Nataša Dragnić: "Immer wieder das Meer"
Mit ihrem Roman "Jeden Tag,
jede Stunde" war Nataša Dragnić eines der bemerkenswertesten Debüts der
letzten Jahre gelungen, betrachtet man den deutschsprachigen Buchmarkt.
Die früher in Kroatien ansässige und seit 1994 in Erlangen lebende
Dozentin Nataša Dragnić entführte ihre Leser in ihrem Buch in eine
wunderbare und gleichzeitig traurige Geschichte zweier Menschen, die
einander ein Leben lang lieben und es doch so schwer haben, wirklich
zueinander zu finden.
Es war ein zauberhafter und sprachmächtiger Liebesroman, der von innen
heraus seine poetische Kraft und seine emotionale Dimension erschuf und
sich nicht umsonst mehr als einhunderttausend Mal verkaufte.
So wartete man als begeisterter Leser gespannt auf den Nachfolger, der
unter dem Titel "Immer wieder das Meer" erschienen ist. Es handelt sich
um eine sehr gelungene Mischung aus einer komplizierten
Familiengeschichte mit drei Schwestern in den Hauptrollen und einer
nicht weniger komplexen und für den Leser lange undurchsichtigen
Liebesgeschichte.
Von den 1980er-Jahren bis in die aktuelle Gegenwart erstreckt sich der
Handlungsrahmen. In den Hauptrollen die drei Schwestern Alessi. Roberta
ist die älteste, studiert Medizin und lebt dann in San Francisco. Lucia,
etwas jünger, ist eine erfolgreiche Bankdame und lebt in ihrer
Heimatstadt
in
der Toskana. Nannina, eine Nachzüglerin, ist nach dem Abitur zu
ihrer Großmutter nach München gezogen, wo sie als Übersetzerin arbeitet.
Es sind moderne und emanzipierte Lebensentwürfe, die alle drei
Schwestern leben, mit Erfahrungen mit unterschiedlichen Männern. Doch
einer hat es ihnen allen nacheinander angetan: Der italienische Dichter
Alessandro Lang, (über den man im Übrigen relativ wenig erfährt), tritt
zu unterschiedlichen Zeiten in das Leben jeder einzelnen Schwester und
bringt es durcheinander.
Lange Zeit wissen die Schwestern nicht, dass auch die jeweils anderen
Beziehungen zu Lang unterhalten bzw. unterhielten.
Obwohl der Leser schon zu Beginn des Buches erfährt: "Heute heirate
ich Alessandro Lang, den berühmten italienischen Dichter", bleibt
bis kurz vor dem Ende völlig unklar, welche der drei Schwester hier die
glückliche Erzählerin ist.
Offen bleibt auch bis zum Ende, ob diese Heirat dem bislang zwar nicht
ungetrübten, aber immer offenen und herzlichen Verhältnis der drei
Schwestern untereinander schaden wird, oder nicht.
Dazwischen wird eine gleichermaßen spannende wie bewegende Geschichte
erzählt, die von Liebe und Tod, von Vertrauen und Verrat, von
glücklichen und traurigen Tagen handelt.
Mit einer dichten und poetischen Sprache, die man schon während des
ersten Buches zu schätzen gelernt hat, schafft es Nataša Dragnić, schwer
fassbare Emotionen in Worte zu kleiden. Immer wieder eingebaute, oft
sehr plötzliche Zeitsprünge fordern dem Leser einiges an Aufmerksamkeit
ab, die er aber gern für ein Buch, das aufgrund seiner sprachlichen
Schönheit verzaubert, aufbringt.
(Winfried Stanzick; 07/2013)
Nataša Dragnić: "Immer wieder das Meer"
DVA, 2013. 368 Seiten.
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Nataša Dragnić
wurde 1965 in Split, Kroatien, geboren. Nach dem Germanistik- und
Romanistikstudium in Zagreb schloss sie eine Diplomatenausbildung ab.
Seit 1994 lebt sie in Erlangen und war viele Jahre als freiberufliche
Fremdsprachen- und Literaturdozentin tätig. Ihr Debütroman "Jeden Tag,
jede Stunde" fand viele begeisterte Leser und war national wie
international ein Verkaufserfolg; das Buch erschien in rund 30 Sprachen:
"Jeden Tag, jede Stunde"
Sechzehn Jahre haben Dora und Luka einander nicht mehr gesehen, obwohl
sie einmal unzertrennlich waren: Wunderschöne Sommertage verbrachten sie
als Kinder miteinander, am Felsenstrand des kleinen kroatischen
Fischerdorfes, in dem sie aufwuchsen. Doch dann zogen Doras Eltern nach
Frankreich, und Luka blieb allein zurück. Als Mittzwanziger treffen sie
sich nun überraschend in
Paris wieder, und es ist klar: Sie gehören einfach zusammen. Drei
glückliche Monate folgen, aus denen ein gemeinsames Leben werden soll;
nur kurz will Luka in die Heimat zurück, um ein paar Dinge in Ordnung zu
bringen - und dann meldet er sich nicht mehr.
"Jeden Tag, jede Stunde" ist eine jener außergewöhnlichen
Liebesgeschichten, die zugleich zeitlos und modern sind: zeitlos in
ihrem Glauben an die Vorbestimmtheit, mit der zwei Menschen ein
Schicksal teilen, und modern in ihrem Wissen, dass das Leben sich als
viel schwieriger erweist. Ein Liebesroman, wie er sein sollte: poetisch,
von großer emotionaler Strahlkraft, mitreißend erzählt. (btb)
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Noch ein
Lektüretipp:
David
Abulafia: "Das Mittelmeer. Eine Biografie"
Die Geschichte des Mittelmeeres ist die Geschichte unserer Zivilisation.
Das großartige, opulente Werk zur Geschichte des Mittelmeers - seit mehr
als 3000 Jahren ist das Mittelmeer eines der Zentren der zivilisierten
Welt. An seiner geografischen Achse entscheiden sich bereits zu
Zeiten Trojas politische und kulturelle Neuerungen, die von
weltpolitischer Bedeutung sind. Von hier aus werden neue Reiche erobert,
Grenzen verschoben, Weltanschauungen durchgesetzt, Irrfahrten begangen,
es gab Schrecken, Kriege, Fehden, Erstürmungen und Tragödien. Aber es
existiert ebenso die andere Seite, und diese besteht aus der
unvergleichlichen Geschichte eines Dialog verschiedener Kulturen,
Identitäten, Politiken, Wissenschaften, Handel und Religionen entlang
der Küsten des Gewässers, für das die
Römer noch den einen, allbezeichnenden Namen hatten: Mare Nostrum.
Abulafia schlägt einen Bogen durch Raum und Zeit und zeigt, wie das
Mittelmeer zu eben jenem kraftvollen Ort wurde, an dem sich die
Geschichte der Menschheit auf einzigartige Weise widerspiegelt. Ein
aufsehenerregendes Werk mit einem reichen Farbbildteil. (S. Fischer)
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