Donna Leon: "Schöner Schein"
Commissario Brunettis achtzehnter Fall
Commissario Brunettis
achtzehnter Fall beinhaltet wie gewohnt ein aktuelles
politisch-ökologisches Problem Italiens.
Ein Spediteur wird ermordet, eigentlich ein Fall für die Carabinieri.
Aber der Ermordete hat zu Lebzeiten zwielichtige Geschäfte abwickelt,
was in dieser Branche nicht ausgesprochen ungewöhnlich wäre, ginge es
bei den Transaktionen nicht um hochbrisanten Müll und um Verstrickungen
mit der Mafia.
So setzen sich die Carabinieri mit Commissario Brunettis Chef Patta in
Verbindung, der den Fall wiederum Brunetti überlässt.
Dieser ärgert sich über die Geheimniskrämerei, Andeutungen und
Halbwahrheiten von Guarino, dem Sonderbeauftragten, den die Carabinieri
geschickt haben, und fragt sich, was für ein Spiel hier im Gange ist.
Ohnehin gibt es für Brunetti einiges nachzudenken, denn bei einem Essen
im Hause seines adligen Schwiegervaters hat ihn die Frau eines reichen
venezianischen Geschäftsmannes namens Cataldo fasziniert. Sie ist noch
jung, aber bereits derart geliftet, dass ihr schönes Gesicht zur
Maske erstarrt ist - und sie besticht durch ihre fundierten
Literaturkenntnisse, die Brunettis Interessen entgegenkommen.
Dann wird Guarino ausgerechnet auf dem Gelände einer Mülldeponie in
einem Industriegebiet erschossen aufgefunden. Und es zeigt sich, dass
der aus einer Hochburg des organisierten Verbrechens stammende
Verdächtige für den Mord am Spediteur offensichtlich in Verbindung mit
Cataldos attraktiver, rätselhafter Frau steht. Brunetti beginnt, die
vielen Fäden, die er allmählich entdeckt, zu entwirren.
Nicht zum ersten Mal legt Donna Leon in diesem Buch zunächst zwei
Handlungsstränge an, die sich schließlich kreuzen und dann zunehmend
miteinander verschmelzen. In "Schöner Schein" ist ihr dies überzeugend
gelungen; an der scheinbaren Zufälligkeit wirkt nichts konstruiert und
aufgesetzt.
Auch die Hintergründe für die Morde wirken realistisch, denn die
entsprechenden Müllskandale gab (und gibt) es wirklich, ebenso natürlich
die im Hintergrund Fäden ziehenden mafiösen Organisationen.
Für die Leser von Donna Leon ist es nicht ungewohnt, dass auch etwas
Gesellschaftskritik in diesen Krimi einfließt. So wird in den feinen
Kreisen Venedigs über die junge zweite Frau des alternden Cataldo
getuschelt, nicht nur, weil sie ein hinreißend schöner Scheidungsgrund
war, sondern vor allem wegen ihres bis zur Groteske operierten
Gesichtes: Es erweist sich, dass Cataldos Frau einen guten Grund hatte,
diese Operationen vornehmen zu lassen.
Die Handlung kommt relativ langsam in Gang, doch sobald sie
gewissermaßen an Fahrt aufnimmt, begeistert die Lektüre. Der Krimi wirkt
schlüssig und hat authentische Charaktere, einige wirklich packende
Szenen und ein paar überraschende Wendungen zu bieten. Auch an
Lokalkolorit fehlt es nicht. Insgesamt überzeugt "Schöner Schein"
wesentlich mehr als die letzten Brunetti-Bände und ist daher ein "Muss"
für eingefleischte Brunetti-Fans, kann aber auch Venedig- und
Krimi-Freunde überzeugen, die den kauzigen Kommissar noch nicht kennen.
(Regina Károlyi; 06/2010)
Donna
Leon: "Schöner Schein. Commissario Brunettis achtzehnter Fall"
(Originaltitel "About Face")
Übersetzt von Werner Schmitz.
Diogenes, 2010. 345 Seiten.
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Hörbuchausgabe:
Diogenes, 2010.
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Venedig? Wie lebt es sich zwischen Millionen von Touristen? Und vor
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(Carinthia)
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