Christine Liew: "Geschichte Japans"
Ein anschaulicher
Überblick
Die Autorin hat lange Zeit in Japan gelebt und sich in dieses Land auch
beruflich eingearbeitet, so dass man hier auf eine seriöse Darstellung
zugreifen kann. In der vorderen Klappe findet sich eine Karte Japans mit
einer weiteren, die zeigt, wo Okinawa und die übrigen Inseln im
Ostchinesischen Meer liegen. Die Rückenklappe bietet eine Zeittafel der
Geschichte Japans von 35.0000 v. Chr. bis in das Jahr 2011, die
aufgeteilt ist in Herrscher, historische Ereignisse, Kultur und Religion
sowie Wirtschaft, Gesellschaft und Technik, die durch eine Farbkodierung
sehr überschaubar strukturiert ist. Außerdem findet man am Ende des
Buchs ein Register und eine Bibliografie. Soweit alles sehr hilfreich.
Nach einem Vorwort beschreibt das Buch die Geschichte der Besiedlung und
Entwicklung Japans ab etwa 10.000 v. Chr. in den Abschnitten
"Frühgeschichte" (10.000-300 v. Chr. /Jōmon; 300 v.-300 n. Chr./Yagoi),
"Altertum" (250-710/Yamoto; 710-794/Nara, 794-1185/Heian), "Mittelalter"
(1185-1333/Kamakura; 1333-1568/Muromachi; 1467-1603/Sengoku & Azuchi
Momoyama), "Frühe Neuzeit“ (1603-1868/Edo) und "Neuzeit"
(1868-1912/Meiji; 1912-1926/Taishō; 1926-1989/Shōwa - mit einer
Zusatzunterteilung für die Nachkriegszeit, 1989 bis heute Heisei) bis
etwa Ende 2011 und schließt die Präsentation mit einer Darstellung der
ausländischen und der jungen Japaner ab. Interessant ist es, während der
Lektüre zu sehen, wie in Europa im Vergleich die Epochengrenzen
verlaufen sind, denn daran zeigt sich sehr deutlich, welchen Weg Japan
seit Ende des 19. Jahrhunderts zurückgelegt hat.
Die Veranschaulichung ist in der Regel sehr stringent und kompakt, so
dass sich das Buch in erster Linie als Nachschlagewerk und weniger zum
durchgehenden Lesen eignet. Eher erzählerische Einschübe sind kurz
gehalten, und so wirkt "Geschichte Japans" insgesamt eher nüchtern.
Zwischendurch gibt es immer wieder Passagen mit erweiternden
Informationen, die im Übrigen im Inhaltsverzeichnis dankenswerterweise
separat markiert sind, zu den Abschnittsinhalten und eine große Anzahl
an passend ausgesuchten und platzierten Fotos wie auch Illustrationen.
Ein wenig störend fallen die folgenden Aspekte ins Gewicht:
Grammatik, Wortwahl und auch Satzbau sind stellenweise nicht geglückt,
was während der Lektüre stutzen lässt.
Die Inhalte der Informationskästen finden sich teilweise wortwörtlich im
daneben, darunter oder auf einer anderen Seite stehenden Fließtext
wieder.
Ansonsten handelt es sich jedoch um ein zum Thema sehr informatives
Buch, das, auch aufgrund seiner Bibliografie, eine gute Ausgangslage für
eine tiefergehende Beschäftigung mit der japanischen Geschichte und
ihren Einzelaspekten darstellt.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 09/2012)
Christine Liew: "Geschichte Japans"
Theiss-Verlag, 2012. 184. Seiten.
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Noch ein Buchtipp:
Takemitsu Morikawa: "Japanizität aus dem Geist der europäischen
Romantik. Der interkulturelle Vermittler Mori Ogai und die
Reorganisierung des japanischen 'Selbstbildes' in der Weltgesellschaft
um 1900"
Seit der Öffnung des Landes in der Mitte des 19. Jahrhunderts bewegte
sich Japan rasant auf dem Weg zur industrialisierten Weltmacht. Das dort
seit den 1890er-Jahren durch Mori
Ogai aus Europa "eingeführte" romantische Syndrom jedoch
verzauberte insbesondere die jungen Intellektuellen und trieb sie zur
Suche nach der japanischen kulturellen Identität an. Ziel war es, nach
innen die gesamte Bevölkerung zu integrieren und nach außen das Land vom
"Westen" unterscheidbar zu machen - und zwar paradoxerweise im Geist der
europäischen Romantik.
Takemitsu Morikawa geht diesen bemerkenswerten Entwicklungen auf den
Grund und zeichnet die Entstehung und die Kanonisierung des
vermeintlichen Selbstbildes des modernen
Japan nach. (Transcript)
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