Mina Holland: "Der kulinarische Atlas"

Eine Reise um die Welt in 95 Rezepten


"Dieses Buch ist ein Reisepass, mit dem Sie zahlreiche Länder entdecken und fremde Köstlichkeiten probieren können - ohne auch nur einen Fuß vor die eigene Küche setzen zu müssen" (S. 14).

39 Küchen der Welt werden - mit Mut zur Lücke - vorgestellt

Es war das Ansinnen der als Gastrokritikerin und Kulturjournalistin tätigen, in London ansässigen Autorin, mit ihrem ersten Buch ein Nachschlagewerk für jeden an kulinarischen Genüssen zahlreicher Regionen Interessierten zu verfassen, das bei aller Ursprungstreue genügend Freiraum für eigene Abwandlungen der präsentierten Rezepte lässt, also die kulinarische Kreativität nicht einschränkt.
Soviel vorab: Das Unterfangen darf als geglückt bezeichnet werden.

Nach der Einleitung, in der sie ihre Motivation und ihre Herangehensweise darstellt, ihre unverhohlene Begeisterung für fremde Küchen ganz allgemein, schmackhafte Reiseerinnerungen, regionalspezifische Gerichte und Zubereitungsarten zum Ausdruck bringt und dafür plädiert, andere Länder und Kulturen auch oder sogar vor allem anhand ihrer Speisen kennenzulernen, befasst sich Mina Holland im ersten Kapitel mit der "Grundausstattung" (Küchengeräte, Zutaten).

Und dann geht es auch schon los, der "Kulinarische Atlas" widmet sich der Reihe nach folgenden Themenbereichen in detaillierten Abschnitten:
Europa: "Die Rebsorten", "Frankreich", "Spanien", "Gewürzsoßen", "Portugal", "Italien", "Osteuropa", "England", "Skandinavien".
Der Nahe Osten: "Zucker, Zimt und andere Zauberzutaten", "Türkei", "Die Levante", "Israel", "Iran".
Asien: "Unterwegs auf der Gewürzstraße", "Indien", "Thailand", "Vietnam", "China", "Korea", "Japan".
Afrika: "Scharfes Zeug", "Äthiopien", "Westafrika", "Marokko".
Amerika: "Schmelztiegel", "Kalifornien", "Louisiana", "Mexiko", "Karibik", "Peru", "Brasilien", "Argentinien".
Anhang: Buchtipps, Rezeptnachweise, Danksagung, Rezeptregister.

Die einzelnen Abschnitte sind jeweils wie folgt aufgebaut: Zunächst wird ein Zitat aus einem literarischen Werk angeführt, dann umreißt Mina Holland knapp die näher behandelte Region auf wenigen Seiten allgemeinbildungstauglich hinsichtlich Land und Leuten, Essgewohnheiten, typischer Nahrungsmittel samt Produktkunde (Meeresfrüchte, Fleisch, Obst, Gemüse, Gewürze, Käse, Gebäck, ...). Die Besonderheiten bestimmter Gerichte und Getränke, geografische, historische und klimatische Gegebenheiten werden ebenso behandelt, Mina Holland schildert überdies bisweilen ihre persönlichen Erfahrungen an Ort und Stelle.
Daran anschließend werden jeweils mit Sachverstand und lüsternem Gaumen ausgewählte Rezepte (davon viele von fremder Hand, zum Teil aus anderen Kochbüchern stammend; entsprechend umfangreich fallen die "Rezeptnachweise" und "Danksagungen" aus!) präsentiert, die den Charakter der Landstriche/Länder sozusagen geschmacklich fassbar machen.

Die Rezepte sind klar und übersichtlich gestaltet, das Nachkochen zu Hause sollte somit kein Problem darstellen: Nach der Auflistung der erforderlichen Zutaten mit genauen Mengenangaben laden einfache Schritt-für-Schritt-Anleitungen zum Ausprobieren ein.

Naturgemäß wird nicht jeder Leser die sich durch das gesamte Buch ziehende inbrünstige Begeisterung der Autorin für gewisse Geschmacksrichtungen und Modeköche beiderlei Geschlechts teilen wollen, aber das Buch liefert unbestritten zahlreiche bemerkenswerte Anreize zur Bereicherung der Speisekarte in den eigenen vier Wänden. Oder auch für Reisen in Gegenden mit verlockenden kulinarischen Angeboten.

