Peter Høeg: "Die Kinder der Elefantenhüter"


"Aber solange du dich in einem Zimmer befindest, bist du drinnen, und solange du drinnen bist, bist du gefangen. Die Tür, die ich dir zeigen möchte, ist anders. Sie führt nicht in einen neuen Raum. Sie führt dich aus dem Gebäude heraus." (Auszug aus "Die Kinder der Elefantenhüter")

Ein Schelmenroman mit Tiefblick

Peter, vierzehnjähriger Ich-Erzähler, und seine sechzehnjährige Schwester Tilte sind die Protagonisten dieses abwechslungsreichen Abenteuerromans. Beide haben die Tür zur Freiheit gefunden, womit das Ablegen von gesellschaftlichen Konventionen gemeint ist. Jedoch ist Tilte, die pfiffig und lässig wirkt, auf dem Weg in ein glückliches selbstbestimmtes Leben weiter fortgeschritten als Peter. Von ihren Erlebnissen handelt der Roman.

Der Vater von Peter und Tilte ist Pastor, und die Mutter spielt Orgel in der Kirche. Sie leben auf der dänischen Insel Finø. An einem Karfreitag sind die Eltern plötzlich verschwunden. In der Vergangenheit sind sie bereits durch zweifelhafte Wundertaten mit der Justiz in Konflikt geraten. In einfachen Fällen geht schon einmal ein Windhauch durch die Kirche, wenn vom Heiligen Geist die Rede ist, aber sie haben auch noch wunderlichere Effekte in ihrem Repertoire. Sind sie untergetaucht, weil sie einen Diebstahl religiöser Kleinodien planen?

Peter, Tilte und ihr neunzehnjähriger Bruder Hans machen sich auf die Suche nach ihren Eltern, um sie vor weiteren Torheiten zu bewahren. Aber auch Gemeindedirektorin Bodil Fisker, Bischöfin Anaflabia Borderrud und die Polizei suchen nach ihnen. Die minderjährigen Kinder werden in ein Heim in Gewahrsam genommen. Ihnen gelingt mit ausgefallenen Tricks die Flucht. Sie setzen ihre Suche fort, machen wichtige Entdeckungen und erleben auf ihrer Reise zahlreiche Abenteuer. Ihre Tour führt sie nach Kopenhagen zu einem Treffen der großen Weltreligionen, weil sie dort ihre Eltern vermuten.

Auch wenn der Roman in einfacher Sprache gehalten wurde, ist es erforderlich, konzentriert zu lesen, sonst entstehen wegen der dichten Folge von Ereignissen und eingestreuten Retrospektiven Lücken im Verständnis. Auch die Vielzahl seltsam klingender Namen trägt dazu bei. Wegen der markanten Charaktere und der großen Dichte an kuriosen Ereignissen eignet sich der Roman bestens zur Verfilmung.

Peter Høeg glänzt in diesem Roman mit verrückten Einfällen, die Geschichte ist nicht alltäglich. Auch wenn das Thema Religion eine bedeutende Rolle spielt, würde ich dieses Werk nicht als philosophisches oder religiöses Werk bezeichnen, eher schon als Schelmenroman mit einem gewissen Tiefgang. Es werden zahlreiche Weisheiten eingestreut. Im Vordergrund stehen die Abenteuer von Peter und Tilte, hintergründig geht es um einen Erfahrungs- und Reifungsprozess. Die Erlebnisse haben nicht nur bei Peter und Tilte Spuren hinterlassen, sondern zahlreiche Menschen in ihrem Umfeld verändert. Die Insel Finø liegt im Meer der Möglichkeiten, und vom Erkennen dieser Möglichkeiten handelt das Buch.

(Klemens Taplan; 09/2010)


Peter Høeg: "Die Kinder der Elefantenhüter"
Übersetzt von Peter Urban-Halle.
Hanser, 2010. 488 Seiten.
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Ein weiteres Buch des Autors:

"Der Susan-Effekt"

Peter Hoegs großer Roman mit einer umwerfenden Heldin: Susan. Ihre "außergewöhnliche" Gabe verspricht eine Geschichte voller Indiskretionen, Komik und Spannung. Susan ist Experimentalphysikerin, hantiert gern mit dem Brecheisen und bäckt nachts um drei Croissants für ihre Familie. Und sie hat eine außergewöhnliche Gabe: Jeder, der mit ihr spricht, wird absolut aufrichtig. Jetzt soll sie einem hochrangigen Justizbeamten ein geheimes Protokoll beschaffen: Ein Gremium hochkarätiger Wissenschaftler erforscht die Gefahren der Zukunft. Doch plötzlich kommt ein Mitglied nach dem anderen auf grausame Weise um. Mit irrwitzigen Einfällen, technischem Spezialwissen und ihrem einzigartigen Effekt kämpft Susan darum, dass die Wahrheit ans Licht kommt. (Hanser)
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