Cormac McCarthy: "Die Straße"
Eine düstere Parabel auf das
Leben
Ein Mann und ein Junge gehen mit einem Einkaufswagen eine Straße
irgendwo in
den Vereinigten Staaten von Amerika entlang - oder zumindest in dem,
was davon noch übrig geblieben ist. Das Land ist verbrannt,
außer
den beiden scheint nichts mehr zu leben, keine Vögel singen, und
nur einmal
begegnen sie einem Hund. Alle Pflanzen scheinen gänzlich verbrannt
zu sein. Es
wird nicht erklärt, wie es zu diesem Zustand gekommen ist, aber es
wird
angedeutet, dass es sich um ein globales Phänomen handelt. Und es
scheint
relativ plötzlich und mit großer Hitze über die
Menschen hereingebrochen zu
sein.
Mit der Zeit wird klar, dass die Katastrophe schon einige Zeit zurückliegen
muss. Die meisten nützlichen Dinge sind von irgendwelchen Überlebenden geplündert
worden, Lebensmittel und Medikamente, die gelegentlich gefunden werden, sind
entweder durch die allgegenwärtige Asche oder aufgrund des Alters unbrauchbar
geworden, und viele der herumliegenden Toten sind schon nahezu skelettiert. Die
Asche macht es auch schwierig, trinkbares Süßwasser zu finden und erzwingt
das Tragen eines Mundschutzes. Trotzdem hat der Mann, den der Junge "Papa"
nennt offensichtlich eine Lungenerkrankung.
Die beiden sind auf dem Weg zum Meer;
warum scheint nicht mal ihnen selbst
ganz klar zu sein. In dem Einkaufswagen schieben sie ihre Habseligkeiten vor
sich her, und der Mann trägt einen Revolver, in dem sich noch zwei Kugeln
befinden. Diese Kugeln sollen als letzter Ausweg dienen, wenn es hart auf hart
gegen einige der anderen Überlebenden geht, die zum Teil dazu übergegangen
sind, ihren Hunger an anderen Überlebenden zu stillen.
In den 1980er-Jahren waren Endzeitromane mit Darstellungen einer Zeit nach einem
thermonuklearen Schlagabtausch und dem darauf folgenden nuklearen Winter sehr
verbreitet. Was die Überlebenden tun, um zu überleben und welche
unterschiedlichen Herangehensweisen sie zeigen, ist auch nicht unbedingt neu. Der
düstere Stil mit der vergleichsweise nüchternen sprachlichen Darstellung
erinnerte den Rezensenten bisweilen an Robert C. O'Briens "Z wie Zacharias", wobei
dieses Buch - als Jugendbuch konzipiert - nach Meinung des Rezensenten wegen seiner Thematik
sogar noch düsterer ist als "Die Straße".
Menschen geben sich auf oder machen weiter. Manche halten dabei bestimmte
humanitäre Standards ein, andere überleben um jeden Preis. Dies ist alles
eigentlich nicht neu, aber eine lange Zeit nach dem Ende des Kalten Krieges wird es
hier noch einmal ganz eindrucksvoll wachgerufen, was besonders für Leser, die nicht in dieser Zeit gelebt
oder damals nicht viel darüber gelesen haben, sehr beeindruckend sein dürfte.
Für den Rezensenten war "Die Straße" eher - in
negativer Hinsicht - ein wenig nostalgisch.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 03/2010)
Cormac McCarthy: "Die Straße"
(Originaltitel "The Road")
Übersetzt von Nikolaus Stingl.
Rowohlt.
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