Jo Lendle: "Die Kosmonautin"


Die Geschichte einer ungewöhnlichen Reise durchs wilde Kasachstan

Bei "Die Kosmonautin" handelt es sich um den Debütroman des 1968 in Osnabrück geborenen Autors Jo Lendle.

Hella Bruns ist auf dem Weg zum russischen Weltraumbahnhof, weil sie bei einer Ausschreibung eine Reise zum Mond gewonnen hat. Genauer gesagt war es eine Ausschreibung, an der ihr dreizehnjähriger Sohn Tobi teilgenommen hat. Aus im Buch noch näher erläuterten Gründen kann er jedoch seinen Gewinn tragischerweise nicht mehr selbst genießen.

Schon der Weg durch die steppenähnliche Landschaft hat für Hella etwas geradezu Außerirdisches. Die Gegenden sind weitestgehend menschenleer, und die Menschen, die sie trifft, erscheinen ihr aufgrund ihrer Reaktionen und Handlungen auch nicht immer unbedingt real. Als Angehörige einer "heimatvertriebenen" Familie kommen ihr alle Dinge seltsam vertraut und gleichzeitig absolut fremd vor. Und während sie sich dem Anschein nach auf ein großes Ziel, den Mond, zubewegt, ist sie in Wirklichkeit eher auf einer Reise - oder auf der Flucht vor etwas.

Während ihr Ziel ständig ähnlich wechselhaft und im Bewusstsein ist, wie der reale Himmelskörper dem Auge erscheint, lernt Hella auf dem Kosmodrom allerlei Menschen kennen - und erfährt auch eine Menge über sich selbst.

Voller Metaphern, Vergleiche etc. sind in "Die Kosmonautin" innere und äußere Reise parallel gesetzt und einander gegenübergestellt. Dabei wird alles, was bedacht und beobachtet wird, unablässig in der Schwebe gehalten - so auch die Wahrnehmung des Lesers -, so dass es viele Möglichkeiten gibt, eigene Interpretationen an dieses Buch heranzutragen.
Gefühlsmäßig erinnert Lendles Debütwerk ein wenig an Lems "Solaris", wenn auch die fantastischen Elemente nicht so stark im Vordergrund stehen.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 08/2010)


Jo Lendle: "Die Kosmonautin"
Gebundene Ausgabe:
DVA, 2008. 189 Seiten.
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Taschenbuchausgabe:
btb, 2010.
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Lien zur Netzpräsenz des Autors: http://www.jolendle.de.

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