Fritz B. Simon, Margarete Haaß-Wiesegart & Xudong Zhao:
"'Zhong De Ban', oder: Wie die Psychotherapie nach China kam"

Geschichte und Analyse eines interkulturellen Abenteuers


Mit dem Ende der Ära Mao öffnete sich China langsam wieder westlichen Einflüssen und begann sich in Teilen auch wieder auf eigene traditionelle Werte zurückzubesinnen. In dieser Zeit gingen die ersten deutschen Psychoanalytiker und Psychotherapeuten ins Reich der Mitte, um dort beim Wiedererrichten eines Berufsfeldes zu helfen, das in China auch früher nicht sehr ausgeprägt vertreten war und in den Jahren der Unruhen und Veränderungen nahezu ausgelöscht wurde. China hatte hier einfach gesagt den Anschluss verpasst.

Das Zusammenkommen der Kulturen wurde mit Unterstützung des "DAAD" und einer Stelle in Hamburg von der Autorin und den Autoren dieses Buches mit organisiert, und dabei machten die Organisatoren Erfahrungen im Umgang mit den Behörden des Gastgeberlandes, den Lehrinstituten und schließlich den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des ersten chinesisch-deutschen Symposiums in Kunming im Jahr 1988, durch das die sogenannte "chinesisch-deutsche Klasse" (Zhong De Ban) eingerichtet wurde, eine Gruppe zur Organisation psychotherapeutischer Ausbildung in China.

In einem fortlaufenden Bericht unterbrochen von theoretischen Überlegungen zur Systemanalyse im Sinn der systemischen Organisationsbeurteilung und regelmäßigen Interviews mit Organisatoren sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmern dieser Veranstaltung und auch der Folgeveranstaltungen in den darauffolgenden Jahren wird so die Geschichte der "chinesisch-deutschen Klasse" bis zu ihrem momentanen Ende nachgezeichnet und dem Leser dargelegt.

Dabei vermisst der europäische Leser eventuell ein wenig den roten Faden durch das Buch, denn wegen der häufigen Einschübe zu Einzelaspekten oder auch Nebenbereichen liest sich das Buch nicht unbedingt linear, und die Darstellung des status quo ante und des status quo post hätte nach Meinung des Rezensenten ein wenig kompakter, aber dafür mit weniger Wiederholungen und mehr Struktur erfolgen können.

Einige der Nebenaspekte, zum Beispiel zur Traumabearbeitung bei Großkatastrophen wie dem Erdbeben von Sichuan, sind allerdings überaus lesenswert, und auch die Vorurteile der Chinesinnen und Chinesen den deutschen Wissenschaftlern gegenüber und vice versa sind ebenfalls interessant zu lesen - wenn auch zu oft wiederholt, wie auch die Ausführungen zum Umgang, den chinesische Behörden mit Plänen und Konflikten pflegen. Hier wäre eine geschlossenere Darstellung dieser Aspekte an einer Stelle nett gewesen.

Im Anhang finden sich Auflistungen der Beteiligten der einzelnen Symposien und anderer Veranstaltungen, eine Bibliografie und die Endnoten, die an dieser Stelle wirklich ganz gut aufgehoben sind, da sie oft den Bereich der Nebenaspekte noch weiter ausdehnen.

Fazit:
Ein inhaltlich durchaus interessantes Buch, das aber ruhig einfacher und übersichtlicher strukturiert hätte sein dürfen.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 09/2011)


Fritz B. Simon, Margarete Haaß-Wiesegart & Xudong Zhao:
"'Zhong De Ban' oder: Wie die Psychotherapie nach China kam.
Geschichte und Analyse eines interkulturellen Abenteuers"

Carl-Auer-Verlag, 2011. 250 Seiten.
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