E.O. Wilson: "Die soziale Eroberung der Erde"
Eine biologische Geschichte des Menschen
Was
den Menschen biologisch so erfolgreich macht
Woher kommen wir? Was sind wir? Wohin gehen wir?
Explizit hat der Maler Gauguin
zum ersten Mal dieses Fragenpaket aufgeworfen. Doch die Menschen
befassen sich schon wesentlich länger mit sich selbst und tun sich
schwer, herauszufinden, wie und warum sie so geworden sind, wie sie
sind.
E. O. Wilson gehört zu den größten Biologen und gilt als Begründer der
Soziobiologie; nicht zufällig sind Ameisen sein Spezialgebiet. Soziale
Insekten treten denn auch im hier besprochenen Buch des Öfteren auf,
sind doch auch sie aus evolutionsbiologischer Sicht extrem erfolgreich.
Zunächst erläutert der Autor den "Sinn" der hoch organisierten
Vergemeinschaftung von Lebewesen, wie man sie beim Menschen, aber auch bei den
Ameisen und Bienen
findet. Im zweiten Abschnitt geht es um die Frage "Woher kommen wir?",
also die Evolution des Menschen von seinen Säuger- und speziell
Primatenvorfahren her. Die Entwicklung hin zum anatomisch modernen
Menschen und die Auswanderung aus Afrika, die schließlich zur Eroberung
aller bewohnbaren Kontinente führte, weiß Wilson sehr anschaulich
darzulegen.
Der dritte Abschnitt befasst sich im Gegenzug mit der Evolution und dem
Verhalten der sozialen Insekten, das vierte Kapitel ist der Eusozialität
im Ganzen sowie den Gemeinsamkeiten der Insektengemeinschaften mit den
menschlichen und natürlich auch den durchaus eklatanten Unterschieden
gewidmet, zu denen nicht nur die Unterdrückung der Fortpflanzung aller
Weibchen außer der Königin gehört.
Es folgt die Frage "Was sind wir?", die zahlreiche Unterthemen wie die
so genannte Natur des Menschen sowie die Entstehung und Entwicklung von
Sprache, Kultur, Moral und Religion einschließt. Im Kapitel "Wohin gehen
wir?" schließlich plädiert der Autor für eine neue Stufe der Aufklärung
und bietet einen spannenden und anregenden Ausblick in die Zukunft.
Ein ausführlicher Anhang schließt das Buch ab.
Bei der Beantwortung der genannten Fragen beziehungsweise der
Auseinandersetzung mit den Themen zieht der Autor aktuelle Erkenntnisse
aus der Wissenschaft heran, so etwa Genanalysen, mittels derer sich die
Expansionsbewegungen des Menschen bei seinem Exodus aus Afrika sehr gut
nachvollziehen lassen, und die archäologische und paläontologische
Befunde teils ergänzen, teils unterstützen. Wilson begutachtet den
Menschen aus den unterschiedlichsten Perspektiven und zeigt auf, dass
die Entwicklung unserer Spezies keineswegs vorgezeichnet war, wenngleich
sie logisch verlief; sie hing immer wieder an einem seidenen Faden,
dessen Reißen das Aussterben unserer Art oder ihrer Vorgänger bedeutet
hätte.
Warum letztlich sowohl der eusoziale Mensch als auch die eusozialen
Insekten so erfolgreich sind, dass sie sich praktisch auf dem gesamten
Festland mit Ausnahme der Antarktis ausgebreitet und ihm ihren Stempel
aufgedrückt haben - im Falle des Menschen geht die Einflussnahme noch
deutlich darüber hinaus: die Lösung dieses Rätsels bedarf in der Tat
einer gründlichen und vergleichenden Analyse, die Wilson differenziert
vornimmt, sodass sich schließlich ein sehr schlüssiges,
nachvollziehbares Gesamtbild abzeichnet, ein Mosaik aus einer Vielzahl
erforderlicher Steinchen.
Die im Buch aufgegriffenen Themen und Fragestellungen dürften die
meisten sachbuchaffinen Menschen interessieren, und E. O. Wilson
diskutiert und beantwortet sie für den Laien bemerkenswert gut
nachvollziehbar, dabei auch durchaus spannend. "Die soziale Eroberung
der Erde" gehört zu den Büchern, die den an einem umfassenden
Verständnis des Lebens Interessierten enorm bereichern und ihre Spuren
hinterlassen, zumal der Biologe Wilson weit über seinen fachlichen
Tellerrand hinausschaut und Kunst, Kultur, Geschichte, Religion,
Philosophie und etliche andere Bereiche sachkundig mit einbezieht.
Daher eine ganz starke Empfehlung.
(Regina Károlyi; 03/2013)
E.O. Wilson: "Die soziale Eroberung der
Erde.
Eine biologische Geschichte des Menschen"
(Originaltitel "The Social Conquest of Earth")
Übersetzt von Elsbeth Ranke.
C.H. Beck, 2013. 384 Seiten.
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Der berühmte Biologe Edward
Osborne Wilson oder kurz E. O. Wilson (geboren 1929) forscht und lehrt
als emeritierter Professor über Umwelt, Tierverhalten, Evolution
und Biodiversität. Sein Spezialgebiet ist die Erforschung des
Zusammenlebens der Ameisen; international bekannt wurde er auch als
Begründer der Soziobiologie. Unter seinen vielen wissenschaftlichen
Auszeichnungen findet sich der "Crafoord-Preis" der Königlich
Schwedischen Akademie der Wissenschaften, der weltweit renommierteste
Preis für Ökologie. Für seine Veröffentlichungen erhielt er zweimal den
"Pulitzer-Preis" in der Kategorie Sachbuch.
Ein weiteres Buch des Autors:
"Ameisenroman"
"Was zum Teufel machst du hier?", schnauzt Frogman Raff Cody an,
als der Junge gutgläubig das Grundstück des angeblichen Mörders betritt.
Gerade einmal fünfzehn Jahre alt, möchte Raff zusammen mit seinem Cousin
Junior nur eines: einen Blick auf Frogmans sagenhaften Alligator werfen,
von dem es heißt, er sei mit seinen über vier Metern der größte der
Welt.
So beginnt die Geschichte des "Ameisenromans", der die aufregenden
Abenteuer eines Huckleberry Finn unserer Tage erzählt. Raffs
Forscherdrang macht ihn zum Zeugen der Entstehung und Zerstörung von
vier Ameisenvölkern, deren Geschichten "Epen auf einem Picknickplatz"
gleichen. In der "Ameisenchronik", Raffs Abschlussarbeit am College und
zugleich das literarische Herzstück des Romans, wird von ihnen
berichtet.
Trotz seiner vielversprechenden Anfänge als Naturforscher entscheidet
sich Raff für ein Jurastudium in Harvard. Und bald wartet eine große
Herausforderung auf ihn: Ein Immobilienunternehmen will sich die
Nokobee-Wildnis seiner Jugend unter den Nagel reißen. In einem
atemberaubenden Ende, das kein Leser so leicht vergisst, bekommt er es
mit den wütenden und korrupten Geistern eines alten Südens zu tun, den
er längst untergegangen glaubte.
"Ameisenroman" ist eine raffinierte Mischung aus Spannungsliteratur,
Familiensaga und Parabel. Er fasziniert nicht nur durch die
verblüffenden Wendungen und bestürzenden Enthüllungen seiner Geschichte,
sondern vermittelt seinen Lesern auch neue Einsichten in den Sinn des Lebens und
Überlebens in unserer sich rasch verändernden Welt. (C.H. Beck)
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