei thalia.at bestellen
Buch
bei amazon.de bestellen
Dr. phil. Peter
Peter, geboren 1956, promovierte in Klassischer Philologie. Seit 2005
ist er Mitglied der "Deutschen Akademie für Kulinaristik", seit 2006
Gastdozent an beiden Sitzen der von "Slow Food" gegründeten
Università delle scienze gastronomiche in Pollenzo (Piemont) und Colorno
(Parma). 2009 war er Gastdozent am Gastrosophiezentrum der Universität
Salzburg.
Weitere Buchtipps:
"Die besten Mehlspeisen der
österreichischen Bäuerinnen"
Egal, ob flaumiger Kaiserschmarren, zart-duftender Milchrahmstrudel mit
Vanillesauce oder verlockendes Topfen-Soufflé: Die einfachen und
erprobten
Mehlspeisrezepte erfahrener Bäuerinnen bieten vielfältige
Abwechslung für alle, die es süß lieben. Der Bogen spannt sich von
bodenständigen Hauptspeisen über Kuchen und Gebäck bis hin zu
raffinierten Desserts für ganz besondere Anlässe. Neben Klassikern
findet man auch viele Rezeptideen, die zeigen, wie man die Genüsse
leicht und vollwertig zubereiten kann, ohne beim Geschmack Kompromisse
einzugehen. (Löwenzahn)
Buch
bei amazon.de bestellen
Dietmar Fercher, Konrad Limbeck (Fotos):
"Tortenglück aus Österreich"
Schaumige Bisquitmassen, knusprige Baiserböden, dazu fruchtige Belage
und cremige Füllungen - Konditormeister Dietmar Fercher verrät, wie aus
einfachen, guten Zutaten wie Eiern, Zucker, Butter und wenig Mehl
Wunderwerke gelingen. Glasur und Dekoration erst machen die Torte zu
etwas Besonderem unter den Mehlspeisen, und hier sind der Fantasie keine
Grenzen gesetzt. Klassiker von Malakofftorte und Esterházyschnitten bis
zur süßen Muttertagsüberraschung - die besten Rezepte zum Nachmachen mit
leicht verständlichen Tipps aus Ferchers Meisterbackstube. Wundervoll in
Szene gesetzt von Fotograf Konrad Limbeck. (Residenz)
Buch
bei amazon.de bestellen
Dominik Flammer, Sylvan Müller: "Das kulinarische Erbe der Alpen"
Molkenkaramell aus dem
Bregenzerwald, Süßwassersardinen aus dem Comersee oder Buchweizenhonig
aus der Steiermark.
Wie würzt man im Alpenraum mit Holz und Harz? Und warum haben schon die
Römer für die Lebern von Süßwasserfischen aus den Voralpenseen gemordet?
Traditionelle Produkte erzählen von der Ernährungsgeschichte des
Alpenraums.
Dominik Flammer, Autor des preisgekrönten Standardwerks "Schweizer
Käse", hat sich zusammen mit dem Fotografen Sylvan Müller auf die Suche
nach dem kulinarischen Erbe der Alpen
gemacht. Von Slowenien über Österreich nach Bayern, in der Schweiz und
in Savoyen, im Südtirol und im Aostatal. Sie erzählen von der Geschichte
der Produkte und porträtieren Produzenten, die dieses Erbe bewahrt und
in die heutige Zeit hinüber gerettet haben.
Ergänzt wird das Buch durch ein Lexikon der alpinen Delikatessen und ein
umfangreiches Register mit allen Bezugsadressen. (AT Verlag)
Buch bei amazon.de bestellen
Renate
Wagner-Wittula,
Christoph Wagner: "Die Küche der österreichischen Regionen"
Tiroler Knödel,
Kärntner Kasnudeln, Wiener Schnitzel, Marchtrenker Mostsuppe, Salzburger
Nockerl - die Küchen der österreichischen Regionen sind ebenso
abwechslungsreich wie ihre Landschaften. Renate und Christoph Wagner
bringen mit ihrem appetitanregend bebilderten Kochbuch diesen
kulinarischen Reichtum an bodenständigen Speisen in alle Haushalte.
Dieses Kochbuch versammelt mehr als 200 traditionelle und moderne
Rezepte aus allen österreichischen Regionen vom Bodensee bis zum
Neusiedler See und präsentiert österreichische Vielfalt, die auf der
Zunge zergeht. (Haymon)
Buch bei amazon.de bestellen
Irmtraud
Weishaupt-Orthofer (Hrsg.): "Unsere süße Küche. Österreichs beste
Rezepte"
Die besten Süßspeisen wurden und werden in der Alpenrepublik serviert
was Naschkatzen immer schon wussten, wird mit diesem Backbuch bestätigt.
Österreichs Mehlspeisen sind weltberühmt. Kein Wunder also, dass auch
(fast) die ganze Welt diese süßen Verführungen daheim in der Küche
nachmachen möchte. Den backfreudigen Mehlspeistigern kann geholfen
werden: Die gesamte Palette aus der rot-weiß-roten Süßspeisenküche ist
jetzt in einem Buch versammelt, wobei dafür die besten Rezepte aus der
beliebten Kochheftereihe "Kochen & Küche" ausgewählt wurden.
