Patrick Findeis: "Wo wir uns finden"


Von Vater und Sohn, Liebe und Schuld

Schon in seinem vielbeachteten und von der Kritik sehr gelobten Debütroman "Kein schöner Land" hat der 1975 geborene und in Berlin lebende Schriftsteller Patrick Findeis einen fast unlösbaren Konflikt zwischen den Generationen beschrieben.

Auch für seinen zweiten Roman "Wo wir uns finden" hat er einen Titel gewählt, der ein altes Volkslied zitiert und schon damit wieder den fast schmerzhaften Widerspruch zwischen einer romantischen Verheißung und der Zerstörung der Außen- und Innenwelt seiner Protagonisten deutlich macht.

In insgesamt vier Kapiteln mit vielen Vor- und Rückblenden, welche die Aufmerksamkeit des Lesers erfordern, erzählt Findeis in "Wo wir uns finden" die Geschichte vom verlorenen Sohn aus dem Lukasevangelium auf seine Weise. Und zwar zunächst aus dem Blickwinkel des alt gewordenen Vaters Josef. Weil er für die Kredite seines Sohnes, der sich aus dem Staub gemacht hat, gebürgt hat, wird sein kleines Haus verpfändet. Arm und abgestumpft sucht er Hilfsarbeiten und erinnert sich verbittert an die Zeit, als er mit seinem noch kleinen Sohn Siggi gespielt und seine Frau unterstützt und auch später sowohl sein Studium als auch seine ersten beruflichen  Schritte finanziert hatte. Mittlerweile kann er die Enttäuschung und die Wut gar nicht mehr spüren.

In einem auch sprachlich verwirrenden Rückblick blendet Findeis dann eine Geschichte aus Siggis Kindheit, aus welcher der Leser die genauen Zusammenhänge über Siggis verstorbene Mutter erfährt, ein.

Und auch gegen Ende des Romans, als der nach Amerika geflüchtete Siggi seine schwangere Freundin verlässt, die nächsten beiden Leben zerstört und nach Hause zurückkehrt, wo er aber natürlich nie richtig ankommen kann, verweigert Patrick Findeis konsequent das glückliche Ende.

Es muss wohl an der eigenen, dem Rezensenten freilich unbekannten, Lebensgeschichte des Autors liegen, dass er in seinen beiden Roman positive, lebensbejahende, hoffnungsvolle Ansätze ausschließt. In seiner Sicht der Welt sind wir Menschen verdammt, immer wieder die gleichen Fehler zu machen und das, was im Leben schön sein könnte, zu zerstören.

Es ist diese Unfähigkeit zu lieben, an der auch die in "Wo wir uns finden" beschriebene Vater-Sohn-Beziehung leidet und sie schließlich auffrisst bis zur Unkenntlichkeit.
Insofern war die Lektüre auch des zweiten Romans von Patrick Findeis für den bei aller Kritikfähigkeit doch sehr lebensfrohen und immer optimistischen Rezensenten keine ganz leichte Kost.

(Winfried Stanzick; 02/2013)


Patrick Findeis: "Wo wir uns finden"
DVA, 2012. 208 Seiten.
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