Bodo Kirchhoff: "Verlangen und Melancholie"


Melancholischer, philosophisch angehauchter Roman mit wenig Handlung

"(...), dass Liebe nicht stark macht, sondern eher schwach, ja im Grunde auf Schwäche beruht, Schwäche für oft nur einen Zug am anderen (...)"

Seit dem Selbstmord seiner Frau Irene ist Hinrich nicht mehr derselbe Mensch. Er verbringt Tage und Nächte damit, an Irene zu denken und das Warum ihres Suizids zu ergründen. Einzige Ablenkung ist sein Enkelsohn Malte, der kurz vor dem Abitur steht und Hinrichs Hilfe gerne annimmt.
Malte überredet Hinrich, Schwarzgeld aus der Schweiz über die Grenze zu schaffen. Dieses Abenteuer gelingt mit einigen Tricks schließlich, aber das Geld spielt für Hinrich keine große Rolle. Er braucht es selbst nicht und will damit lieber einer sehr guten Freundin helfen, die ihm in seiner Einsamkeit eine willkommene Stütze war.
Dafür begibt er sich ins Ausland. Hinrich holen immer wieder die Erinnerungen an Irene, vergangene Liebe und sein gelebtes Leben ein. Mehr in der Vergangenheit als in der Zukunft, lebt Hinrich sein Leben eher passiv.
Am Rande der Handlung gibt ein geheimnisvoller Brief mit schwarzem Rand Rätsel auf.

Der Roman erscheint wie ein literarisches Experiment: Ohne Kennzeichnung der direkten Reden, ein loses Gefüge aus innerem Monolog, Lebensphilosophie und einer minimalen Handlung. Der Titel des Buches, "Verlangen und Melancholie", könnte schon als Inhaltsangabe durchgehen. Der Protagonist lebt zwischen Vergangenheit und Gegenwart, trauert alten Zeiten nach und versucht, Antworten zu finden.

Als Leser erwartet man Kapitel für Kapitel, dass endlich der Höhepunkt seinen oder eine Wendung ihren Lauf nimmt - diese Hoffnung wird nicht erfüllt. Die knappe Handlung ist mit Erinnerungen und philosophischen Fragen aufgefüllt, die depressive Stimmung des Charakters macht das Lesen zusätzlich mühsam.
Einige Gedanken oder Handlungselemente hätten Potenzial, werden zugunsten der Quantität aber leider nur in die Länge und nicht in die Tiefe ausgebaut.
Der ganze Roman scheint sich, mit Ausnahme von ein paar Ausflügen ins Hier und Jetzt, im Inneren des Protagonisten abzuspielen.

Fazit:
Das Buch verlangt dem Leser Durchhaltevermögen ab, der Autor setzt auf ausschweifende Erinnerungen im melancholischen Grundton und nicht auf aufbauende Handlung.

(Alexandra Gölly; 09/2014)


Bodo Kirchhoff: "Verlangen und Melancholie"
Frankfurter Verlagsanstalt, 2014. 443 Seiten.
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