Mario Livio: "Ist Gott ein Mathematiker?"
Warum das Buch der Natur in der Sprache der Mathematik geschrieben ist
Viertausend Jahre
          Wissenschaft und die Frage: Wurde die Mathematik entdeckt - oder
          erfunden?
        
        In der Frage, ob die Mathematik eine Natur- oder eine
        Geisteswissenschaft sei, gehen die Meinungen auseinander. Denn
        einerseits stellt sie ein ideales Instrument zur Erklärung und
        Erforschung der physikalischen Welt dar, zum anderen jedoch weist sie
        viele Überschneidungen mit der Philosophie auf. Und in vielerlei
        Hinsicht steht sie für sich allein.
        
        Mario Livio, Astrophysiker am "Hubble Space Telescope Science
          Institute" in Baltimore und Verfasser diverser
        populärwissenschaftlicher Bücher, erläutert in "Ist Gott ein
        Mathematiker?" die Geschichte der Mathematik und ihre vielen Übergänge
        und Beziehungen zu den anderen Wissenschaften, vor allem im Zusammenhang
        mit der Frage, ob die Mathematik bereits immer in der Form existierte,
        wie wir sie kennen, also nach und nach entdeckte wurde - oder ob es sich
        ein geistiges Konstrukt handle, das glücklicherweise die Natur sehr gut
        erklären kann, und die Mathematik somit eine menschliche Erfindung sei.
        
        Beginnend mit den griechisch-antiken Größen wie Plato,
        Pythagoras,
        Euklid und Archimedes
        erzählt Livio von den großen und richtungsweisenden Entdeckungen in der
        Mathematik, von unterschiedlichen Strömungen und Ausrichtungen, von
        Auseinandersetzungen, Irrtümern und deren Beilegung beziehungsweise
        Korrektur sowie den teils zeitnahen, teils deutlich späteren
        naturwissenschaftlichen "Quantensprüngen", die nur durch die bereits
        bekannte Mathematik möglich wurden, mittels derer sich noch nicht
        empirisch belegbare Phänomene beweisen ließen.
        
        Zudem geht Livio intensiv auf das gesamte wissenschaftliche Gefüge der
        für die Mathematik relevanten Zeitalter ein, insbesondere in der Antike
        und ab der Renaissance. Natürlich haben Galilei, Newton, die Bernoullis,
        Gauß und die vielen bedeutenden Mathematiker und Physiker der letzten
        zwei bis drei Jahrhunderte ihre großen Auftritte, ebenso jedoch weniger
        bekannte Persönlichkeiten wie der Londoner Tuchhändler John Graunt, der
        im 17. Jahrhundert die erste wichtige Arbeit zur Statistik verfasste,
        einer heute nicht wegzudenkenden mathematischen Disziplin.
        
        Um Gott oder pseudoreligiöses Geschwafel geht es in diesem Buch eher
        wenig, sodass Atheisten und Agnostiker sich nicht scheuen müssen, es in
        die Hand zu nehmen. "Gott" im Titel bezeichnet eher den für uns bislang
        wissenschaftlich nicht restlos ergründbaren Ursprung der Natur. So
        erklärt sich auch die Frage im Titel. Restlos klären lässt sich das
        Problem "Erfindung oder Entdeckung?" freilich nicht, doch Livio liefert
        in gut verständlicher Form und mittels zahlreicher erläuternder
        Illustrationen - abgesehen von etlichen Porträts finden sich zahlreiche
        anschauliche Skizzen - nicht nur die Historie zur Frage, sondern
        durchaus auch, an einen roten Faden gebunden, die immer konkreter
        werdenden Antworten der Mathematiker und Physiker sowie einiger
        Philosophen darauf. Gleichzeitig weckt er im Laien echtes Interesse an
        der Mathematik, ohne dass sich der Leser mit hochkomplexen Gleichungen
        herumschlagen muss: Vorkenntnisse über eine solide Allgemeinbildung
        hinaus sind nicht vonnöten, einige Konzentration wird dem Interessierten
        freilich abverlangt.
        
        Zugleich ist das Buch jedoch so fesselnd geschrieben, dass es nicht
        schwerfällt, sich darauf einzulassen. Der Wechsel aus biografischen und
        wissenschaftlichen Aspekten, die Wechselwirkungen zwischen Forschern und
        Kirche, Wissenschaftszweigen und einzelnen Wissenschaftlern
        untereinander sorgen dafür, dass dieses Buch geradezu spannend wirkt.
        Natürlich kann der Autor nicht im Detail auf alle bedeutenden
        Mathematiker des 19. und 20. Jahrhunderts eingehen und nicht alle
        wichtigen Erkenntnisse seit dem Beginn der Aufklärung einzeln würdigen,
        doch er setzt die Schwerpunkte auf elegante Weise so, dass sich eine
        schlüssige Übersicht ergibt.
        
