Robert Zimmer: "Arthur Schopenhauer"
Ein philosophischer Weltbürger
"Meine Celebrität
wächst wie eine Feuersbrunst."
Ein Biografie Arthur Schopenhauers zu schreiben, ist kein leichtes
Unterfangen. Schopenhauer war unbestreitbar ein großer Geist, der viele
Denker nach ihm direkt oder indirekt inspirierte. Aber er war auch ein
reichlich unpässlicher Zeitgenosse, der sich mit seinem Unmaß die
universitäre Laufbahn und wissenschaftliche Anerkennung ohne fremde
Hilfe verbaute. Wer sich ein wenig mit Goethe befasste, weiß um den
Stellenwert, den seine Farbenlehre für ihn einnahm. Nun kommt der fast
vierzig Jahre jüngere Schopenhauer zu Goethe
hin und bietet dem verdutzten Dichterfürsten an, dessen Farbenlehre
gewissermaßen in Ordnung zu bringen. Schopenhauer selbst schrieb zu
seiner Persönlichkeit: "Die Natur hat ein übriges gethan, mein Herz
zu isoliren, indem sie es mit Argwohn, Reizbarkeit, Heftigkeit und
Stolz in einem mit der mens aequa des Philosophen fast unvereinbaren
Maaße bedachte." Und nicht alle Biografen können sich gegen
Schopenhauers Misanthropie immunisieren. Neben der Sperrigkeit der
Person Schopenhauers liegt eine weitere Herausforderung darin, dass man
den Leser bei dessen Werk ein wenig unterstützen muss. Zwar ist
insbesondere sein späteres Werk vergleichsweise gut lesbar ist, doch in
"Die Welt als Wille und Vorstellung" liegt schon eine große
Herausforderung für den Leser. Und ein Biograf muss sich auch dieser
Aufgabe stellen und die Einzigartigkeit der Schopenhauer'schen Gedanken,
die Synthese platonischer und kantischer Ansätze, herausarbeiten, die
Essenz im Spott auf Leibniz und Zorn auf Hegel freilegen und den
Schopenhauer'schen Pessimismus einordnen.
Das sind große Ziele für einen Biografen, die der Autor aber mit Bravour
gelöst hat. Zustimmen kann man ihm auch, dass Schopenhauers "Parerga und
Paralipomena" für die deutsche Geistesgeschichte das darstelle, was Montaignes
Essais für die französische sei: "Ein einzigartiges Werk
philosophischer Essayistik, das zwischen Philosophie und Literatur,
zwischen provozierendem Subjektivismus und subtiler Sachanalyse
oszilliert und dem mit Bleistift bewaffneten Fachleser ebenso viel
Nahrung gibt wie dem im Sessel zurückgelehnten Feierabendleser."
Doch Schopenhauer noch 33-jährig (1821) als Arthur zu bezeichnen, hätte
dessen Zustimmung sicherlich nicht getroffen.
Schopenhauer kann schon faszinieren, der philosophische Weltbürger, der
englische, französische, italienische und spanische Literatur im
Original las, aber auch lateinische und griechische Texte. Ursprünglich
gelernter Kaufmann, Student der Medizin, 1813 wurde er in Philosophie
promoviert und 1820 habilitiert, prallte letztlich aber an Hegel
ab und führte fortan mit großer Verbitterung in Frankfurt das aus dem
väterlichen Vermögen genährte auskömmliche Leben eines Privatgelehrten.
Doch spät stellte sich doch der Erfolg ein, und er verfügte gar über
eine Reihe von "Aposteln". Und siehe da: Schopenhauer wird im Glanze
seines Erfolgs versöhnlich und sogar umgänglich. So schrieb er denn mit
Genugtuung und vielleicht sogar einer Spur Erstaunen: "Meine
Celebrität wächst wie eine Feuersbrunst." Man gönnt es ihm - a
posteriori -, dem von Wilhelm
Busch so genial mit Pudel in einträchtigem Spaziergang skizzierten
Arthur Schopenhauer.
Anhang, Literaturverzeichnis und Personenregister komplettieren dieses
inhaltlich und stilistisch ausgesprochen gelungene Buch, das zudem
hervorragend lektoriert wurde.
(Klaus Prinz; 06/2010)
Robert
Zimmer: "Arthur Schopenhauer. Ein philosophischer Weltbürger"
dtv premium, 2010. 299 Seiten.
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Andreas Hansert: "Schopenhauer im 20. Jahrhundert. Geschichte der
Schopenhauer-Gesellschaft"
Arthur Schopenhauer (1788-1860) war einer der größten Philosophen des
19. Jahrhunderts. Um die Wirkung seines Denkens zu befördern, gründete
der Indologe Paul Deussen, der Freund Nietzsches,
1911 die bis heute bestehende Schopenhauer-Gesellschaft. Das Buch
behandelt schwerpunktmäßig die ersten fünfzig Jahre dieser
Gelehrtenvereinigung. Es zeichnet das Ringen um wissenschaftliches
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Editionsgeschichte der Schopenhauer-Werke dar und porträtiert mit
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sowie die wichtigsten ihrer Mitglieder. Darüber hinaus rekonstruiert es
eindringlich die Einwirkung der Zeitgeschichte vom Kaiserreich, über die
Weimarer Zeit, insbesondere die außergewöhnlichen Schwierigkeiten in der
NS-Zeit bis hin zum Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg. (Böhlau
Verlag) zur
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