Niklas Holzberg: "Aristophanes"

Sex und Spott und Politik


Ein packender, gehalt- und dabei humorvoller Einstieg in die Welt des Komödiendichters

Wenn man sich an der klassischen Geschichtsschreibung orientiert, erscheint die griechische Antike vor allem als eine von kriegerischen Auseinandersetzungen dominierte Zeit, in der sich die politischen Machtverhältnisse rasch verschoben und sehr unterschiedliche Staatsformen und Kulturen aufeinander prallten. Unser Bild von der griechischen Antike wird zudem von den Götter- und Heldenmythen geprägt, und das homerische Gelächter ist mehr als ein geflügeltes Wort.

Gelächter war den alten Griechen nicht fremd, und dies zeigt sich insbesondere bei der Lektüre der Komödien des Aristophanes. Sie beleuchten das Leben in Athen vor 2.500 Jahren aus einem ungewohnten Winkel heraus, lehren uns, dass die Athener so etwas wie Kabarett durchaus kannten und mit Begeisterung Personen des öffentlichen Lebens verspotteten.
Liest man freilich die Komödien ohne tiefere Kenntnisse der griechisch-antiken Kultur, so versteht man viele Spitzen, Pointen nicht, es mag einem sogar bisweilen der rote Faden abhanden kommen.

Niklas Holzberg erläutert dem an der griechischen Antike interessierten Leser zunächst den kulturellen und politischen Hintergrund, den man kennen muss, um Aristophanes zu verstehen, aber auch den Aufbau der griechischen Dramen, insbesondere der Komödien. Es folgen Ausführungen zu den einzelnen Komödien. Der Leser lernt hierbei die verspotteten Persönlichkeiten wie zum Beispiel den Staatsmann Kleon kennen, der in "Die Ritter", "Die Wespen" und "Der Frieden" mit Schelte bedacht wird, typische Theaterfiguren wie den dummen Bauern, den "Krieg der Geschlechter" - man denke an die Figur der Lysistrate - und nicht zuletzt den häufig sehr derben, auch obszönen Humor, der in den Komödien sehr oft zu finden ist. Keineswegs zufällig steht der Sex zu Beginn des Untertitels.

Die drei schon erwähnten Dramen um Kleon, "Die Wolken", "Die Vögel", "Lysistrate", "Die Thesmophoriazusen", "Die Frösche", "Ekklesiazusen" und "Plutos" sind die Komödien, um die es in diesem Buch geht. Die ein oder andere wird der interessierte Leser mit Sicherheit kennen, und auch von jenen, die ihm noch nicht bekannt sind, erhält er eine Inhaltsangabe sowie eine detaillierte Interpretation, die das Wesen der jeweiligen Komödie hervorragend vermittelt, dies auch anhand zahlreicher Zitate. Selten dürfte ein so gehaltvolles Sachbuch so häufig zum Lachen reizen, denn natürlich sind zahlreiche Pointen auch für den heutigen Leser sehr amüsant. Ihnen stellt der Autor Aspekte des griechischen Witzes gegenüber, die wir heute so nicht mehr als Humor auffassen und die einen häufig verblüffenden Einblick in altgriechische Denkart bieten. Das Buch ist bei aller sachlichen Tiefe anschaulich verfasst, detaillierte Vorkenntnisse sind für die Lektüre nicht vonnöten.

Eine wertvolle Hilfe für alle am antiken griechischen Theater Interessierten - wer sich noch nicht mit Aristophanes' Komödien befasst hat, wird sich dem Charme von dessen Dichtung dank Holzbergs Buch nicht entziehen können, und wer Aristophanes bereits kennt, kann reichlich interessante Informationen daraus entnehmen, die das Verständnis der Komödien vertiefen und erleichtern

(Regina Károlyi; 04/2011)


Niklas Holzberg: "Aristophanes. Sex und Spott und Politik"
C.H. Beck, 2010. 240 Seiten.
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Niklas Holzberg lehrt als Professor für Klassische Philologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Weitere Bücher des Autors (Auswahl):

"Catull. Der Dichter und sein erotisches Werk"