        Es resultiert ein echtes Lesevergnügen, das die Sicht des mathematischen
        Laien auf die Welt verändern kann und ihm definitiv zeigt, dass
        Mathematik wesentlich mehr ist als eine Hilfswissenschaft, ein
        Instrument zur exakten Beschreibung der (anderen?) Naturwissenschaften.
(Regina Károlyi; 01/2014)
Mario Livio: "Ist Gott ein Mathematiker?
          Warum das Buch der Natur in der Sprache der Mathematik geschrieben
          ist"
        (Originaltitel "Is God a Mathematician?")
        Aus dem Englischen übersetzt
          von Susanne Kuhlmann-Krieg.
        Gebundene Ausgabe:
        C.H. Beck, 2010. 366 Seiten.
        
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        Taschenbuchausgabe:
        dtv, 2014.
        
        
            
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        Weitere Buchtipps:
          
          Michio Kaku: "Die Physik des Bewusstseins. Über die Zukunft des
          Geistes"
        Träume, die auf Video aufgenommen werden, schreiben per
        Gedankensteuerung, Querschnittgelähmte, die Gliedmaßen wieder bewegen
        können - das alles gibt es schon. In den vergangenen 15 Jahren ist durch
        die Erfindung der Kernspintomografie eine Verbindung von Physik, Technik
        und Hirnforschung
        entstanden, die unser Wissen über Gehirn und Bewusstsein im Eiltempo
        gesteigert hat. Wir stehen am Anfang einer wissenschaftlich-technischen
        Revolution, wohin wird sie uns führen?
        Der bekannte Physiker und Autor Michio Kaku gibt in diesem Buch
        faszinierende Antworten. Wir werden die Möglichkeiten unseres Gehirns
        durch die Verbindung mit Computern und anderer Technik dramatisch
        steigern lernen, werden Dinge nur mit Gedanken bewegen können und
        vielleicht sogar in die Gedanken anderer Menschen eindringen. Wir werden
        in halbrealen Welten existieren und ungeheure Mengen von Wissen
        verarbeiten. Aber wir werden auch manipulierbar.
        Welche ethischen Fragen folgen daraus? Michio
          Kaku hat sorgfältig recherchiert und unter Anderem 300 Experten
        befragt. Manche denken weit voraus: Nicht auszuschließen, dass sich
        dereinst das Bewusstsein mit Hilfe von Maschinen ganz vom Körper lösen
        lässt, um vielleicht auf  fremden Planeten spazieren zu gehen. Ein
        grandioses Panorama des Wissens! (Rowohlt)
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Christian Hesse: "Wer
          falsch rechnet, den bestraft das Leben. Das kleine Einmaleins der
          Alltagsmathematik"
        Im modernen Alltag gibt es mehr Zahlen als Worte. Big Data ist
        in aller Munde. Aber Daten muss man genauso deuten, um sie zu verstehen,
        wie Worte. Mathematikprofessor und Zahlenguru Christian Hesse zeigt,
        wie. Er enthüllt die folgenreichsten Fehlerquellen bei Zahlen, Daten und
        Statistiken, erklärt, wie sie zustande kommen und wie hier Abhilfe zu
        schaffen ist.
        Zahlen lügen nicht, könnte man denken. Doch das stimmt nicht immer. Man
        kann aus Zahlen, Daten und Statistiken auf der Hand liegende Schlüsse
        ziehen und sich dennoch ins Unrecht setzen. Lügen mit der Wahrheit
        könnte man das nennen. Hätten Sie zum Beispiel gedacht, dass sich Ihre
        Situation verschlechtern kann, wenn Sie eine zusätzliche
        Handlungsmöglichkeit eingeräumt bekommen? Das ist nur eines von vielen
        Paradoxa mit Relevanz für das tägliche Leben, die Christian Hesses Buch
        mit intelligentem Witz aufspürt und auflöst. Wer richtig rechnet, lebt
        besser und im Zweifelsfall auch länger. (C.H. Beck)
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Pedro Ferreira: "Die
          perfekte Theorie. Das Jahrhundert der Genies und der Kampf um die
          Relativitätstheorie"
        "Die perfekte Theorie" erzählt die fesselnde Geschichte der Allgemeinen
        Relativitätstheorie, angefangen von ihrer faszinierenden Entstehung über die
          erbitterten Auseinandersetzungen, die Einsteins Revolution unter
        den besten physikalischen Köpfen des 20. Jahrhunderts auslöste, bis hin
        zu ihrer womöglich noch strahlenderen Zukunft.
        Die Allgemeine Relativitätstheorie war und ist der größte Triumph der
        modernen Physik. Von dem Augenblick an, da Einstein seine Theorie im
        Jahr 1915 vorschlug, wurde sie mit Enthusiasmus, jedoch ebenso mit
        erbittertem Widerstand aufgenommen. Bis heute ist sie Anlass von Fehden,
        ideologischen Kämpfen, aber auch fruchtbarer internationaler
        Zusammenarbeit. So anschaulich wie fesselnd erzählt der renommierte
        Oxforder Astrophysiker Pedro Ferreira, wie Einsteins Theorie unser
        Verständnis vom Universum und sogar dessen prägt, was wir noch nicht
        wissen und der Entdeckung harrt. Ungeachtet ihrer großen Vergangenheit
        hat Einsteins perfekte Theorie, so Ferreira, ihre eigentliche Zukunft
        noch vor sich. (C.H. Beck)
        
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