Archimandrit Sophronius (Hrsg.): "Starez Siluan - Mönch vom Berg Athos"
Sein Leben und seine Lehre
Ein
besonderes Stück Land ist der östlichste Finger der
Ägäishalbinsel Chalkidiki, Athos oder Heiliger Berg (griechisch:
"Agion Oros") genannt: durchwegs
bewaldet und mit felsiger Küste ragt er
gleichmäßig
schlank ins Meer, von welchem er sich an seiner südlichen
Kuppe durch einen steil in die Höhe ragenden
Zweitausender
noch einmal deutlich abgrenzt. Anfänge
einer religiösen
Bestimmung auf dem Athos sind schon in der Antike auszumachen,
mit dem Sieg des Christentums erlangte der
religiöse
Aspekt jedoch nach und nach überwältigende,
für europäischen Maßstab
einmalige, Bedeutung;
Männer, die ganz in Gott leben oder ihn finden wollten, zogen
in
großer Schar auf die Halbinsel, Einsiedeleien und
Klöster
enstanden, seit dem Jahr 972 ist eine
Sonderstellung im
byzantinischen Reich schriftlich bezeugt, 1060 bestätigte
schließlich der Patriarch von Konstantinopel die
Unabhängigkeit der Mönchsrepublik Athos.
DIe heutige
Mönchsrepublik hat den Status der Autonomie unter der
Souveränität Griechenlands (Staatsoberhaupt je nach
Belang
der griechische Ministerpräsident oder der Patriarch von
Konstantinopel) und ist ein heiliger Ort für die
gesamte
orthodoxe Christenheit - je eines ihrer zwanzig
Hauptklöster sind im Besitz der serbischen,
bulgarischen und
russischen
Orthodoxie.
Von einem Mönch der letzteren stammt das vorliegende Buch. Nur wenig ist von seinem vorklösterlichen Leben bekannt - Simeon Iwanowitsch Antonow, so der bürgerliche Name des späteren Starez, wurde 1866 in eine arme russische Bauernfamilie hineingeboren und zeigte schon als Knabe eine starke Empfänglichkeit für Religion. Während seiner Militärzeit muss der Entschluss eines gottgeweihten Lebens schließlich zur Reife gelangt sein, denn danach kam Simeon nur mehr für eine Woche nach Hause, um sich für immer von seiner vertrauten Umgebung zu verabschieden und fortan, 46 Jahre lang bis zu seinem Tod im Jahr 1938, als einfacher Mönch und später sogenannter Ökonom, das heißt als Verwalter und Wirtschaftsleiter, im Russikon, dem Panteleimonkloster der russischen Orthodoxie, zu leben. Seine Schriften, die er auf Zettel und in kleine Hefte schrieb, waren vermutlich nicht zur Veröffentlichung bestimmt, glücklicherweise wurden sie von einem seiner geistlichen Schüler, dem späteren Archimandrit Sofronis, gesammelt und schließlich 1952 in Paris erstmals veröffentlicht.
Mehr
noch als über
den Inhalt wird in dem Tonfall seiner Schriften die
Persönlichkeit des Starez deutlich spürbar als eines
sehr gefühlvollen Mannes und radikalen Christen, der fest in
seinem Schöpfer ruht. Mit großer Leidenschaft (mehr der nach Innen
gewandten
eines Gebets als einer Predigt) und
Autorität spricht er von den
höchsten Dingen wie Gotteserfahrung,
der Welt der Heiligen,
dem Gebet
oder der Mittlerrolle des Heiligen Geistes für den Menschen
ebenso
wie über alles, was dem Menschen den Weg zu Gott
verstellt,
Hochmut, Esssucht, heimliche Begierden etc,. wie er es bei sich und
seinen Mitbrüdern im Klosteralltag (und erst recht in der
großen Welt) allzuoft beobachten musste. Bezeichnend
für den
Starez ist
seine Reaktion auf verstockte Mitbrüder, gänzlich
frei nämlich von moralischem Urteil, umso mehr
erfüllt von
Mitgefühl und Trauer darüber, dass der Betreffende
lieber in
seiner selbstgeschaffenen Hölle verharrt,
und
dem innigen Wunsch, die Gnade Gottes möge ihm zuteil
werden.
Den Weg, den Starez Siluan beschritten hat, kann man wohl am ehesten
als einen der Demut
bezeichnen, ständig bemüht, als liebender Christ das
"Dein
Wille geschehe" in jedem Augenblick zu leben. Das Buch (das auch eine
Einführung zu Athos und Autor sowie Zeittafel und
Landkarte enthält) ist so ein wertvolles Zeugnis gelebten
Christentums mit entsprechenden Anregungen für alle, die Ohren
für die stille Eindringlichkeit des Starez haben.
(fritz; 06/2012)
Archimandrit
Sophronius (Hrsg.):
"Starez
Siluan - Mönch vom Berg Athos. Sein Leben und seine Lehre"
Patmos, 2007. 160 Seiten.