Ebenso befremdlich wie betrüblich und vor allem verzichtbar wirken Formulierungen wie "verdammt lecker" (S. 35), oder "Sarsuela ist zwar die Lagy Gaga unter den Fischeintöpfen ..." (S. 69). Auch, dass "Kräuter (...) nicht nur den Background-Chor stellen" (S. 194) sowie den Ausdruck "Dummköpfe" (S. 135) für Menschen, die keine Sardellen oder Kapern mögen, liest man mit unwilligem Kopfschütteln.
Jene Leser, die nichts gegen den oftmals flapsig-zeitgeistigen Schreibstil einzuwenden haben, werden Mina Hollands "Kulinarischen Atlas" voll und ganz schätzen können, alle anderen müssen sich mit den anregenden Rezeptideen trösten.

Das Buch bietet eine Prise launiger Reisekurzberichte und - in Zeiten omnipräsenter Kochsendungen im Fernsehen modische - exotisch wie auch vertraut anmutende Rezepte. Es passt somit hervorragend in unsere ebenso ernährungsbewusste wie kosmopolitisch angehauchte Gegenwart und stellt ein ideales Geschenk für Zeitgenossen dar, die bei guter Gelegenheit in der Küche auftrumpfen und natürlich in weiterer Folge bei Tisch für nicht alltäglichen kulinarischen Gesprächsstoff sorgen möchten.
Wie schön ist es doch, mit Gleichgesinnten über z.B. Fattousch und Fufu fachsimpeln zu können!

(Irmgard Ernst; 05/2014)


Mina Holland: "Der kulinarische Atlas. Eine Reise um die Welt in 95 Rezepten"
(Originaltitel "The Edible Atlas")
Übersetzt von Katja Hald, Friedrich Pflüger, Karin Schuler und Heike Schlatterer.
Hoffmann und Campe, 2014.  415 Seiten.
Buch bei amazon.de bestellen

Weitere Buchtipps:

Tina Nordström: "Tina kocht. Gute-Laune-Rezepte aus aller Welt"

"Jeder kann kochen, und für ein köstliches Mahl braucht man weder eine luxuriös ausgestattete Küche noch exklusive Zutaten", ist die Devise von Tina Nordström. Die quirlige Köchin aus Schweden präsentiert eine Fülle von Rezepten aus aller Welt - Alltagsgerichte, schwedische und internationale Klassiker sowie köstliche Häppchen -, immer skandinavisch leicht interpretiert und mit dem besonderen Dreh. Wie wäre es mit gegrillter Wassermelone, selbst gebeiztem Lachs mit Dill, Rinderbraten Strindberg oder Mango-Nutella-Mousse?
Die frische Leichtigkeit der Rezepte spiegelt sich auch in der Gestaltung wider: Das hochwertige Kochbuch mit atmosphärischen Fotos, fröhlichen Illustrationen und luxuriöser Ausstattung mit Farbschnitt ist ein wunderschönes Geschenk und eine Bereicherung für jede Kochbuchsammlung. Kochen mit Tina ist nicht nur lecker, sondern macht auch gute Laune. (Dorling Kindersley)
Buch bei amazon.de bestellen

Ghirmay Habton (Hrsg.), Holger Hentschel: "Kochen und Essen wie in Afrika. Rezepte der Einwanderer von Marokko bis Südafrika"
Die afrikanische Küche hat viele Köstlichkeiten zu bieten und ist doch bei uns wenig bekannt. "Kochen und Essen wie in Afrika" lädt ein, die kulinarische Vielfalt Afrikas kennenzulernen.
Gekocht haben Einwanderer von Marokko bis Südafrika, vom Senegal bis Eritrea. Entstanden ist ein afrikanisches Kochbuch, wie es bisher auf dem deutschsprachigen Buchmarkt nicht zu finden ist. "Kochen und Essen wie in Afrika" versammelt nicht nur Gerichte afrikanischen Ursprungs. Es lässt auch die Migrationserfahrungen der Köchinnen und Köche lebendig werden und versteht sich als Beitrag zur Weiterentwicklung einer multikulturellen Gesellschaft.
Die Realisierung eines derartigen Vorhabens war ein langwieriger und aufwändiger Prozess. Ziel war es, unterschiedlichste Menschen aktiv in die Arbeit an dem Buch einzubeziehen. Entstanden ist ein Werk, das auf den Reichtum der afrikanischen Küche neugierig macht. Detailliert wird über Zutaten und Zubereitung informiert. Das Buch erzählt von afrikanischen Koch- und Essgewohnheiten und gewährt Einblicke in afrikanisches Leben in Mitteleuropa. (Brandes & Apsel)
Buch bei amazon.de bestellen