Der Bogen der Gaumenfreuden spannt sich von traditionellen Mehlspeisen
über die besten Schmankerln der bäuerlichen Küche bis hin zu aktuellen
Variationen. So dürfen in dem Buch die großen Klassiker wie Marillen-
und Zwetschkenknödel, Bienenstich, natürlich die Sachertorte und diverse
Strudeln genauso wenig fehlen wie Almraungerln, verschiedene Krapfen und
ein zünftiges Grießkoch oder auf der modernen Seite angesiedelt Knusper-
und Erdbeerknödel, ein Kriecherl-Pflaumenstrudel oder soufflierte Feigen
mit Schneehaube. Rezepte für regionale Spezialitäten wie den berühmten
Kärntner Reindling, Tiroler Bauernkrapfen oder die Waldviertler
Mohnknödel findet man ebenso in dem feinen Backbuch wie saisonale
Köstlichkeiten: Faschingskrapfen, Ostergebäck, Muttertagstorten und, um
den Jahreskreis ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu schließen,
Christstollen und Neujahrs-Muffins.
Die Bandbreite der süßen Köstlichkeiten erstreckt sich quer durch alle
Bundesländer und von der legendären k. u. k. Küche bis in die Bürger-
und Bauernküchen. Typisch österreichisch eben. (Stocker)
Buch bei amazon.de bestellen
Angelika
Overath (Hrsg): "Tafelrunde. Schriftsteller kochen für ihre Freunde"
37 Schriftsteller kochen für ihre Freunde.
"Tafelrunde" versammelt die Lieblingsrezepte von 37 namhaften
Schriftstellern. Zugleich erzählen diese Autoren aber auch ganz
persönliche Geschichten über die Zubereitung der einzelnen Gerichte und
ihre Erlebnisse beim Kochen. Das macht "Tafelrunde" zu einem Muss für
alle Freunde des Kochens und der Literatur sowie zu einem idealen Buch
zum Verschenken, zum Nachkochen und zum Schmökern.
Als vor einiger Zeit der Schriftsteller
Karl-Heinz
Ott
zu Gast bei
Angelika Overath und ihrem Mann Manfred Koch war, brachte er als
kleines Dankeschön ein handgeschriebenes Bändchen mit eigenen Rezepten
mit. Die Rezepte waren ungewöhnlich und ließen sich leicht nachkochen.
Und sie sagten sehr viel über ihren Verfasser aus. Noch an diesem Abend
entstand in Angelika Overath und Manfred Koch die Idee, auch andere
Schriftsteller zu bitten, ihre Lieblingsrezepte zu notieren und zu jedem
Rezept eine kleine Geschichte zu erzählen. Entstanden ist so ein
erzählendes Kochbuch, an dem 37 namhafte Autoren von Brigitte
Kronauer bis zu Olga
Grjasnowa, von
Hans Magnus
Enzensberger bis zu
Terézia
Mora mitgeschrieben haben - ein Band, der beweist, wie sehr viele
Schriftsteller nicht nur begnadete Erzähler sind, sondern häufig auch
ganz besondere und exquisite Köche.
Zwischen Mohnkuchen und Nussschnaps, venezianischer Leber
und Brennnesselsuppe wird von Liebe, Tod und Leidenschaft erzählt und
dem Erstaunen darüber, welche Genüsse eine Mahlzeit entfalten kann.
(Luchterhand Literaturverlag)
Buch
bei amazon.de bestellen
Alice
Vollenweider, Hugo Loetscher (Hrsg.): "Kulinaritäten. Ein Briefwechsel
über die Kunst und die Kultur der Küche"
Ein Briefwechsel über die Kunst und die Kultur der Küche.
Viel mehr als ein Kochbuch: Zwei geistreiche Genießer plaudern aus der
Küche. Rezepte, Kulturgeschichtliches, Literarisches, Persönliches und
Anekdotisches, gewürzt mit dem Salz der Kochleidenschaft und dem Pfeffer
des Humors.
Ein Kochbuch für Bauch und Kopf: Alice Vollenweider, Kennerin der
italienischen Kultur, Literaturkritikerin und Autorin des Standardwerks
"Italiens Provinzen und ihre Küchen", und Hugo Loetscher, der
weltoffene, weitgereiste und mit vielen Küchen vertraute Schweizer
Schriftsteller, schreiben sich Briefe voller Rezepte, Reflexionen,
Neckereien, kulinarischer Bonmots und gegenseitiger Verehrung. Eine
kleine Kulturgeschichte der Küche entfaltet sich in diesem Briefwechsel,
der ursprünglich in der "Neuen Zürcher Zeitung" erschienen ist. Der
Leser erfährt, wie bekannte und weniger bekannte Gerichte entstanden
sind, wo die Quellen der heutigen Kochkunst liegen, wie es die
Schriftsteller mit dem Essen hielten - aber auch ganz praktisch, wie der
perfekte Risotto gelingt. (Diogenes)
Buch
bei amazon.de bestellen