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Weitere Lektüretipps:
Andreas
Müller: "Berg Athos. Geschichte einer
Mönchsrepublik"
Auf der Halbinsel Chalkidike im Nordosten Griechenlands gelegen, ist
der Berg Athos Mönchsland seit mehr als tausend Jahren. Frauen
ist von alters her der Zutritt verwehrt. Andreas Müller
erzählt die spannende Geschichte dieses monastischen
Abenteuers von den Anfängen bis in die Neuzeit und stellt die
zwanzig Großklöster des Berges in Einzelkapiteln
vor. (C.H. Beck)
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Gerhard
Trumler: "Athos. Heiliger Berg - Berg der Heiligen"
Während sich unsere Kirchen leeren, suchen immer mehr Menschen
die Stille und Zeitlosigkeit der Klöster. Einer der
meditativsten Orte liegt auf der östlichen Landzunge der
griechischen Halbinsel Chalkidiki: Hier erhebt sich der Berg Athos 2000
Meter über die Ägäis: Aghion Oros, der
Heilige Berg der Orthodoxie. Bis heute hat er nichts von seiner
geheimnisvollen Anziehungskraft und Mystik eingebüßt.
Seit mehr als einem Jahrtausend existiert auf dem Berg Athos eine
Mönchsgemeinschaft verschiedenster Nationalitäten,
welche die kultische Tradition des alten Byzanz ungebrochen bewahren
konnte - ein einzigartiges Phänomen in unserer modernen
Zivilisation. Vielleicht war Gerhard Trumler der Letzte, der mit seiner
Kamera einen Blick in die Heiligtümer des Klosterstaates
werfen durfte. In diesem prachtvollen Fotoband mit einem Vorwort von
Heinz Nußbaumer zeigt er atmosphärisch dicht und
stilistisch meisterhaft diese einzigartige spirituelle Welt. (Christian
Brandstätter)
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Massimo Capuani, Maurizio Paparozzi: "Athos. Die
Klostergründungen. Ein Jahrtausend Spiritualität und
orthodoxe Kunst"
Seit mehr als tausend Jahren leben auf dem Berg Athos Mönche,
die sich vom weltlichen Treiben zurückziehen und ihr Leben
ganz der Religion
widmen. In ihrem reich illustrierten Buch untersuchen
Massimo Capuani und Maurizio Paparozzi nicht nur den historischen
Werdegang der Klostergründungen, sie befassen sich auch mit
den kunsthistorischen und theologischen Aspekten sowie mit den
politischen Zusammenhängen.
Die zwanzig Klöster, die nicht alle griechisch-orthodox sind,
sondern zum Beispiel auch italienisch oder russisch, standen in
ihrer
tausendjährigen Geschichte in Verbindung mit Amalfi, Georgien,
Russland, der Moldau, der Walachei, Serbien und Bulgarien. Sie
wurden
von namhaften Kaisern, Patriarchen und Zaren unterstützt. Das
Buch gibt Einblick in die verschiedenen mönchischen
Lebensweisen auf dem "Heiligen Berg" wie die eremitische, die
könobitische oder die idiorhythmische, erläutert die
Organisation des Mönchswesens und zeigt die Geschichte und die
Kunstschätze jedes einzelnen Klosters auf.
Karten, Grundrisse und insbesondere die unvergleichlichen
Fotografien
Massimo Capuanis geben allen, die Athos lieben und der Faszination
dieses besonderen Ortes erliegen wollen, eine Fülle von
Einblicken und Einsichten. (Wilhelm Fink)
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Wenn
du verlangst, mit dem Herzen zu beten, es aber nicht vermagst,
so
sprich das Gebet mit den Lippen und halte deinen Geist fest an
die
Worte des Gebetes. Der Herr wird dir mit der Zeit die Innigkeit
im
Gebet geben, und du wirst ohne Zerstreuung beten können.
Versuche nicht, durch eine Technik das Gebet im Herzen erzeugen
zu
wollen - du würdest deinem Herzen nur schaden, und du
könntest am Ende nicht einmal mehr mit den Lippen beten.
Erkenne die Ordnung des geistlichen Lebens: Gott gewährt die
Gnade einer demütigen und aufrechten Seele. Sei gehorsam und
halte Maß - im Essen, in deinen Worten, in deinen
Bewegungen-, dann gibt dir der Herr selbst das Gebet.
Das
unaufhörliche Gebet kommt aus der Liebe, aber wir verlieren es
durch Geschwätzigkeit, durch Unenthaltsamkeit, durch
Geringschätzung des Nächsten. Wer Gott liebt, vermag
Tag und Nacht an ihn zu denken - es gibt nichts, was uns daran
hindern
könnte. So hinderte die Apostel nichts in der Liebe zum Herrn;
sie lebten in der Welt, aber die Welt störte ihre Liebe nicht.
Sie beteten für die Welt und verkündeten
das
Wort.
Der Geist Gottes lehrt uns, überall, auch in der
Einöde, zu beten: für alle Menschen, für die
ganze Welt.
Es ist falsch, anzunehmen, daß wir durch das Gebet in Täuschung und Verblendung fallen könnten. Unser Eigenwille verblendet uns, und nicht das Gebet. Nichts gibt es, was besser für die Seele wäre, als zu beten. Durch das Gebet gewährt der Herr uns Demut und Geduld, ja alle Gaben. Wer wider das Gebet spricht, hat gewiß nie erfahren, wie gütig der Herr ist und wie groß seine Liebe zu uns. Von Gott kommt nichts Böses. Die Heiligen beteten unaufhörlich, nicht einen Augenblick waren sie ohne Gebet.
Wer die Demut verliert, wird auch die Gnade und die Liebe zu Gott verlieren, und dann erlischt das Gebet. Wer aber seine Leidenschaften überwnden und die Demut erlangt hat, dem gibt Gott seine Gnade, und er betet für seine Feinde wie für sich selbst - unter heißen Tränen betet er für die ganze Welt.