Erwin Kotányi, Gerd Wolfgang Sievers: "In 80 Gewürzen um die Welt"

Das Handbuch der Gewürze mit Rezepten und Kulturgeschichten


Ein Muss für alle, die Fadesse in Küche und Buchregal fürchten!

Erwin Kotányi, in vierter Generation Firmeninhaber, feiert die ersten 130 Jahre des Familienunternehmens mit einem prächtigen Bildband. Der Aufstieg des österreichischen Marktführers unter den Gewürzhändlern begann mit Paprikapulver, das der Urgroßvater János im südungarischen Szeged und bald auch in der Wiener Filiale mahlen ließ.

Man kennt Firmenchroniken und Jubiläumsschriften, die wenig mehr zu bieten haben als eine Aneinanderreihung von Jubelmeldungen. Kotányi aber konzentriert sich auf seine Produkte. Er reduziert die Firmengeschichte auf sechs bilderreiche Seiten - lässt dabei allerdings die höchst interessante Geschichte von Arisierung und Restituierung aus - und lädt zu einer würzigen Weltreise ein.

Zuerst führt die Gewürztour nach Osten, zum Mohn aus der Ukraine, zum ursprünglich russischen Estragon und weiter nach Ost- (Wasabi aus Japan, Ingwer aus China) und Südasien, wo der sprichwörtliche Pfeffer gut gedeiht, aber auch Sternanis, Kurkuma, Kardamom. Über Amerika (Chili, Vanille, Piment) geht es weiter nach England (Minze), Nordeuropa (Wacholder) und in den Mittelmeerraum, dem fast die Hälfte des Buches gewidmet ist. Man denke an Salbei, Thymian, Rosmarin, Raute und viele andere Köstlichkeiten aus der mediterranen Küche. (Knoblauch und Oliven waren aber schon vor der Weltumrundung in Ostrichtung an der Reihe; sie stammen aus dem Kaukasus.) Schließlich endet die Reise in Österreich bei genuin heimatlichen Geschmäckern, dem alpinen Schabziegerklee, beim früher als Arme-Leute-Gemüse bekannten Bärlauch und dem Kümmel, der aus der Wiener Küche nicht wegzudenken ist.

Ja, es gibt österreichische Gewürze! Schon der Safran, der nach den Angaben im Buch aus Kreta stammt, wurde und wird bei uns angebaut. Es gibt auch kein anderes Land, in dem der am Balkan heimische scharfe Pfahlwurzler, der Kren, so beliebt ist wie bei uns. Er kam unter Anderem über die jüdische Tradition der Bitterkräuter beim Paschamahl nach Österreich und vor allem in die Steiermark, wo er als geschützte geografische Angabe in EU-Verordnungen eingetragen wurde.

Was aber ist der oben genannte Schabziegerklee? Nur in wenigen Alpengebieten hat die Verwendung der getrockneten Pflanzen dieser Hülsenfrüchtler Tradition. Im Ostschweizer Kanton Glarus wird Schabzigerklee, der leicht bitter und ein bisschen nach Bockshornkleeblättern schmeckt, zur Herstellung des Schabzigers, eines sehr aromatischen Käses, verwendet. Auch in Vorarlberg ist er Käsegewürz. In Südtirol hingegen nimmt man ihn unter dem Namen Zigainerkraut als typisches Brotgewürz für das Vinschgauer Fladenbrot.

Jedes der genau 80 Kapitel entspricht nicht nur einem käuflich erwerbbaren Produkt aus dem Hause Kotányi, sondern auch einem stets wiederkehrenden Schema der Information und der Appetitanregung. Auf eine küchen- und kulturhistorische Einführung, oft mit Erklärungen zur Namensgebung, folgt mindestens ein bebildertes Rezept. In Marginalien finden sich Hinweise zu botanischen oder kulinarischen Varianten. Begleitet werden alle Informationen zu den rohen Zutaten von meist großflächigen Farbfotos.

Erst ganz zum Schluss, beim Kapitel zu den Gewürzmischungen auf Seite 248, liest man Werbung für das Haus Kotányi. Zuvor überzeugt dieses Gewürzhandbuch durch die exzellent aufbereitete und aufschlussreiche Auswahl an interessanten Fakten zu Herkunft, Benennung und Verwendung jener Zutaten, die Essen zum Genuss machen.

(Wolfgang Moser; 02/2012)


Erwin Kotányi, Gerd Wolfgang Sievers : "In 80 Gewürzen um die Welt.
Das Handbuch der Gewürze mit Rezepten und Kulturgeschichten"
Christian Brandstätter Verlag, 2011. 256 Seiten, ca. 220 Abbildungen.
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