Yuval Noah Harari: "Eine kurze Geschichte der Menschheit"
Der Mensch - Krone der
Schöpfung oder lediglich eine Katastrophe für die Natur?
Drei große Revolutionen prägten die nun etwa zwei Millionen Jahre
währende Geschichte der Menschheit: Die kognitive Revolution vor circa
70.000 Jahren, die landwirtschaftliche Revolution vor rund 12.000 Jahren
und schließlich die wissenschaftliche Revolution, die vor knapp 500
Jahren in Gang kam. Diese Einteilung jedenfalls legt Yuval Noah Harari
seiner Geschichte der Menschheit zugrunde.
Teil 1 seines Buches befasst sich denn auch ausführlich mit der
kognitiven Revolution. Entscheidenden Anteil an dieser kognitiven
Revolution hatte laut Harari die Entwicklung einer Sprache,
mit deren Hilfe fiktive, realitätsferne Begriffe und Dinge beschrieben
werden konnten. In diesen alten Tagen und auch noch lange danach schien
die Welt noch in Ordnung, und der Mensch lebte tatsächlich in Einklang
mit der Natur, was sich allerdings bald ändern sollte.
Seit Beginn der landwirtschaftlichen Revolution (Hauptthema des zweiten
Teils vorliegenden Buches) nämlich zieht sich wie ein roter Faden die
Zerstörung der Umwelt durch die Geschichte der Menschheit. Eine
systematische Ausrottung zahlreicher Tier- und Pflanzenarten war Folge
der beginnenden landwirtschaftlichen Revolution, und der Autor bricht
mit der romantisch-naiven Vorstellung, unsere bäuerlichen Vorfahren
hätten im Einklang mit der Natur gelebt, was bei den frühen Jägern und
Sammlern immerhin noch der Fall gewesen war.
Eine zweite, weit verbreitete jedoch irrige Annahme stellt Harari
richtig, indem er aufzeigt, dass die Entwicklung der Landwirtschaft
nicht nur fatal für große Teile der Flora und Fauna war, sondern auch
keineswegs für ein angenehmeres Leben der Menschheit gesorgt hatte,
vielmehr war ganz augenscheinlich das Gegenteil der Fall. Und darauf
bezogen überschreibt er das fünfte Kapitel, das dieses Thema behandelt
dann auch mit "Der größte Betrug der Geschichte".
Zwischen den zweiten Teil seines Buches (landwirtschaftliche Revolution)
und Teil 4 (wissenschaftliche Revolution) schiebt Yuval Noah Harari noch
einen dritten Teil ein, der mit "Vereinigung der Menschheit"
überschrieben ist. Dieser Teil handelt von der Ausbildung der Kulturen,
dem Aufkommen eines universellen Zahlungsmittels, des Geldes, und vom
Entstehen und Vergehen von Weltreichen. Ein spezielles Kapitel des
dritten Buchteils ist der Religion gewidmet. Dabei macht der Autor offen
Front gegen die Religionen, besonders suspekt scheint ihm die
christliche Religion zu sein. Hier ein kurzes aber typisches Zitat, das
die despektierliche Haltung des Autors gegenüber den großen Religionen
zum Ausdruck bringt: "Nach zwei Jahrtausenden der Hirnwäsche durch
die monotheistischen Religionen ..."
Im vierten und letzten Hauptteil des Buches wird schließlich die
wissenschaftliche Revolution abgehandelt. Das eigentlich Revolutionäre
daran war, dass die Menschen sich nicht mehr im Besitz der Wahrheit
glaubten und sich offen eingestanden, die wichtigsten Fragen wohl
niemals beantworten zu können, wohingegen sich die Wissenstraditionen
des Christentums, des Islams und anderer großer Religionen sehr wohl im
Besitz einer absoluten Wahrheit wähnten.
