Daniel Glattauer: "Die Wunderübung"
Wer diese durchaus für die
Aufführung auf einer kleinen Bühne konzipierte und geschriebene Komödie
von Daniel Glattauer mit seinen früheren Büchern vergleicht und sich
nicht auf den ganz anderen Stil eines Stückes einlässt, der wird
zwangsläufig enttäuscht sein.
Er wird sich nämlich unter Umständen nicht auf die absolut gelungene
Mischung zwischen einer durchaus alltäglichen Beziehungskrise eines
Ehepaars und dessen Geschichte sowie die hintergründige und
pfiffig-distanzierte Beschreibung eines Beratungsprozesses, wie er so
oder ähnlich tatsächlich ablaufen könnte, einlassen können.
Tatsächlich habe ich während meiner langjährigen Tätigkeit als
Organisationsberater und Supervisor fast alle die Methoden und
Interventionen angewandt, oft auch mit Erfolg, die der in diesem Stück
als "Berater" bezeichnete Paartherapeut
benutzt, um dem zerstrittenen Paar zu helfen, eine Lösung für seine
Konflikte zu finden.
Die Beratung beginnt nahezu klassisch: Mit gegenseitigen Vorwürfen und
der Unfähigkeit, einander wirklich zuzuhören. Auch an einer
schönen Übung, bei welcher der Mann, er heißt Valentin, die geschlossene
Faust seiner Frau namens Joana, versuchen soll zu öffnen, (sie soll das
in Wut, Kränkung, Zorn und Trauer verschlossene Herz der Frau
symbolisieren), scheitert er. Aber seine Frau zeigt sich gleichfalls
wenig kooperativ.
Der Berater verzweifelt irgendwann und rettet sich in eine
Beratungspause. Nach dieser kommt er seltsam verändert zurück, schaut
dauernd auf sein Mobiltelefon und vollführt fremdartige Gesten der
Geistesabwesenheit. Diese Veränderung wiederum verändert die ganze
bisherige Situation und motiviert Valentin und Joana auf einmal zu
sorgenvollem Bemühen wegen des veränderten Verhaltens ihres Beraters.
Was ist mit ihm los? Hat er Probleme?
Das vorher zerstrittene Ehepaar zieht nun an einem Strang und will genau
wissen, was mit dem niedergeschlagenen Berater los ist. Sie wissen
nicht, dass dieser zu seiner "Wunderübung", einer paradoxen
Intervention, gegriffen hat.
Wie die aber genau aussieht, wird hier nicht verraten; nur so viel, dass
sie vollkommen überraschend ist und auch ich nicht mit einem solchen
Ende gerechnet hatte.
Resümee:
Eine köstliche Komödie, die den Schauspielern, die sie aufführen sollen,
einiges abverlangt und die ich sehr gerne einmal in einem kleinen
Theater sehen würde.
(Winfried Stanzick; 06/2014)
Daniel Glattauer: "Die Wunderübung"
Deuticke, 2014. 112 Seiten.
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Ein weiteres Buch des Autors:
"Geschenkt"
Gerold Plassek ist Journalist bei einer Gratiszeitung. Bei ihm im Büro
sitzt der vierzehnjährige Manuel, dessen Mutter im Ausland arbeitet. Er
beobachtet Gerold beim
Nichtstun und ahnt nicht, dass dieser Versager sein Vater ist.
Gerold fehlt jeder Antrieb, die Stammkneipe ist sein Wohnzimmer und der
Alkohol
sein verlässlichster Freund. Plötzlich kommt Bewegung in sein Leben:
Nach dem Erscheinen seines Artikels über eine überfüllte
Obdachlosenschlafstätte trifft dort eine anonyme Geldspende ein. Das ist
der Beginn einer Serie von Wohltaten, durch die Gerold immer mehr in den
Blickpunkt der Öffentlichkeit rückt. Und langsam beginnt auch Manuel,
ihn zu mögen ...
Ein so spannender wie anrührender Roman, der auf einer wahren
Begebenheit beruht. (Deuticke)
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