Steinunn Sigurdardóttir: "Der gute Liebhaber"
Dieser Roman von Steinunn
Sigurdardóttir ist eine ebenso wunderbare wie anspruchsvoll erzählte
Geschichte über die Macht, die Schönheit und die unendlichen
Variationen menschlicher Liebe. In ein dichtes literarisches Gewebe
aus Rückblenden, Einschüben und Querverweisen hat die Autorin die Vita
eines Mannes eingeflochten, des "guten Liebhabers".
Karl Astuson kennt seinen Vater nicht. Er lebt bei seiner
alleinerziehenden Mutter Asta, er nennt sie noch als Mann "Astamama",
die er liebt und verehrt. Asta ist eine musikalisch begabte Schneiderin
und schickt ihren Sohn zum Klavierunterricht. Dort begegnet er mit elf
Jahren zum ersten Mal Una. Schon vom ersten Augenblick an sind die
beiden Kinder voneinander beeindruckt, und ihre Freundschaft ist tief.
Als Karl 18 Jahre alt ist, stirbt seine Mutter. Sie hinterlässt ihm eine
Liebe, aus der Karl ein ganzes Leben lang schöpfen wird. Er ist ein
Muttersohn, wie ihn später eine seiner Geliebten nennen wird, aber
einer, der die von seiner Mutter erfahrene Liebe einsetzen kann, und
wird ein gleichermaßen verständiger wie leidenschaftlicher Mann. Ein
Jahr nach dem Tod seiner Mutter verwandelt sich die Freundschaft
Karls zu Una mit einem Mal in eine sieben Monate anhaltende unschuldige
Liebesbeziehung. Wegen eines Missverständnisses, wie sich später
herausstellt, beendet Una die Beziehung. Für Karl ist ab diesem Moment
klar, Una wird für immer die einzige Frau bleiben, die er neben seiner
Mutter je lieben wird.
Er verlässt Island, fahndet in New York nach seinem Vater, wird über die
Jahre ein erfolgreicher Geschäftsmann und durch Spekulationen auf der
ganzen Welt steinreich. Er führt ein Luxusleben, kauft sich ein Schloss
in Frankreich und ein mondänes Haus in Long Island, das er so
einrichtet, wie er denkt, dass es Una, der Liebe seines Lebens, gefallen
würde. Sein Liebesleben ist ausschweifend, aber klar geregelt: Niemals
schläft er mehr als drei Mal mit derselben Frau, auch, weil er auf
keinen Fall eine emotionale Bindung eingehen will, denn die ist belegt.
Als Liebhaber ist er perfekt, erfüllt die geheimsten Wünsche seiner
Partnerinnen und verzichtet auf die eigene Befriedigung.
Nur einmal kommt er in unangenehme Bedrängnis, als er mit Doreen Ash
eine Nacht verbringt, einer Psychotherapeutin, die nach ihrem eigenen
Orgasmus auch Karl mit ihren Händen einen verschafft. Karl hat mit der
farbigen Lotta einen weiblichen Tausendsassa als Büromanagerin
beschäftigt, die von einer Beziehung mit ihm träumt.
Insgesamt 17 Jahre geht das so im Leben von Karl Astuson. Kein einziger
Tag vergeht in dieser langen Zeit, an dem er nicht an Una denkt, neben
seiner Mutter die Liebe seines Lebens.
Eines Tages entschließt sich Karl spontan, von einem Urlaub in der
Südsee nicht sofort nach New York zurückzukehren, sondern er fliegt nach
Island in den Winter. Er will Una noch einmal ein Zeichen seiner Liebe
bringen. In einem Imbiss trifft er auf Sigridur, von der sich
herausstellt, dass sie direkt neben der mittlerweile kinderlos
verheirateten Una wohnt. Sie nimmt ihn mit nach Hause, nachdem er zuvor
Unas Schatten hinter dem Fenster gesehen hat und fast wahnsinnig ist vor
Liebe. Doch er traut sich nicht, sie anzusprechen. Sigridur hat in ihrem
Keller eine Sauna, in der Karl abends sitzt. Seine Reinigung dort wird
zum Wendepunkt seines Lebens. Denn er erinnert sich an Doreen Ash, ruft
sie an und bekommt von ihr einen, wie er findet, lebensrettenden Rat.