Paolo Budroni, Manfred Pittioni: "Magie der Gewürze. Eine Kulturgeschichte mit 99 Rezepten"
"Eine Speise gut zuzubereiten ist eine Kunst, sie gut zu würzen ist die Vollendung."
Dieses Kochbuch bietet eine Reise durch die Zeit und durch die Geschmackskulturen, ein weiter Weg auf der seidenen Straße der Kochkünste, entlang antiker Seerouten, weitab in fernen Ländern. Sei es das Prestige oder die Lust auf exotische Aromen: Die Vorliebe für Gewürze lässt sich nicht immer rational begründen. Kontinuierlich zieht sie sich durch die Jahrhunderte bis zur heutigen Zeit.
Die beiden Autoren bieten hier einen Überblick über die Bedeutung der Gewürze in Geschichte und Esskultur sowie in unserem kulinarischen Alltag. Über die Magie, die im Zusammenhang mit vielerlei Würzmitteln immer vorhanden war - sei es nun in deren Eigenschaft als Heilmittel, Duftspender, Zauberpflanze oder Färbestoff - wird in diesem Buch ebenso nachgedacht, wie über die Kochkünste, die anhand der 99 Rezepte in feine Speisen umgesetzt werden können.
Zahlreiche Abbildungen aus dem historischen Schatz einer der ältesten wissenschaftlichen Bibliotheken der deutschsprachigen Welt ergänzen den Band. (Mandelbaum)
Buch bei amazon.de bestellen

Marianna Serena, Michael Suanjak, Beat Brechbühl, Franca Pedrazzetti: "Das Lexikon der alten Gemüsesorten. 800 Sorten - Geschichte, Merkmale, Anbau und Verwendung in der Küche"

Mit mehr als 800 Gemüsesorten und 60 Gemüsearten ist dieses Lexikon ein Standardwerk, das neue Maßstäbe setzt. Es führt auf eine Entdeckungsreise in die Welt der Kulturpflanzenvielfalt und stellt beispielsweise Safier Kartoffeln, Ochsenherztomaten, Maikönig (Kopfsalat), deutsche Riesentrauben (Kirschtomaten), die Tomate Rheinlands Ruhm oder die Znaimer Gurke vor - Gemüsesorten, die einst bei uns in Mitteleuropa verbreitet waren und heute in Vergessenheit geraten sind. Viele dieser Gemüse wie Erdbeerspinat, Kerbelrübe, Spargelbohne, Zucker- und Haferwurzel lohnt es, für den Garten und die Küche wiederzuentdecken.
Hintergrundgeschichten erzählen, woher die Gemüsesorten kommen und wie alt sie sind, wo sie angebaut wurden, wer sie entwickelt und gepflegt hat, hinzu kommen Porträts von Menschen, die heute mit diesen Raritäten arbeiten. Bei jeder Gemüsesorte ist eine Bezugsquelle angegeben. Die vorgestellten Sorten eignen sich für jeden Hausgarten, für den Anbau auf Balkonen und in Töpfen. Ein unverzichtbares Nachschlagewerk für alle Freizeitgärtnerinnen und engagierten Gemüseköche. (AT Verlag)
Buch bei amazon.de bestellen

Erich Stekovics, Julia Kospach, Peter Angerer: "Atlas der erlesenen Chilis und Paprika"
Von fruchtig mild über würzig bis feurig scharf: Die Welt der Chilis und Paprika bietet eine einzigartige Sortenvielfalt, die niemand besser kennt als Erich Stekovics. Gemeinsam mit Julia Kospach und Peter Angerer hat er sein vielfach erprobtes Expertenwissen für dieses Buch zusammengefasst: Informativ und unterhaltsam werden von A-Z Anleitungen zu Anbau, Pflege und erfolgreicher Ernte, Kurioses und Wissenswertes aus der Geschichte, die besten Sorten für Ihren Garten und Balkon sowie praktische Küchen und Verarbeitungstipps beschrieben. Für den Gaumenkitzel sorgen kreative Chili- und Paprikarezepte der besten Köche Österreichs. (Löwenzahn Verlag)
Buch bei amazon.de bestellen

