Steve de Shazer: "Das Spiel mit Unterschieden"

Wie therapeutische Lösungen lösen


In acht ausführlichen Fallbeschreibungen werden unterschiedliche Aspekte des lösungsorientierten therapeutischen Gesprächs demonstriert

Während de Shazer sonst eher von seinen Therapiebeispielen ausgehend Theorien zur Arbeit selbst entwickelt, teilweise, um sie gleich wieder aufzulockern, geht dieses Buch von der Begrifflichkeit an die Familientherapie heran und daran, was sie eigentlich behandelt. Dadurch wird dieser Text über weite Strecken sehr sprachphilosophisch, was hinsichtlich der Sprachphilosophen, die es im 20. Jahrhundert zu beachten gäbe, schon eine ziemliche philosophische Streuwirkung hat. Und das ist wahrscheinlich für jene Leser, die mit Wittgenstein, Derrida u.A. erst auf diesen Seiten in Berührung kommen, nicht so leicht zugänglich.

Die verschiedenen Entwicklungsstufen (wenn man so will) der Familien- und Kurztherapie, die de Shazer dabei in "Das Spiel mit Unterschieden" vorstellt, werden mit ihren Grundprämissen und ihren möglichen Einschränkungen jeweils kurz dargestellt, wobei immer wieder zu Beginn lexikalische Einträge zu grundlegenden Begriffen einzelner Theorien zeigen, wie unklar hier oft zwischen einzelnen Bereichen getrennt werden kann, besonders, da die Vertreter der einzelnen Richtungen in ihrer eigenen Veröffentlichungs- und sonstigen Praxis auch nicht immer "sortenrein" mit den Begrifflichkeiten umgehen. Wie schwierig es dann ist, sich in einem Klientengespräch auf eine Begrifflichkeit zu einigen, zeigt sich dann auch in einem Gespräch, bei dem der Begriff "Nymphomanie" auftaucht, der vielleicht nicht für beide Gesprächspartner dasselbe bedeuten muss.

Neben der eigentlichen "Arbeitsbegrifflichkeit" spielen auch die unterschiedlichen philosophischen Richtungen, die den Diskurs über das 20. Jahrhundert bestimmt haben, eine große Rolle. So werden Systeme näher betrachtet (wobei ich den Namen Luman überlesen haben muss, denn der dürfte eigentlich nicht fehlen) und diese in Bezug gesetzt zum Strukturalismus, Konstruktivismus, Dekonstruktivismus und Poststrukturalismus. Auch hier musste sich der Autor natürlich auf Grund der Kürze des Buches sehr beschränken.

Im Endeffekt geht es aber darum, dass es sich beim Therapiegespräch um eine Abfolge von Sprachspielen handelt, bei denen sich die eine oder andere sprachphilosophische Betrachtung erläuternd mit einbringen lässt, um einen Therapeuten für diese Arbeit noch besser auszurüsten und um zu zeigen, was nach Bateson der Unterschied im Gespräch ist, der für die Therapie wirklich einen Unterschied ausmacht.

Im Nachwort stellt de Shazer fest, warum Leser dieses Buch vielleicht nicht mögen könnten, und dies leitet er sehr folgerichtig aus dem davor Geschriebenen ab. Die Verbindung seines sprachphilosophischen Steckenpferdes mit seinem Lebenswerk ist sicherlich gerechtfertigt, aber wird in dieser Kürze den Möglichkeiten dieser Verknüpfung nicht unbedingt gerecht - und ist für absolute Laien auch kaum zu durchdringen.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 02/2010)


Steve de Shazer: "Das Spiel mit Unterschieden. Wie therapeutische Lösungen lösen"
Übersetzt von Sally und Bernd Hofmeister.
Carl-Auer Verlag, 2009. 191 Seiten.
Buch bei amazon.de bestellen