Peter-Matthias Gaede: "GEO Epoche 1914"

GEO Epoche Nr. 51


Das Schicksalsjahr des 20. Jahrhunderts

Hundert Jahre ist es jetzt her, dass in Sarajevo ein junger Anarchist auf den österreichischen Thronfolger geschossen und damit im diplomatischen Pulverfass Europa den entscheidenden Funken eingebracht hat. Überall in der Welt werden in diesem Jahr Feierlichkeiten zu diesem Ereignis und den heldenhaften Soldaten stattfinden und auch zum Gedenken an all die Gefallenen und Verwundeten. Bereits jetzt hört man hier und dort Hurra-patriotische Reden.

Hundert Jahre, das heißt aber auch, dass die Augen- und Ohrenzeugen, die direkt Betroffenen, größtenteils tot sind. Ja, jene, die sich an das Jahr 1914 mehr oder minder bewusst erinnern können, dürften zusammen einen sehr kleinen Raum füllen. Wie war also dieses "Schicksalsjahr des 20. Jahrhunderts?"

"GEO-Epoche" versucht, dies zu beantworten, indem es uns das Jahr gründlich von Anfang an darstellt. Dies beginnt mit der Art, wie Menschen in der ganzen Welt den Jahreswechsel 1913/14 begangen haben, gefolgt von einer der beliebten Fotoserien, wie man sie von "GEO" kennt. Im Weiteren werden dann wichtige Personen in Kultur und Geschichte vorgestellt, wie Kaiser Wilhelm II., Charlie Chaplin, Franz Kafka und Henry Ford.

Andere Artikel beschäftigen sich mit der deutschen Kolonialgeschichte bis 1914, dem Winter 1914, dem Besuch des britischen Königs in Paris, dem letzten kampffreien Frühling und schließlich mit dem Attentat sowie den außen- und innenpolitischen Mechanismen, welche dieses in Bewegung gesetzt hat, bis hin zum endgültigen Kriegsausbruch.

Im Anschluss daran folgen Darstellungen zur Schlacht an der Marne, zu den Schützengräben und zum Weihnachtsfrieden von 1914. In einem abschließenden Interview setzt sich der australische Historiker Christopher Clerk mit der Schuldfrage im Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg auseinander, die ja schließlich einen nicht ganz geringen Einfluss auf den Zweiten Weltkrieg haben sollte. Wie immer, endet auch dieses Heft mit einer umfänglich kommentierten Zeitleiste.

Alles in allem bietet das Magazin eine überaus gelungene Sammlung mit einem breit gefächerten Informationsangebot. Natürlich hätte man Anderes und Andere auswählen können, oder das Ausgewählte anders präsentieren, aber als Einstieg in eine Beschäftigung mit dem Jahr 1914 und dem Ersten Weltkrieg ist auch dieses Heft wieder eine gelungene Arbeit.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 03/2014)


Peter-Matthias Gaede: "GEO Epoche 1914"
Gruner & Jahr, 2014. 173 Seiten.
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Einige Buchtipps:

Michael Geyer, Helmut Lethen, Lutz Musner (Hrsg.): "Zeitalter der Gewalt. Zur Geopolitik und Psychopolitik des Ersten Weltkriegs"

Im Ersten Weltkrieg suchten die westlichen Demokratien ihre liberalen Errungenschaften gegen die Mittelmächte zu verteidigen. Der Krieg wurde jedoch zur elementaren Zäsur für das 20. Jahrhundert und wies voraus auf spätere totalitäre Gewaltexzesse. Die Autorinnen und Autoren beleuchten die vielfältigen Verwerfungen im Zeitraum von 1900 bis 1930: die politisch-räumliche und ethnische Neuordnung Europas, die daraus resultierenden gesellschaftlichen Umwälzungen auch über Europas Grenzen hinaus und die Neumodellierung von Identitäten. Denn die Schlachtfelder des "Großen Krieges" gerieten zu Geburtsstätten "neuer Menschen" - von Pazifisten wie emanzipierten Frauen, Bolschewisten wie Faschisten. Man erwartete nichts weniger als eine radikal umgestaltete Gesellschaft und einen historischen Zeitenbruch. (Campus)
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Brigitte Hamann: "Der Erste Weltkrieg. Wahrheit und Lüge in Bildern und Texten"
Diese einzigartige Sammlung von Dokumenten ordnet Brigitte Hamann den viereinhalb Kriegsjahren zu und erklärt durch kurze Texte und Bildlegenden das Geschehen. Es entsteht ein unmittelbares, authentisches Bild vom Alltag des Krieges, des ersten modernen, der niemanden verschonte. Nicht um Schlachten geht es, nicht um die große Politik, sondern um den einzelnen Menschen, der als Soldat oder "an der Heimatfront" überleben will. Nicht zuletzt geht es um die mörderische Propaganda, die massive Irreführung durch Politiker und Militärs, die den Krieg erst möglich macht. Wer immer versuchen möchte, in die einzigartige Atmosphäre jener Zeit einzutauchen, wer spüren will, wie "es wirklich gewesen" ist, muss dieses Buch lesen. (Piper)
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G
regor Mayer: "Verschwörung in Sarajevo. Triumph und Tod des Attentäters Gavrilo Princip"
Sarajevo, 28. Juni 1914: Der serbische Gymnasiast Gavrilo Princip erschießt den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand und dessen Gattin. Das Attentat dient der Habsburgermonarchie als Anlass, um Serbien anzugreifen - und führt damit geradewegs in den Ersten Weltkrieg. Was trieb den Todesschützen von Sarajevo an, was radikalisierte ihn und ließ ihn zum Attentäter werden? Im Mittelpunkt stehen Phänomene mit verblüffendem Aktualitätsgehalt: Okkupation, gescheiterte Staaten, Terrorismus.
Gregor Mayer zieht Parallelen zwischen der damaligen weltpolitischen Unübersichtlichkeit - ihren dramatischen Umbrüchen und Modernisierungsängsten - und der heutigen Zeit. (Residenz)
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Tillmann Bendikowski: "Sommer 1914. Zwischen Begeisterung und Angst - wie Deutsche den Kriegsbeginn erlebten"