Kurz darauf ruft Sigridur ihre Nachbarin Una an, und schon eine Stunde
später sind Una und Karl auf dem Weg in sein Schloss in Frankreich. Der
Prinz entführt seine Prinzessin in sein Schloss - das ist nicht das
einzige Märchenmotiv in diesem zauberhaften Roman voller Anspielungen,
Metaphern und durch die im weiteren Verlauf des Buches noch tragende
Rolle von Doreen Ash auch psychotherapeutisch und tiefenpsychologisch
angehaucht.
"Der gute Liebhaber" ist ein zutiefst poetisches Buch, das weit mehr
erzählt als nur die immer wieder faszinierende Geschichte von der Liebe
eines Lebens, von der kaum ein Mensch noch nicht geträumt hat.
(Winfried Stanzick; 10/2011)
Steinunn Sigurdardóttir: "Der gute
Liebhaber"
Aus dem Isländischen von Coletta Bürling.
Gebundene Ausgabe:
Rowohlt, 2011. 223 Seiten.
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Digitalbuch:
Rowohlt, 2011.
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Steinunn Sigurdardóttir
gehört zu den wohl bekanntesten Autoren Islands. Ihre Romane und
Gedichtbände markieren wichtige Etappen der isländischen
Gegenwartsliteratur. International wurde sie durch die Romane "Der
Zeitdieb" und "Herzort" bekannt. Sigurdardóttir lebt abwechselnd in
Berlin und Island.
Weitere Buchtipps:
Guðrún Eva Mínervudóttir: "Der Schöpfer"
Einsamer Puppenmacher trifft Frau aus Fleisch und Blut.
Sveinn hat sich der Kunst verschrieben, lebensgroße Sexpuppen aus
Silikon herzustellen. Die Kunsthochschule hat er vor Jahren abgebrochen,
nun widmet er seine gesamte Zeit seinen Geschöpfen und dem Ziel, sie
möglichst perfekt zu gestalten. Da bleibt eines Tages Lóa mit einer
Reifenpanne direkt vor seiner Haustür liegen. Er bietet ihr seine Hilfe
an und bittet sie herein. Lóa ist alleinerziehende Mutter zweier Töchter
und hat eigentlich nur einen Gedanken: möglichst schnell wieder nach
Hause zu kommen. Vorher höchstens noch ein Gläschen Wein. Völlig
erschöpft schläft sie wenig später auf Sveinns Sofa ein. Als sie am
nächsten Morgen aufwacht, stößt sie zufällig auf Sveinns Werkstatt und
die Puppen.
Seltsam fasziniert, packt sie eine davon in ihr Auto und setzt damit
eine Kette unvorhergesehener Ereignisse in Gang ...
Gudrún Eva Mínervudóttir, geboren 1976, studierte in Reykjavík Philosophie
und fing bereits früh an zu schreiben. Sie wurde mit zahlreichen
Literaturpreisen ausgezeichnet. (btb)
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"Niemandstal.
Junge Literatur aus Island"
Island ist bekannt für sein raues Klima, die karge Landschaft und die
langen, dunklen Winter. Eine offenbar beflügelnde Mischung, denn die
dynamische Literaturszene
Islands sucht ihresgleichen in Europa.
Diese Anthologie lädt zu einem Streifzug über die Insel im hohen
Norden ein, zu entdecken sind sechzehn isländische Autorinnen und
Autoren: Auður Jónsdóttir, Ágúst Borgþór Sverrisson, Gerður Kristný,
Guðmundur Óskarsson, Guðrún Eva Mínervudóttir, Gyrðir Elíasson,
Hermann Stefánsson, Kristín Eiríksdóttir,Magnús Sigurðsson, Oddný Eir
Ævarsdóttir, Sigurbjörg Þrastardóttir, Sigurlín Bjarney Gísladóttir,
Steinar Bragi, Sindri Freysson, Þórarinn Eldjárn und Þórunn Erlu
Valdimarsdóttir.
Kultautor Hallgrímur
Helgason hat ein Geleitwort verfasst. (dtv)
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