Ute Woltron: "Warum schmecken Maulbeeren am besten nackt?"

Selbstgemachte Köstlichkeiten aus Natur & Garten


Von nackten Maulbeeren und anderen Genüssen.
Oder wie man sich experimentell durch Natur und Garten kostet.


Packende Buchtitel zu finden, ist eine schwierige Angelegenheit. Wie soll man wohl das tausendste Garten-Pflanzen-Koch-Buch nennen, um das Interesse einer geneigten Leserschaft zu wecken? Vielleicht "Warum schmecken Maulbeeren am besten nackt?" Warum auch nicht, das ist es, dachten vermutlich Verlag und Autorin mit einem Seufzer der Erleichterung. Und jetzt liegt es an uns, den Lesern, herauszufinden, was das bedeuten könnte. Buch und Titel liegen nun vor mir, und ich lese, blättere, schaue, ohne eine Spur von Antwort auf diese originelle Frage zu finden.  Stattdessen stolpere ich über bekanntes wie unbekanntes Gemüse, über Radieschen und Tripmadam, Austernpflanze und Rattenschwanzradieschen, Tomatillos und Palmkohl. Und das erweckt tatsächlich meine Neugier.

"Selbstgemachte Köstlichkeiten aus Natur und Garten" lautet der Untertitel dieses Buches der österreichischen Garten- und Koch-Journalistin bzw. Autorin Ute Woltron, die mit leichter Feder und viel Begeisterung auf kulinarische Entdeckungsreise durch Wald und Flur, wie es so schön heißt, aufbricht. Profaner ausgedrückt handelt es sich natürlich um Terrasse und Garten, und letztlich um Züchtungserfolge neuartiger Samen, die aus dicken Samenkatalogen geordert worden sind. So werden entlang dem Lauf der Jahreszeiten meist nicht alltägliche Pflanzen vorgestellt, deren Verwendung und Genuss entweder vergessen oder bei uns unbekannt sind. In kurzen Artikeln erzählt die Autorin nicht nur Interessantes über Herkunft und Gebrauch, sondern reicht auch bereitwillig und launig ihre eigenen Erfahrungen weiter, gibt Tipps zu Aufzucht und Pflege, hat Trost für gärtnerische Misserfolge parat und rundet schließlich diese Vorstellung mit Fotos und ein oder zwei Rezeptideen ab. Ihre kulinarische Experimentierlust scheint jedenfalls unerschöpflich zu sein. Kapern aus Gänseblümchen? Oder lieber eine römische Ampfersuppe probieren? Aus Süßdolden wird eine Sauce zum Fisch kreiert, die Blütenknospen der Taglilien (!) werden in Tempura-Teig ausgebacken, Apfelbeeren und Indianernessel verarbeitet, ungewöhnliche Kräutersorten wie Tulsi-Basilikum, Anis-Ysop oder Kreta-Oregano verkostet. Ein wahres Loblied singt sie über den Chinesischen Surenbaum, der von Baumschulen noch als "besonders hübscher Parkbaum" bezeichnet, aber auch als Gemüsebaum bekannt ist, dessen jungen Blätter und Triebe ein köstliches Gemüse abgeben sollen. Mit einem Geschmack zwischen "Maggi" und Knoblauch, aber in Wirklichkeit unbeschreibbar sei, befindet die Autorin, weshalb man ihn, den Baum, einfach am besten verkostet.

Es ist eine recht ungewöhnliche Geschmacksreise, zu der Ute Woltron einlädt. In erster Linie geht es dabei um ein neugieriges, vorurteilsfreies Entdecken und Experimentieren, um Lust und Liebe zur Sache (nach einem Zitat von Michel de Montaigne), um bewussten Genuss und Achtsamkeit unserer Umwelt gegenüber. Und all das ohne moralischen Zeigefinger. Woltron hat absolut nichts Missionarisches an sich, es geht ihr nicht um das richtige Leben, sie ist keine Besserwisserin, sondern eine, die ihre Leidenschaft weitergeben will und der das auch bestens gelingt.

