Elisabeth Badinter: "Der Konflikt"
Die Frau und die Mutter
Frauen zwischen
Mutterrolle und Beruf
Elisabeth Badinter, Philosophin und Feministin, hat sich Zeit ihrer
wissenschaftlichen Karriere mit Themen befasst, die sich der Rolle der
Frau in der Gesellschaft widmen.
"Frau" und "Mutterrolle" sind genau genommen nicht zu trennen. Stellt
sich doch Frauen im geschlechtsreifen Alter früher oder später die
Frage, ob sie auch ihre biologische Rolle als Gebärende und mithin als
"Mutter" annehmen wollen.
Hierzu hat Elisabeth Badinter immer neue Erfahrungen und
Untersuchungsergebnisse gesammelt und geschichtliche Vergleiche zwischen
früher und heute angestellt, um zu diesem Thema Akzente zu setzen.
In ihrem Buch "Die Mutterliebe" zeigt sie die Rolle der Frau im Wandel
der Geschichte. In dem Buch "Der Konflikt" thematisiert sie den
gegenwärtigen Stand der Rolle der Frau in der Gesellschaft. Dabei kommt
sie zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass in Frankreich bereits seit 400
Jahren die Mutterrolle nicht identisch sein muss mit der Rolle der Frau.
Der unmittelbare Zusammenhang ökonomischer Bedingungen auf dem
Arbeitsmarkt und der Berufstätigkeit von Frauen beeinflusst heute in
eklatanter Weise die Frage, ob sie berufstätig werden oder ihre
Arbeitsplätze Männern überlassen sollen. Mithin ist die Arbeitsmarktlage
ein beliebtes Mittel zur Steuerung der "Mutterrolle" oder der Förderung
von Frauenarbeit.
Unabhängig davon ist in Frankreich über Jahrzehnte hinweg dafür gesorgt
worden, dass eine ausreichende Kinderbetreuung Müttern die
Berufstätigkeit gestattet. Auch skandinavische Länder befleißigen sich
eines Ausgleichs zwischen Frauenarbeit und Kinderbetreuung. Allein in
den deutschsprachigen Ländern ist das Thema der Frau und ihrer Rolle in
der Gesellschaft schwer ideologiebelastet. Je nach Bedarf wird die
heimische Erziehung als zentrale Aufgabe für die Aufzucht von Kindern
angesehen. Berufstätige Frauen geraten da leicht in den Verdacht, als
"Rabenmütter" zu gelten. Das betrifft in der Regel allerdings eher die
besser verdienenden Familien, da im Mittelstand und in der Unterschicht
ein Gehalt häufig nicht für die anstehende Haushaltsführung ausreicht.
Elisabeth Badinter führt zahlreiche Beispiel an, mit denen sie ihre
Thesen der mütterlichen Ungleichbehandlung in verschiedenen Ländern
belegt. Sie hinterfragt Theorien zur Mutterrolle aus ökologischer und
psychoanalytischer Sicht, zitiert John Bowlby mit seinen
Bindungstheorien und Bettelheim, der Badinters Verneinung des
Mutterinstinktes rügt, um sich nicht zuletzt mit neueren
Geburtsvorgängen und Verhütungsmethoden zu befassen.
Mit ihren Ausführungen hinterfragt sie jegliche Art von einseitigen
Ideologien und kommt zu dem Schluss, dass es vielfältige Formen und
Auslegungen gelebter Mutterschaft gibt.
Sie verteidigt die Eroberungen der feministischen Bewegung und wendet
sich scharf dagegen, Frauen auf ihre Mutterrolle festzulegen und ihnen
damit die Errungenschaften der freien Wahl für ein Leben nach ihren
Vorstellungen zu nehmen.
Elisabeth Badinter schreibt wunderbar eingängig. Wenn sie auch eine
ausgewiesene Wissenschaftlerin ist, so kann sie doch sehr erbaulich und
handfest mit Leidenschaft für die Errungenschaften der weiblichen
Freiheit plädieren.
Zahlreiche Anmerkungen komplettieren das Werk, das gründlich und
fachlich kompetent recherchiert und mit Zahlenmaterial versehen ist.
(Claudine Borries; 09/2010)
Elisabeth
Badinter: "Der Konflikt. Die Frau und die Mutter"
Aus dem Französischen von Ursula Held und Stephanie Singh.
C.H. Beck, 2010. 222 Seiten.
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Noch ein Buchtipp:
Ayelet Waldman: "Böse Mütter. Meine mütterlichen Sünden, großen und
kleinen Katastrophen und Momente des Glücks"
Eine gute Mutter kauft im Bioladen ein, ist immer gut gelaunt und
überträgt ihre
Ängste nicht auf die Kinder. Außerdem bastelt sie gern und ist am
Abend nicht zu müde für Sex.
Einer dieser Punkte trifft nicht auf Sie zu? Dann sind auch Sie eine
böse Mutter.
Als Mutter können Sie heutzutage eigentlich nur alles falsch machen:
Gehen Sie arbeiten, vernachlässigen Sie Ihr Kind; bleiben Sie zu Hause,
binden Sie es zu sehr an sich. Woran liegt es, dass Frauen unablässig
gute Mütter
sein möchten, aber ebenso unablässig an diesem Ideal scheitern? An den
unerfüllbar hohen und widersprüchlichen Erwartungen, sagt die vierfache
Mutter Ayelet Waldman. Dagegen hilft nur eins: Stehen Sie dazu, dass Sie
eine böse Mutter sind, eine Mutter, die nicht stillt, sondern die
Flasche gibt; eine Mutter, die sich auf dem Spielplatz langweilt; eine
Mutter, die auch einmal an sich selber denkt. Offen und schonungslos
berichtet die Autorin aus ihrem Leben als böse Mutter und rät zu mehr
Gelassenheit: Sie können nicht alles richtig machen. (Klett-Cotta)
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