Wie aber ist es um die Zukunft des Menschen bestellt? Nach Ansicht des
Autors sieht diese Zukunft eher düster aus, zumindest für die große
Masse der Menschen, die Reichen und Mächtigen werden sich möglicherweise
in gar nicht so ferner Zukunft Unsterblichkeit erkaufen können,
allerdings um den Preis, abgeschottet von allen Neidern in Bunkern oder
Raumstationen dahinzuvegetieren. Die Menschen werden nach Hararis
Visionen regelrecht zu Göttern mutieren, die Natur manipulieren etc.,
falls nicht eine Naturkatastrophe oder ein Atomkrieg dazwischenfunken
sollte. Die Natur könnte also jederzeit zurückschlagen und ihre
Souveränität unter Beweis stellen. Und einschränkend schreibt der Autor
auch einige Zeilen weiter: "Wir können nicht in die Zukunft blicken,
und es wäre schon sehr verwunderlich, wenn die Vorhersagen der letzten
Seiten alle eintreffen würden." Dem kann man wohl uneingeschränkt
zustimmen.
Trotzdem geht eine Gewalt und Hoffnungslosigkeit vom Buch aus, die den
Leser unmittelbar an seinen eigenen Wurzeln packt. Wurzeln, die laut
Harari einer planlosen Nichtigkeit entkeimten, um später (nach dem Tode)
der Leere des absoluten Vergessens anheimzufallen. Hararis Geschichte
der Menschheit ist ein nüchternes Buch mit pessimistischer Grundtendenz,
zugleich ein respektvoller Angriff auf die Fundamente religiöser
Weltanschauungen. Ein wenig negativ stieß mir auch das unverhohlene
Autoritätsgehabe des Autors auf.
Als Fazit bleibt zu konstatieren, dass das Buch streckenweise wohl recht
interessant zu lesen, doch im Grunde überflüssig ist, ein typischer
Erfolgstitel eben. Sie haben nichts verpasst, wenn Sie es nicht gelesen
haben, dafür aber wertvolle Zeit eingespart.
(Werner Fletcher; 12/2013)
Yuval Noah Harari: "Eine kurze Geschichte
der Menschheit"
(Originaltitel "From Animals into Gods: A Brief History of Humankind")
Übersetzt von Jürgen Neubauer.
DVA, 2013. 526 Seiten.
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Yuval Harari, geboren 1976,
ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem.
Er hat sich auf Universalgeschichte spezialisiert und veröffentlicht
eine regelmäßige Kolumne in "Haaretz". Sein Buch "Eine kurze Geschichte
der Menschheit" wurde bei seinem Erscheinen in Israel 2011 ein großer
Erfolg. Im November 2012 wurde Harari mit 25 weiteren
Nachwuchswissenschaftlern in die neugegründete "Junge israelische
Akademie der Wissenschaften" gewählt.
Weitere Buchtipps:
Dr. Alice Roberts (Hrsg.): "Die Anfänge der Menschheit. Vom aufrechten
Gang bis zu den frühen Hochkulturen"
Dieses imposante Werk dokumentiert mit mehr als 800 Abbildungen die
Geschichte der menschlichen Evolution.
Dabei geht es nicht nur um die biologische, sondern auch um die
kulturelle Entwicklung bis zu den frühen Hochkulturen.
Was aßen unsere Vorfahren? Wie bewegten sie sich? Was für Krankheiten
hatten sie? Steinwerkzeuge, Knochenornamente und die ersten
Höhlenmalereien erlauben einen Blick in die Kultur der ersten Menschen.
Beeindruckende Schädelrekonstruktionen von den niederländischen
Präparatoren und Künstlern Adrie und Alfons Kennis erwecken unsere
Vorfahren zum Leben und halten uns die Schritte der Evolution vor Augen.
Das Buch ist in fünf Abschnitte gegliedert:
Die Erdgeschichte und Suche nach unseren Ahnen. Verschiedene
wissenschaftliche Disziplinen wie die Archäologie, die Anthropologie und
die Evolutionsbiologie helfen, Fossilien und andere Überreste längst
vergangener Zeiten zu verstehen.
Evolution und ihre Systematik: Wie entwickelten sich die Primaten?
Ein ausführlicher Katalog der verschiedenen Hominiden wird vorgestellt -
vom Australopithecus über den Homo erectus bis zum Homo sapiens.
Die Verbreitung der ersten Menschen wird untersucht.
Der Schritt vom Jäger
und Sammler zur Sesshaftigkeit und dem Übergang in die Bronzezeit.