Kriegsbegeisterung - das war bisher die vorherrschende Einschätzung über die Einstellung der Deutschen zu Kriegsbeginn. Doch haben die Menschen wirklich den Krieg freudig begrüßt, sind die Männer erwartungsvoll ausgerückt? Tillmann Bendikowski greift die Zweifel der aktuellen Geschichtsforschung auf und zeigt den Ausbruch des Ersten Weltkrieges aus der Perspektive derjenigen, die diese Zeit erlebten. Er macht sich auf die Suche nach den vielschichtigen Erwartungen und Empfindungen, mit denen Menschen damals auf Kriegsgefahr und Kriegsausbruch reagierten. Er begleitet fünf Deutsche - den Kaiser, einen Historiker, einen jungen Journalisten, eine Lehrerin und einen Lyriker - durch die Sommermonate des Jahres 1914. In dieser kurzen Zeit veränderte sich das Leben in Europa grundlegend. Verunsicherung, Angst und Leid breiteten sich aus. Die Deutschen wussten früh, welche Schrecken ihnen bevorstanden. (C. Bertelsmann)
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Geert Buelens: "Europas Dichter und der Erste Weltkrieg"
Im sonnenüberfluteten Europa entflammte im Sommer 1914 eine bis dahin beispiellose Form von Kriegshysterie. Millionen Männer zogen singend an die Front. Dichter standen dabei überall in vorderster Linie. Englische war poets und deutsche Expressionisten, französische Dadaisten und russische Futuristen, flämische, ungarische, baltische Akteure kämpften nicht nur mit der Waffe, sondern auch mit dem Wort. Innerhalb der europäischen Nationen und ethnischen Volksgruppen wogten nationales oder befreiungsbewegtes Pathos, Internationalismus und weltrevolutionäre Emphase, Desillusion, Hass und Verzweiflung unrhythmisch auf und nieder.
Geert Buelens liefert mit seinem mehrfach ausgezeichneten Buch ein wahrhaft europäisches Panorama, nicht nur der Lyrik des frühen 20. Jahrhunderts, sondern auch und vor allem der Menschen, die sie schrieben. Er bezieht dabei neben bekannten Protagonisten wie Pessoa, Majakowski, Marinetti, Apollinaire, Trakl, Sassoon auch viele andere, weniger bekannte Dichter mit ein. "Europas Dichter und der Erste Weltkrieg" ist eine beeindruckend umfassende, engagierte Studie über die gesellschaftliche Tragweite von Literatur, ein temperamentvoll und mit literarischer Ambition geschriebenes Stück Mentalitäts-, Kultur-, Kriegs- und politischer Geschichte. (Suhrkamp)
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Ludwig Winder: "Der Thronfolger"
Ein Franz-Ferdinand-Roman.
Sonntag, 28. Juni 1914, 10:45h, Sarajevo, Ecke Franz-Joseph-Straße/Appelkai: Mit zwei Pistolenschüssen tötet der neunzehnjährige Gavrilo Princip den Thronfolger Franz Ferdinand und dessen Frau Sophie. Einen Monat später erklärt Österreich dem Königreich Serbien jenen Krieg, der den Ersten Weltkrieg auslöst. Franz Ferdinand d'Este, Neffe des Kaisers Franz Joseph, war ein Tyrann, scheu und voller Menschenverachtung, der den Tod des Monarchen Franz Joseph herbeisehnte und widersprüchliche Staatspläne entwarf. In diesem biografischen Roman, der nach Erscheinen 1937 sofort verboten wurde, verdammt Ludwig Winder seinen armseligen Helden jedoch nicht, sondern zeigt, wie erstarrt das habsburgische Hofzeremoniell war. (Zsolnay)
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Richard van Emden: "Mit dem Feind leben. Alltag im Ersten Weltkrieg"

