Max Otte: "Der Informationscrash"

Wie wir systematisch für dumm verkauft werden


Max Otte untersucht die Mechanismen der Desinformation

Schon sehr früh hatte der Autor des vorliegenden Buches den Finanzkollaps vorhergesehen und auch in seinen Büchern beschrieben und analysiert, der dann 2008 die Welt erschütterte. In der Zwischenzeit ist Max Otte, gerade aufgrund seiner Bücher und unzähliger Vorträge zu einem bekannten Ökonomen geworden, der aber trotz fundierter Thesen nach wie vor gegen einen unbeherrschbar scheinenden Trend anschreibt.

"Der Informationscrash" beschreibt minutiös einen bislang eher unterbelichteten Aspekt des Kollapses der Finanzmärkte und nennt diesen Kollaps einen "Informationscrash". Denn die Krise wurde hauptsächlich durch Produkte ausgelöst, deren Risiken systematisch verschwiegen und wortreich verschleiert wurden. Ausgehend von dieser Analyse nimmt Otte unter diesem Blickwinkel auch viele andere Bereiche unseres Lebens und Alltags unter die Lupe und stellt ernüchternd fest, dass wir nicht mehr wissen können, worauf wir uns verlassen können. Das betrifft die Medizin, die Altersversorgung genauso wie die Bildung unserer Kinder.

In ebenso ausführlichen wie instruktiven Texten schildert Otte, wie den heutigen Bürgern auf fast allen Gebieten ihres Lebens systematisch und gezielt die Informationsbasis entzogen wird. Der Rezensent hat allerdings zu dem auf jeden Fall empfehlenswerten Buch zwei Anmerkungen zu machen, und die betreffen jeweils die bewusste oder unbewusste Beteiligung der einzelnen Individuen. Ich bin der Überzeugung, dass der Finanzkollaps auch entstanden ist, weil der einzelne Anleger in seiner regelrechten Sucht nach der hohen Rendite die durchaus zugänglichen Informationen über die Risiken seiner oft hochspekulativen Anlagen nicht sehen wollte.

Und was die Information über die anderen Bereiche unseres Lebens betrifft: Es standen dem einzelnen Bürger noch nie in der Geschichte so viele Informationen zur Verfügung wie derzeit. Diese Flut verführt und zwingt zugleich den Informations- und Medienkonsumenten zur Reduktion von Komplexität. Der "Konsument" diverser Fernsehsender weiß ziemlich genau, dass das, was ihm da vorgeführt wird, nicht wirklich der Realität entspricht, doch er will es sehen, weil es ihn entspannt, wie er sagt, ablenkt, oder weil es einfach schöne heile Welt ist oder die Welt der Prominenten und Sternchen.
Gute, anspruchsvolle Programme werden kaum angeklickt. Der Umgang mit der absolut zutreffenden Fernsehkritik von Marcel Reich-Ranicki vor einiger Zeit spricht hier Bände. Es sind eben keine dunklen und mysteriösen Desinformationsmächte im Hintergrund, es ist das suchtartige Konsumverhalten des einzelnen Bürgers selbst, das ihn schließlich entmündigt.
"Sapere aude!", sagte schon Horaz. Doch das erfordert immer eine gewisse Anstrengung und auch Desillusionierung über die eigenen Lebensumstände, der sich leider immer weniger Zeitgenossen wirklich unterziehen wollen.

(Winfried Stanzick; 01/2010)


Max Otte: "Der Informationscrash. Wie wir systematisch für dumm verkauft werden"
Econ, 2009. 315 Seiten.
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Max Otte hat in Princeton promoviert, ist Professor an der Fachhochschule Worms und Leiter des von ihm gegründeten Instituts für Vermögensentwicklung ("IFVE") in Köln.

Weitere Bücher des Autors (Auswahl):

"Der Crash kommt. Die neue Weltwirtschaftskrise und was Sie jetzt tun können"

Max Otte hatte ihn prognostiziert, und dann war der Finanzkollaps wirklich da. Und die nächste Weltwirtschaftskrise steht unmittelbar bevor. Es deutet viel darauf hin, dass spätestens 2010 die Globalisierungsblase platzt - mit dramatischen Folgen: Sparvermögen werden radikal entwertet, die Heizungs- und Energiekosten explodieren, der Welthandel bricht zusammen. Der renommierte Wirtschaftsprofessor Max Otte erklärt, warum ein ökonomisches Erdbeben bevorsteht und wie sich jeder dagegen wappnen kann. (Ullstein)
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"Investieren statt sparen. Wie man mit Aktien ein Vermögen aufbaut"
Wie werden Sie mit Aktien finanziell unabhängig? Wie bauen Sie ein ertragreiches Depot und ein stattliches Vermögen auf? Finanzexperte und Erfolgsautor Max Otte zeigt, wie man solide Investitionen identifiziert, die richtige Anlagestrategie wählt, unabhängige Kaufentscheidungen trifft - und so bessere Ergebnisse erzielt als mancher Fondsmanager. (Ullstein)
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Noch ein Buchtipp:

Frank Schirrmacher: "Payback. Warum wir im Informationszeitalter gezwungen sind zu tun, was wir nicht tun wollen, und wie wir die Kontrolle über unser Denken zurückgewinnen"

Was wollte ich gerade tun? Wieso haben die Dinge kein Ende mehr? Was geschieht mit meinem Gehirn? Fast jeder kennt die neue Vergesslichkeit und die fast pathologische Zunahme von Konzentrationsstörungen. Dahinter steckt sehr viel mehr als nur Überforderung. Wir wissen mehr als je zuvor und fürchten doch ständig, das Wichtigste zu verpassen. Der Mensch ist nicht nur ein Fleisch- und Pflanzenfresser, er ist auch ein Informationsfresser. Informationen sind Vorteile, und in der Informations-Nahrungskette siegt der, der am schnellsten und effektivsten Nachrichten sendet und empfängt. Aber diese neue Form des Darwinismus führt dazu, dass wir nicht mehr unterscheiden können, was wichtig ist und was nicht. Wir rufen unsere ganze Lebensbahn immer stärker wie Informationen ab und zerstören so unsere Fähigkeit, mit Unerwartetem umzugehen. Die Frage lautet, ob wir bereits begonnen haben, uns selbst wie Computer zu behandeln, und ob wir damit Gefahr laufen, den Menschen in mathematische Formeln zu verwandeln ...
Nicht die Technologien sind Schuld, sondern die Tatsache, dass immer häufiger nur noch das im Menschen gefordert und gefördert wird, was mit den Rechnern kompatibel ist. Eine Welt ohne Informationstechnologie ist nicht vorstellbar. Aber die pure Koexistenz von Mensch und Computer führt zum Sieg der künstlichen Intelligenz. Schon bald werden Computer zu Dingen fähig sein, die heute noch unvorstellbar scheinen. Sie werden unsere Wünsche besser kennen als wir selbst und in der Lage sein, sogar unsere Assoziationen in Programme zu übersetzen. Wichtig aber ist, dass wir währenddessen unsere Fähigkeiten nicht verlieren. Wir können zurückfordern, was uns genommen wird, wenn wir die Stärken des Menschen neu bestimmen.
Ausgehend von Gesprächen mit den führenden Köpfen des Internet-Zeitalters und wichtigen Vertretern der modernen Psychologie zeigt Frank Schirrmacher, wie sich schon in den nächsten Jahren das Selbstbild des Menschen wandeln könnte und welche faszinierenden Antworten auf diese Krise möglich sind. (Blessing)
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