"Warum schmecken Maulbeeren am besten nackt?" ist das Nachfolgebuch von "99 Genüsse, die man nicht kaufen kann", das im Jahr 2011 erschienen ist. Dort geht es um die bekannteren Gemüse- und Obstsorten, vom Holunder und Rhabarber über Ribisel, über Borretsch und Estragon bis zur Kartoffel, Zwetschke, Apfel und Vogelbeere. Aber egal, ob es sich um Spezialitäten aus Asien oder aus Europa handelt, beides muss getestet, ausprobiert und gekostet werden.

Ute Woltron ist studierte Architektin, arbeitete als Architektur-, Wirtschafts- und Reisejournalistin und wurde im Laufe der Zeit zu einer der interessantesten Garten-Natur-Koch-Schreiberinnen Österreichs. Neben ihren Büchern und Kolumnen betreibt sie auch eine wunderbare, herrlich inspirierende Netzseite (http://www.utewoltron.at), die in ihre Welt des Denkens, Beobachtens und Schreibens verführt. Kurz gesagt: witzig, pragmatisch, gescheit.

(Brigitte Lichtenberger-Fenz; 02/2013)


Ute Woltron: "Warum schmecken Maulbeeren am besten nackt?
Selbstgemachte Köstlichkeiten aus Natur & Garten"

Brandstätter Verlag, 2013. 160 Seiten.
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Weitere Bücher der Autorin:

"Menschen sind auch nur Gärtner. Freche Gartengeschichten"

Kennen Sie das befreiende Gefühl, wenn man über Pleiten, Pech und Pannen Anderer lachen darf? Ute Woltrons hochkomische Gartengeschichten haben genau diesen kathartischen Effekt: Denn liest man, wie es ihr gelungen ist, die genügsame Kapuzinerkresse zu morden, wie es in ihrem Biotop zu einer wundersamen Goldfischvermehrung kam, oder welch kosmetische Katastrophe eine echte Gärtnerpranke eigentlich darstellt, nimmt man die eigenen gärtnerischen Tiefschläge sofort gelassener hin.
Ute Woltron besitzt einen rund 3.000 Quadratmeter großen Garten; dieser ist ihr wichtigster Wohn- und Arbeitsraum. Ihr persönlicher Erfahrungsschatz liest sich höchst unterhaltsam und hält eine Menge Wissenswertes für Anfänger und Profis bereit: die besten Tomaten-, Kartoffel- oder Marillensorten werden ebenso verraten wie die schönsten Rosenarten, von Kraut & Unkraut, von nützlichem & schädlichem Getier (und davon, wie man es politisch korrekt bekämpft!) erzählen diese Kurzgeschichten, die all jenen Gärtnern Mut machen, die gar nicht perfekt sein wollen.
Denn: "Wenig Unwahrscheinlicheres gibt es als einen perfekten Garten- und die Gewissheit, dass das Ziel des Gärtners ein solcher nie sein kann, gibt uns Kraft für die Ewigkeit." (Brandstätter)
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"99 Genüsse, die man nicht kaufen kann. Selbstgemachte Köstlichkeiten aus Natur und Garten"
Es gibt viele Genüsse, die man nicht kaufen kann. Manche davon aber kann man, nein, muss man selbst machen! Und siehe da, der Genuss beginnt nicht erst beim Verzehr von Köstlichkeiten wie kandierten Veilchen oder Lavendelparfait, Rosenmehl oder Mirabellenchutney - die Freude an diesen Dingen beginnt schon beim Sammeln, Gärtnern, Ernten, Einkochen, Gläser befüllen, Etiketten verzieren, Verkosten - und Verschenken.
Ute Woltron ist eine begeisterte Selbermacherin, gut, dass sie endlich nicht nur ihr gärtnerisches, sondern auch ihr kulinarisches Wissen mit uns teilt. Sie erklärt uns, wie man Löwenzahnhonig und Liebstöckelpesto herstellt, aber auch, warum man das unbedingt tun sollte.
Beschenken Sie sich selbst, indem Sie sich wieder Zeit nehmen für die wahren Genüsse des Lebens. Und verschenken Sie dann die Früchte dieser gut genützten Lebenszeit: Denn wer wäre nicht glücklich über ein Fläschchen köstlichen Zitronenverbenenlikörs oder ein Gläschen himmlischer Schlehenmarmelade? (Brandstätter)
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