Ein Fußballspiel zwischen den Frontlinien, eine ungenehmigte Waffenruhe und gemeinsames Feiern am Heiligen Abend 1914: Deutsche und Alliierte begegneten sich im Ersten Weltkrieg nicht nur als Feinde. Anhand bislang unveröffentlichter Zeugnisse, Briefe und Tagebücher spürt Richard van Emden viele solcher unerwarteten Momente auf, in denen sie sich als Menschen ohne Waffen gegenüber stehen. Er zeichnet viele persönliche Schicksale nach und zeigt, welche Auswirkungen der Erste Weltkrieg für den Einzelnen und das Zusammenleben im Alltag abseits der Front hatte. (Hoffmann und Campe)
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"Über den Feldern. Der Erste Weltkrieg in großen Erzählungen der Weltliteratur"
Im Westen nichts Neues? Von wegen! Der Erste Weltkrieg lieferte Geschichten ohne Ende, ob in West oder Ost, Nord oder Süd, und Erzähler von Weltrang machten daraus wahrhaft große Literatur. Der vorliegende Band präsentiert erstmals quer über alle Fronten hinweg Glanzstücke moderner Prosakunst. Sie beleuchten menschliche Abgründe, zeigen aber auch berührende Hoffnungs- und Glücksmomente im Schatten des großen Kriegs.
Die Jahre 1914 bis 1918 endlich in angemessener Vielstimmigkeit, grenzüberschreitend und völkerumfassend dargestellt - darin liegt der einzigartige Reiz dieses Buchs. Autoren und erstaunlich viele Autorinnen von Weltrang loten emotionale Untiefen und Widersprüche aus, schildern Pathos und Phlegma, Entsetzen und Stolz, Grauen und Enthusiasmus. Mehr als achtzig künstlerisch faszinierende Prosastücke bieten, was man andernorts vergebens sucht: ein universelles Epochenpanorama und vielfältigste Einblicke in jene welthistorische Tragödie, die draußen auf den Feldern und drinnen in den Seelen tobte. (Manesse)
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Jörn Leonhard: "Die Büchse der Pandora. Geschichte des Ersten Weltkriegs"
Diese Gesamtgeschichte des Ersten Weltkriegs ist konkurrenzlos. Noch nie wurde die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts so vielschichtig erzählt: europäisch vergleichend, global in der Perspektive, souverän in der Darstellung. Jörn Leonhards grandiose Synthese entfaltet ein beeindruckendes Panorama. Sie zeigt, wie die Welt in den Krieg hineinging und wie sie aus ihm als eine völlig andere wieder herauskam. Sie nimmt nicht nur die Staaten und Nationen in den Blick, sondern auch die Imperien in Europa und weit darüber hinaus. Sie beschreibt die dynamische Veränderung der Handlungsspielräume, die rasanten militärischen Entwicklungen und die immer rascheren Wandlungen der Kriegsgesellschaften. Und sie lässt die Erfahrungen ganz unterschiedlicher Zeitgenossen wieder lebendig werden: von Militärs, Politikern und Schriftstellern, Männern und Frauen, Soldaten und Arbeitern. Doch die Gewalterfahrungen des Weltkrieges endeten nicht mit den Friedensverträgen nach 1918, sondern setzten sich in Europa und der ganzen Welt im Namen neuer Ordnungsvorstellungen und radikaler Ideologien fort - so als wäre damals die Büchse der Pandora geöffnet worden, jenes Schreckensgefäß der antiken Mythologie, aus dem alle Übel der Welt entwichen, als man gegen den Rat der Götter seinen Deckel hob. (C.H. Beck)
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Christoph Poschenrieder: "Das Sandkorn"
Ein Mann streut Sand aus Süditalien auf den Straßen von Berlin aus. In Zeiten des Kriegs ist solch ein Verhalten nicht nur seltsam, sondern verdächtig. Der Kommissar, der den kuriosen Fall übernimmt, stößt unter dem Sand auf eine Geschichte von Liebe und Tabu zwischen zwei Männern und einer Frau. Ein Zeitbild von 1914, aus drei ungewöhnlichen Perspektiven.
Es sind die letzten Tage des Kaiserreichs, an der Schwelle zum Ersten Weltkrieg. Jacob Tolmeyn, Kunsthistoriker aus Berlin, befürchtet, wegen seiner Homosexualität erpresst und verfolgt zu werden, und nimmt einen Forschungsauftrag in Süditalien an, weit weg vom gefährlichen Großstadtkiez. Doch auch unter der apulischen Sonne, bei der Vermessung der staufischen Kastelle zusammen mit seinem Assistenten Beat unter der Aufsicht von Letizia, steht er bald vor demselben Problem. Muss er nun auch in Italien vor Denunzianten zittern? Zurück in Deutschland, gerät er trotz aller Vorsichtsmaßnahmen in die Fänge eines Berliner Kommissars - eines Spürhunds, der einer Fährte aus Sand folgt, die Tolmeyn selbst gelegt hat. (Diogenes) zur Rezension ...
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