Bee Wilson: "Am Beispiel der Gabel"
Kochen erfreut sich großer Beliebtheit, und Essen ist Lebensstil - jedenfalls in reichen Gesellschaften. Wir sind Produktkenner und Rezeptsammler, aber über die Gerätschaften in unseren Küchen wissen wir relativ wenig. Dabei muss die Kartoffel geschält, die Artischocke gekocht und der Pfeffer zerstoßen werden, bevor sie Teil einer Mahlzeit werden, die wir uns - zum Beispiel mit einer Gabel - in den Mund schieben.
In einem faszinierenden Streifzug durch die Kulturen der Welt widmet sich Bee Wilson, selbst passionierte Köchin mit einer Schwäche für Messbecher, den heimlichen Zelebritäten der Küche: dem Messer, dem Topf und den anderen Koch- und Esswerkzeugen. Sie führt uns von den prähistorischen Feuerstellen in Afrika bis an den Induktionsherd in mitteleuropäischen Luxusküchen. Wir sind zu Gast bei den Kochkünstlern der Zhou-Dynastie und an den Höfen der europäischen Renaissancefürsten. Wir bewundern das Kupfergeschirr in der viktorianischen Großküche und die Rationalität der "Frankfurter Küche". Und wir erfahren, wie der Kochtopf unseren Vorfahren die Zähne gerettet, der Schneebesen die Backkultur und der Kühlschrank das Leben der Menschen revolutioniert hat - wie die Gerätschaften nicht nur bestimmen, wie, sondern auch, was wir kochen und essen. Eine hinreißende Hommage auf die Kulturtechnik, die uns am Leben hält, und auf den menschlichen Erfindungsgeist. (Insel)
Buch bei amazon.de bestellen

Ein Rezeptbeispiel aus dem Buch:

Kokosnuss-Fisch-Curry


"Kerala auf dem Teller", so nennt Meera Sodha, die dieses Rezept beigesteuert hat, ihr köstliches Fischcurry, das Kokosnuss und Fisch (beide laufen hier zu ihrer Höchstform auf) in einem Topf vereint. Sie können jeden beliebigen festfleischigen weißen Fisch verwenden: Kabeljau, Seelachs oder Seeteufel. Meera bevorzugt allerdings Schellfisch.

Für 4 Personen

1Stück Ingwer (etwa 5 cm), grob gehackt
4 Knoblauchzehen, grob gehackt
1 grüne Chili, entkernt und grob gehackt
3 EL Kokos- oder Rapsöl
1 mittelgroße weiße Zwiebeln, in dünnen Scheiben
2 große rote Tomaten, geviertelt
1 1/2 TL Salz
3/4 TL Kurkuma
1/2 TL rotes Chilipulver
20 frische (oder getrocknete) Curryblätter (nach Belieben)
300 ml Kokosmilch
4 Schellfischfilets oder ein anderer fester weißer Fisch (je ca. 150-180 g ), gehäutet
1 Limette zum Servieren, geviertelt (nach Belieben)

Ingwer, Knoblauch und grünen Chili mit einer Prise grobem Salz im Mörser zu einer breiigen Masse zerstoßen.

In einer Pfanne mit Decke, die groß genug für alle Zutaten ist, das Öl bei mittlerer Temperatur erhitzen. Zwiebeln zugeben und 10-15 Minuten anbraten. Dabei immer wieder umrühren, bis die Zwiebeln eine blassgoldene Farbe angenommen haben. Ingwer, Knoblauch und Chili zugeben und weitere 2-3 Minuten braten. Dann Tomaten, Salz, Kurkuma, Chilipulver und Curryblätter (nach Belieben) dazugeben. Bei geschlossenem Deckel einige Minuten köcheln lassen.

In der Zwischenzeit die Kokosmilch mit 100 ml Wasser mischen und in die Pfanne gießen. Sobald die Milch beginnt zu kochen, die Fischfilets zugeben und bei geschlossenem Deckel ca. 5 Minuten kochen, bis der Fisch gar ist. Mit Reis und einem Spritzer Limettensaft servieren. (S. 249/250)

zurück nach oben