(Dorling Kindersley)
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Svante Pääbo: "Die
Neandertaler und wir. Meine Suche nach den Urzeit-Genen"
Die aufregende Geschichte der
Entschlüsselung des Neandertalergenoms
- und das lebendige Porträt der neuen Wissenschaft der Paläogenetik.
In einer folgenreichen Nacht im Jahre 1996 gelang Svante Pääbo die
Entschlüsselung der ersten DNA-Sequenzen eines Neandertalers. Eine
Sensation! Die verblüffenden Erkenntnisse revolutionierten unser Bild
von der Entwicklung des Homo sapiens. Jetzt erzählt der preisgekrönte
Wissenschaftler seine persönliche Geschichte und verschränkt sie mit der
Geschichte des neuen Gebiets, das er maßgeblich mitentwickelte: der
Paläogenetik - von den ersten Analysen an altägyptischen Mumien bis hin
zu Mammuts,
Höhlenbären und Riesenfaultieren. Ein faszinierender Blick hinter die
Kulissen der Spitzenforschung in Deutschland und der spannende
Entwicklungsroman einer Wissenschaft, deren Ergebnisse vor wenigen
Jahrzehnten noch niemand erahnen konnte. (S. Fischer')
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Hansjörg Küster: "Am
Anfang war das Korn. Eine andere Geschichte der Menschheit"
Die Geschichte der Menschheit lässt sich als eine Geschichte der
Entdeckungen, der Eroberungen oder der Aufklärung erzählen. Hansjörg
Küster lehrt uns in diesem bedeutenden Buch einen anderen Blick: Der
Mensch ist, was er sät und erntet. Kultivierung ist der Akt der
Menschwerdung schlechthin. Um Kulturpflanzen anzubauen, wurden Menschen
sesshaft; sie wurden Bauern, die sich die Erde untertan machten, wie es
in der Bibel heißt.
Landwirtschaft und Kulturpflanzenanbau entwickelten sich an mehreren
Orten der Erde etwa zur gleichen Zeit, aber unabhängig voneinander: in
Vorderasien, in Südostasien, an verschiedenen Orten in Afrika, in
Mittel- und Südamerika. Um den Anbau von Korn, Hülsenfrüchten
und Ölpflanzen zu ermöglichen, musste die Umwelt teilweise stark
verändert werden. An den großen Strömen des Orients brauchte man eine
künstliche Bewässerung. Sie funktionierte nur, wenn eine weit
entwickelte öffentliche Verwaltung vorhanden war. Man schuf staatliche
Strukturen und die Schrift. Kulturpflanzen wie Weizen und Roggen, Erbse
und Linse, Mais und
Kartoffel
sowie die vielen Gewürze sind aber auch Vorboten der Globalisierung.
Schon vor Jahrtausenden wurden Kulturpflanzen und die Techniken ihres
Anbaus zwischen den Zentren der kulturellen Entwicklung ausgetauscht.
Weizen aus dem Orient gelangte nach China, von dort aber kam die
Technik, Bäume zu veredeln, bereits im Altertum nach Europa. (C.H. Beck)
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Michael
Schmidt-Salomon: "Hoffnung Mensch. Eine bessere Welt ist möglich"
Der Mensch ist das mitfühlendste, klügste, fantasiebegabteste,
humorvollste Tier auf diesem Planeten. Er hat Kunstwerke von
atemberaubender Schönheit hervorgebracht und raffinierteste Methoden
entwickelt, um die Geheimnisse des Universums zu lüften. Nie zuvor gab
es ein Lebewesen, das sich so aufopferungsvoll um Kranke
und Schwache kümmerte, das so unermüdlich für Freiheit und Gerechtigkeit
kämpfte - trotz aller Niederlagen. Über
die dunkle Seite der Menschheit ist viel geschrieben worden, ihre
Sonnenseite fiel meist unter den Tisch. Dieses Buch zeigt sie auf. Eine
Liebeserklärung an unsere oft verkannte Spezies, die es wert ist, dass
wir uns für sie engagieren, statt vorauseilend vor der Irrationalität
der Welt zu kapitulieren. (Piper)
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