Niklas Holzberg legt mit diesem Band die erste moderne deutschsprachige, für ein breites Publikum geschriebene Gesamtdarstellung über Leben und Werk des römischen Dichters Catull vor. Dabei bietet das Buch eine Orientierung über Catulls Stellung in der römischen Gesellschaft, aber auch über deren sexuelle Normen, mit denen der Dichter sein lockeres Spiel treibt. Im Zentrum dieses Wechselspiels von Zitat und leicht fasslicher Darlegung steht der Liebesdichter und damit - wie könnte es bei Catull auch anders sein - natürlich vor allem sein meist beißender Witz und seine Vorliebe für pralle Erotik. Es wird deutlich, welche Ordnung das Sexualleben Roms im 1. Jahrhundert v. Chr. bestimmte und welche Konsequenzen sich aus der Einhaltung oder aus einer Missachtung dieser Normen für Römer und Römerinnen ergeben konnten. Die zahlreichen - teils anmutigen, teils obszönen - Gedichtbeispiele wurden stilsicher ins Deutsche übertragen. Stets wird der poetische Gehalt der Verse, aber auch ihr Sitz im literarischen, politischen und gesellschaftlichen Leben erläutert.
Die tragikomische, in jeder Hinsicht wechselvolle Beziehung zwischen Catull und seiner Lesbia zeigen den Dichter zumeist als "unmännlich" Liebenden. Die Kunstfertigkeit, mit der Catull seine Hingabe an die Geliebte, aber auch seinen Hader mit dem Rest der Welt beschreibt, hat sein Publikum - damals wie heute - amüsiert und angeregt. (C.H. Beck)
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"Vergil. Der Dichter und sein Werk"
Niklas Holzberg bietet in diesem Buch nicht nur einen souveränen Überblick über die Stellung Vergils in der römischen Literaturgeschichte und seine Rolle in der augusteischen Welt, sondern auch eine mit zahlreichen Textbeispielen ausgestattete, sehr gut verständliche Einführung in die "Eklogen", die "Georgica" und sein Hauptwerk, die "Aeneis".
Wer die erfrischend leichtverständlichen Bücher des renommierten Münchener Latinisten Niklas Holzberg kennt - beispielsweise über Catull, Ovid und den antiken Roman -, der weiß, dass das Erschauern in Ehrfurcht vor den antiken Texten seine Sache nicht ist. Durch seine unverblümte und den lateinischen Originalen angemessene Sprache hat er den Staub der Altphilologie von den römischen Klassikern weggeblasen. So sind sie durch seine Übersetzungen wieder für ein allgemeines Publikum interessant und lesbar geworden. Diese Vorzüge zeigt auch seine Annäherung an Vergil als einen der großen Dichter der Weltliteratur. Holzbergs Einführung in Vergils Leben und seine Poesie - über das Hirtenleben, den Landbau und den römischen Gründungsmythos, die "Aeneis" - zeichnet sich bei allem Informationsreichtum durch ihren hohen Grad an Lesbarkeit und Lebendigkeit aus. Ein Lesevergnügen für alle Freunde der römischen Literatur und besonders der überzeitlich schönen Verse Vergils. (C.H. Beck)
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"Horaz. Dichter und Werk"
Horaz gehört - gemeinsam mit Catull, Vergil und Ovid - zu den bedeutendsten Dichtern der römischen Antike. Niklas Holzberg gibt in seinem Buch einen souveränen Überblick über die historischen Voraussetzungen für das poetische Schaffen des Horaz sowie speziell über den Beitrag des Dichters zum geistigen Leben in der augusteischen Epoche.
Zudem bietet er anhand zahlreicher Textbeispiele eine lebendige und anregende Einführung in die Satiren, Epoden, Oden und Episteln des ebenso weltweisen wie humorvollen Horaz. Auch in diesem Falle zeichnet das Buch des Münchener Latinisten eine unverblümte und den lateinischen Originalen angemessene Sprache aus, durch die er die großen Werke der römischen Klassik für ein allgemeines Publikum wieder zu einer interessanten und genussvollen Lektüre gemacht hat. (C.H. Beck)
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Weitere Lektüretipps:

"Die griechische Welt. Erinnerungsorte der Antike"

Herausgegeben von Elke Stein-Hölkeskamp und Karl-Joachim Hölkeskamp.
Von den Palästen in Knossos, Troia und Mykene, von Dichtern wie Homer, mythischen Helden wie Theseus, realen Heroen wie Alexander dem Großen, von Demokratie und Bürgersein, von Weisheitsliebe, Baukunst, Plastik und Malerei und noch von vielen weiteren bedeutenden Themen der griechischen Antike und ihrem Weiterwirken in der Gegenwart erzählt dieser einzigartige, mit rund 100 Abbildungen reich ausgestattete Band.
Griechischem Geist und griechischer Kultur verdankt das Abendland eine strahlende Morgenröte. Die Hingabe der Griechen an Philosophie, Dichtkunst, Schönheit, Freiheit und Demokratie hat ihnen einen dauerhaften Platz in unserem kulturellen Gedächtnis eingetragen. Deshalb haben herausragende Autorinnen und Autoren in 33 meisterhaft verfassten Beiträgen die wichtigsten Erinnerungsorte der griechischen Antike beschrieben. Dieser Band ist eine Einladung an alle, die wichtigsten Stationen der Kultur-, Geistes- und Religionsgeschichte, der Ereignis-, Politik- und Rechtsgeschichte und nicht zuletzt der Archäologie der griechischen Welt kennen und verstehen zu lernen. So ist ein Buch entstanden, das keine nostalgische Beschwörung von längst Vergangenem darstellt, sondern ein Buch, das mit faszinierenden Neu- und Wiederentdeckungen aufwartet - ein facettenreiches, spannend zu lesendes Geschichts- und Geschichtenbuch der griechischen Antike. (C.H. Beck)
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Michael Weithmann: "Xanthippe und Sokrates. Frauen und Männer im alten Athen"
Xanthippe - dieser Name ist der Inbegriff eines zänkischen Weibes. Doch wird diese Beschreibung ihrer Namensgeberin, der Frau des Philosophen Sokrates, wirklich gerecht? Über die historische Xanthippe, wie auch über die Frau im antiken Griechenland im Allgemeinen, war bisher recht wenig bekannt. Aus diesem Grund legt Michael Weithmann zu diesem Thema ein sowohl unterhaltsames als auch kenntnisreiches Buch vor. Darin zeichnet er, ausgehend von der Person der Xanthippe, die antike Frauen- und Männerwelt des 5. Jahrhunderts v. Chr. nach. Der Autor erzählt von den Männern, die in der Jugend eine Ausbildung genießen konnten und politisch geschult wurden, wie von den Frauen, die ihr Leben größtenteils auf ihr Zuhause und die Erziehung ihrer Kinder beschränken mussten
Michael Weithmann entwirft ein Bild vom dem Leben der Frauen in der männerdominierten Gesellschaft im alten Athen und zeigt, wie das Eheleben des Paares ausgesehen haben könnte. (Primus Verlag) zur Rezension ...
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