Donna Leon: "Tierische Profite"
Commissario Brunettis einundzwanzigster Fall
Kriminalroman mit Tiefgang und Gefühl - berührend, bestechend,
begeisternd
Commissario Brunettis einundzwanzigster Fall beginnt mit einer
aufgedunsenen Wasserleiche, die frühmorgens in einem der zahlreichen
venezianischen Kanäle gefunden wird - doch ertrunken ist der Tote nicht.
Das Mordopfer hat, aufgrund einer seltenen Krankheit, die meist
Alkoholiker oder Drogensüchtige befällt, eine auffällige Gestalt, an die
sich der Commissario zu erinnern glaubt. Zumindest kennt Brunetti trotz
der geschlossenen Augen des Opfers dessen Augenfarbe. Seine Ermittlungen
führen ihn immer wieder zu "tierisch verdächtigen" Vorkommnissen auf
einem Schlachthof. Außerdem muss sich Brunetti mit Bestechung, Gier,
Niedertracht und Lügen herumschlagen. Doch dies kann den erfahrenen
Commissario di Polizia nicht aufhalten oder gar aus der Bahn werfen.
Abstand von seiner oft betrüblichen Arbeit findet Guido Brunetti während
Kaffeepausen und Mittagessen mit Ispettore Lorenzo Vianello sowie vor
allem bei seiner Familie. Gedanken über das Leben und seine Bewältigung
tauscht er gerne mit seiner Frau Paola bei gutem Essen und mehreren
Gläschen Wein aus. Die Schilderungen der Spezialitäten, mit denen die
Charaktere verwöhnt werden, macht auch dem Leser Appetit auf die
italienische Küche.
Sein harmonisches Familienleben bildet eine große Stütze für den
Commissario und veranlasst ihn an so manchem Diensttag, früher
Feierabend zu machen. Doch der raffinierte Polizist verliert nie sein
Ziel, Verbrecher zur Strecke zu bringen, aus den Augen und hat immer
noch ein Ass im Ärmel. Verdächtige können den begnadeten Ermittler kaum
durchschauen, denn er ist ihnen meist schon einen Schritt voraus.
Durch die aufopferungsvolle und nicht immer legale Mitarbeit seiner
Kollegen und Signorina Elettra gelingt es dem fähigen Commissario, ein
Puzzlestückchen nach dem anderen zu einem vollständigen Tatmotiv und
Tathergang zusammenzufügen. Sein nervenaufreibender Vorgesetzter, der
Brunetti oft und gerne das Leben erschwert, ist selten eine
Unterstützung. Für seine Ermittlungen muss Brunetti mitunter Opfer
bringen, die ihm und Vianello ganz schön auf Magen und Gemüt schlagen.
Eingebettet in das gemütliche und charmante Flair der typisch
italienischen Stadt Venedig kann Donna Leon ihrer blühenden,
wundervollen Fantasie freien Lauf lassen. Dieser packende, toll
geschriebene Kriminalroman überzeugt mit Natürlichkeit,
Einfühlungsvermögen und Spannung. In selbstverständlichen Situationen
des Tages begleitet man den Commissario bei Fragen des Lebens, wie jeder
von uns sie sich stellt. Alltagsphilosophie und grundlegende Gedanken zu
menschlichen Handlungen und wie weit diese gehen oder gehen dürfen
passen ausgezeichnet in dieses weitere Meisterwerk der in Venedig
lebenden Erfolgsautorin.
Sie zeichnet ein durchaus realistisches Bild der italienischen
Gesellschaft, behandelt aktuelle Themen und übt durch ihren Commissario
Kritik an Politik, Regierung und dem organisierten Verbrechen.
Wie die meisten "Brunetti"-Romane ist auch dieser unterhaltsam; ohne
Commissario Guido Brunetti wäre die Welt der Literatur eine ärmere.
"Tierische Profite" ist jedenfalls auch für Leon-Neueinsteiger geeignet.
Zum Schmunzeln, Nachdenken und Mitfiebern; es ist für jeden
Krimiliebhaber etwas dabei, aber auch Krimiskeptiker werden sich an
diesem Buch erfreuen können, denn die Autorin verzichtet auf schaurige
und grausame Schilderungen über Leichen und Tathergang und büßt dennoch
kein bisschen an Authentizität, Faszination und Spannung ein.
Wer Donna Leons Brunetti bereits einmal beim Aufklären seiner Verbrechen
begleitet hat, wird auch diesen Fall lieben - und wer ihn noch nicht
kennt, wird ihn in diesem Roman lieben lernen.
(Alexandra Gölly; 06/2013)
Donna
Leon: "Tierische Profite. Commissario Brunettis
einundzwanzigster Fall"
(Originaltitel "Beastly Things")
Übersetzt
von Werner Schmitz.
Diogenes, 2013. 327 Seiten.
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Ein weiteres
Buch der Autorin:
"Gondola. Geschichten, Bilder und Lieder"
Das Geschenkbuch für "Brunetti"-Liebhaber: In Venedigs Blütezeit gab es
bis zu 10 000 Gondeln und eigene Gondellieder. Donna Leon erzählt
Erstaunliches. Altvenezianische Gondellieder des Ensembles "Il Pomo
d'Oro" auf der beiliegenden CD, mit einer exklusiven Zugabe von Cecilia
Bartoli. Reich illustriert mit wunderschönen Bildern u.A. von
Carpaccio und Canaletto.
Wüssten Sie, wie eine Gondel gebaut wird? Einem Freund von Donna Leon
ist das Kunststück gelungen. Einen Schatz von Anekdoten und
Wissenswertem breitet die Venedigkennerin vor uns aus, illustriert mit
bunten Bildern. Während der Blütezeit der Serenissima, im 17. und 18.
Jahrhundert, kam der europäische Adel zu ausschweifenden
Karnevalsfestlichkeiten herbei. Besucher und Bewohner lauschten damals
begeistert den Gondelliedern. Eine Auswahl von "Canzoni da battello"
findet sich auf der beiliegenden CD, umrahmt von barocker Kammermusik.
Der Sänger Vincenzo Capezzuto und das Ensemble "Il Pomo d'Oro" bringen
die wunderbaren Melodien mit Texten in venezianischem Dialekt auf
historischen Instrumenten zum Klingen unter der Leitung von Riccardo
Minasi. (Diogenes)
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