Ingrid Pernkopf, Christoph Wagner: "Knödelküche"

Die 250 besten Rezepte von pikant bis süß


Knödel-Welten

"Iss was Gscheit's!" Wer kennt nicht den Spruch? Spätestens mit der "Iglo"-Fernsehwerbung ist er wieder präsent geworden und soll uns, abgesehen von der beworbenen Tiefkühlkost, zu bodenständiger und gesunder Ernährung ermahnen, die für Kraft sorgt. Früher war das ein beliebter Spruch der Mütter, um die heiklen Kinder zu "ordentlichem Essen" anzuhalten. Wie Knödel beispielsweise. Selbstverständlich selbstgemacht. Wahrscheinlich hat die Wiederbelebung dieser Redewendung nicht direkt etwas damit zu tun, dass mit dem gegenständlich besprochenen Titel ein umfangreiches Kochbuch nur für Knödel erschienen ist. Aber beides ist doch ein Indiz dafür, dass die regionale Küche wiederentdeckt wurde. Meistens in leichterer und erneuerter Form. Schien es doch eine Zeitlang, als ob die einheimische traditionelle Küche durch neue Geschmäcker und Vorlieben endgültig verdrängt werden würde. Eine mobilere Gesellschaft erkor mediterrane und asiatische Küche zu ihren neuen Genüssen und us-amerikanische Schnellkost eroberte die globalisierten Kinderzimmer. Statt Knödel Pommes und Pasta. Und viele der jüngeren Kochenden scheuten sich vor dem Knödelmachen, aus der durchaus berechtigten Angst, dass diese misslingen, d.h. zerfallen würden. Bei Letzterem kann ein gutes Kochlehrbuch Abhilfe schaffen, und was die Geschmacks- und Genussmoden betrifft, so lässt sich das alte Knödelrepertoire von Semmel-, Erdäpfel- und Marillenknödel dem Zeitgeschmack entsprechend leicht erweitern, wenn man alle abgewandelte Formen wie Gnocchi, diverse Teigtaschen, Wantans und Falafel kurzerhand mit einbezieht. Einer Knödel-Renaissance steht nichts mehr im Weg.

Eine renommierte oberösterreichische Köchin und ein ebenso bekannter Kochbuchautor - Ingrid Pernkopf vom "Landgasthof Grünberg" in Gmunden am Traunsee und der im Jahr 2010 verstorbene Gastrokritiker, Kochbuch- und Romanautor Christoph Wagner -, haben ein umfassendes Knödelkochbuch zusammengestellt, das mit seinen 250 Rezepten alles nur erdenklich Knödelige enthält. Bei den Knödeln als Hauptspeise, als Beilage und als Nachspeise reicht die Palette von den Klassikern wie Grammelknödel, Kärntner Kasnocken, schwäbischen Maultaschen zu Spezialitäten wie Gmundner Räucherfischknödel bis zu Exotisch-Modischem wie Dim-Sum oder Empanadas. Und als Nachspeise gibt es Topfenknödel, Mozartknödel, Powidltascherl und Eisknödel. Alles, was nur irgendwie rund ist und/oder mit Teig umwickelt wird, gilt quasi als Knödel und wurde in das Kochbuch mit aufgenommen. Aber damit nicht genug. Denn mit der reinen Sammlung dieser Vielzahl von Rezepten gaben sich die Autoren beileibe nicht zufrieden. Ihr Anliegen ist es auch, die Kunst des Knödelkochens systematisch anzugehen und zu vermitteln, und auf diese Art gleichzeitig ein exzellentes Lehrbuch zu erstellen, das Lust aufs Experimentieren und Ausprobieren macht. So behandeln sie zuerst einmal alle Knödelteige, vom Brandteig bis zum Topfenteig, und erst in einem zweiten Schritt werden verschiedenste Füllungen vorgestellt, die von der Brennnesselfülle bis zur Garnelenfülle alle denkmöglichen Rezepturen beinhalten. Selbstverständlich werden nützliche Tipps und Tricks verraten, die nicht nur das Gelingen betreffen, sondern auch das Aufwärmen, und, was besonders reizvoll ist, wie man Reste geschmackvoll verwenden kann.

Für Kochanfänger mag eventuell die Fülle an Anleitungen und Informationen leicht erdrückend wirken. Auch mag es unbefriedigend sein, nur die Anleitung für die Beilage zu haben, ohne Rezeptvorschläge für ein vollständiges Gericht zu haben. Um ein Beispiel zu nennen: Bei den Schupfnudeln als Variante des Erdäpfelknödelteiges heißt es folgendermaßen: "Mit einer Kräuter- oder Gemüsesauce und Salat serviert geben sie auch eine g'schmackige Hauptspeise. Ideale Beilage zu Ragoutgerichten, aber auch als Grundlage für mit Käse überbackene Erdäpfelnudeln mit Tomatenragout sowie für süße Dessertgerichte wie Mohn- oder Nussnudeln ...", usw. usf.  Und wo finde ich nun eine Gemüsesauce und ein Ragout, fragt sich wohl der nicht so versierte Koch?

Aber: Für den ambitionierten, kreativen Freizeitkoch ist "Knödelküche" eine wunderbare Rezeptsammlung, die Lexikon und Nachschlagewerk in einem darstellt und sich schnell als unentbehrlich für das Knödelkochen in seinen Hunderten Varianten erweist.

(Brigitte Lichtenberger-Fenz; 11/2010)


Ingrid Pernkopf, Christoph Wagner: "Knödelküche. Die 250 besten Rezepte von pikant bis süß"
Pichler Verlag, 2010. 238 Seiten.
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