Susanna Tamaro: "Mein Herz ruft deinen Namen"
Ihr Roman "Geh, wohin dein
Herz dich trägt" sowie die nach zwölf Jahren geschriebene Fortsetzung "Erhöre
mein Flehen" haben der italienischen Schriftstellerin Susanna
Tamaro auch im deutschsprachigen Raum zu Bekanntheit verholfen. In ihren
bei uns weniger bekannt gewordenen Büchern aus den letzten beiden
Jahrzehnten hat sie sich ebenso immer wieder mit einer ganz eigenen,
poetisch-spirituellen Sprache mit der Liebe auseinandergesetzt und mit
ihrem Verlust durch den Tod oder durch eigene Schuld. Versöhnung und
Frieden mit der eigenen Vergangenheit als wichtige Voraussetzungen für
ein glückliches und sinnvolles Leben sind weitere Themen, die immer
wieder in ihren Büchern auftauchen. Die Suche und das Fragen nach Gott,
die sie ausdrücklich und zwischen den Zeilen thematisiert, haben ihr
manchmal den Ruf einer "katholischen", also nicht ganz ernst zu
nehmenden Autorin eingebracht.
Auch ihr Roman "Mein Herz ruft deinen Namen" zeigt, wie ungerecht und
banausenhaft ein solches Urteil ist. Susanna Tamaro lässt darin den
Ich-Erzähler Matteo zu Wort kommen, der nach dem tödlichen Unfall seiner
Liebsten seinen Beruf als angesehener Kardiologe aufgibt und sich in
eine kleine einsame Berghütte mitten im Wald zurückzieht, wo er ein
recht eigenbrötlerisches Leben führt. Gelegentlich verirrt sich ein
einzelner Wanderer zu ihm, manch einer bleibt auch ein paar Tage, doch
die meisten ziehen angesichts seiner schweigsamen Art schnell weiter.
Er sucht nach Antworten, die ihm seine quälenden Fragen auflösen, die
seine Sehnsucht nach der über alles geliebten Frau stillen könnten. Und
wie in einem langen Brief an sie rekapituliert er sein Leben. In vielen
Rückblenden führt Susanna Tamaro den Leser hinein in Matteos aufregende
Vergangenheit, ein Leben, das, so begreift er in einem langen,
schmerzhaften und spirituellen Prozess, letztendlich dort enden musste,
wo er sich jetzt befindet: in einer einsamen Hütte auf einem Berg mitten
im Wald.
Susanna Tamaro, in ihrem Heimatland anno 2011 mit diesem Buch quasi
"wiederentdeckt", hat ein schönes, ein berührendes Buch geschrieben
voller Weisheit, Poesie, Liebe und Spiritualität, das den Leser mit
seiner schlichten Sprache gefangennimmt. Eine der zentralen Botschaften
lässt sie Matteos Vater in einem Brief an ihn so formulieren:
"Nicht die Dinge, die wir tun, verleihen unseren Tagen Qualität,
sondern wie wir sie tun. Deshalb müssen wir sie immer auf die
menschlichste, beste Weise tun. In jeder einzelnen Geste muss Größe
und Würde liegen. Man darf sich nie klein machen lassen, nie
erniedrigen lassen, denn das Leben ist wie das Meer:
Es gibt windstille Augenblicke, und es gibt Stürme; in beiden Fällen
muss man sich bewusst sein, dass es das Wichtigste ist, aufrecht auf
der Kommandobrücke zu stehen."
Ein Buch, das mit der genialen theologischen Weisheit endet: "Gott
ist ein Kind, dem man die Windeln wechseln muss."
(Winfried Stanzick; 04/2013)
Susanna Tamaro: "Mein Herz ruft deinen
Namen"
Übersetzt von Maja Pflug.
Piper, 2013. 224 Seiten.
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Ein weiteres Buch der
Autorin:
"Ein jeder Engel ist schrecklich. Eine Kindheit"
Das Kind ist hochsensibel und extrem schüchtern. Hübsch ist es auch
nicht. Vom Bruder fast sadistisch gequält, von den Eltern weitgehend
vernachlässigt - Susanna Tamaros Triester Kindheit ist alles andere als
glücklich. Was das junge Mädchen rettet, ist die Liebe zur Literatur und
die Entdeckung, dass die Welt (trotz allem) einfach überwältigend schön
ist.
Ein autobiografischer Roman, der erzählt, wie Susanna Tamaro zu einer so
wunderbaren Schriftstellerin und einem so besonderen Menschen wurde.
(Piper) zur
Rezension ...
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