Wilfried Eggers: "Die oder ich"
"Die oder ich" ist ein weiterer
Roman über
den Anwalt Peter Schlüter, der nach seinen Erlebnissen in der Türkei im
vorigen Buch ziemlich angeschlagen nach Deutschland und zu seiner Holden
zurückgekehrt ist. Doch er steht nicht im Mittelpunkt dieses Romans, der
in zwei Handlungsstränge aufgeteilt ist.
Im ersten Handlungsstrang begleitet der Leser Peter Schlüter, der sich
nach seinem Umzug nach und nach an das Leben auf dem Land gewöhnt und
dabei Einiges über Nachbarschaftsstreitigkeiten lernt. Außerdem begegnet
er einem alten Klienten wieder, der ihm einige unvergessliche Stunden
beschert, und bekommt einen neuen Klienten, der sich besser einen
Therapeuten gesucht hätte. Alles in Allem kann man nicht sagen, dass er
sich auf dem Lande langweilen muss. Tatsächlich ist er an manchen Tagen
froh, mit dem Leben davongekommen zu sein.
Den geistigen und emotionalen Zerfall des neuen Klienten in seiner
kleinen Wohnung, in der er zuvor mit seinen Eltern
gewohnt hat, beschreibt der zweite Handlungsstrang ebenso ausgiebig wie
eindringlich. Hierbei wird auch die Kindheit
des mittlerweile arbeitslosen Mannes nachgezeichnet, die voller
Erniedrigungen und Schmerzen war. Und auch sein weiteres Leben in
beruflicher und privater Hinsicht bringt überhaupt keine Verbesserung;
noch nicht einmal, nachdem er endlich alleine wohnt, denn er ist darauf
aufgrund seiner bisherigen Lebensführung nicht vorbereitet. Und so
verwirrt sich sein Geist zunehmend bis hin zur menschlichen Katastrophe,
die dann auch Schlüters Leben nachhaltig berühren soll.
"Die oder ich" bietet spannende und emotional eindringliche
Unterhaltung, wobei allerdings die Motivationsführung der Hauptfigur
nach heutigem Kenntnisstand etwas zu hinterfragen wäre. Denn zum Teil
lässt sich hier auch fragen, inwiefern das Phlegma dieser Figur mit zu
ihrem Zerfall beiträgt. Aber es bereitet trotzdem Vergnügen, das Buch zu
lesen.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 09/2011)
Wilfried Eggers:
"Die oder ich"
grafit, 2011. 222 Seiten.
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