Dr. med. Sandi Krstinić: "Essen für die Emotionen"

Damit das Gehirn sich wohl fühlt: Neuro-Ernährung


"Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen", "Man isst, was man isst", "Sauer macht lustig", "Schokolade macht glücklich" etc. pp. Die Idee, dass sich Essen auf die Stimmung auswirkt, ist eigentlich banal und schon seit Jahrtausenden mit allen möglichen Alltagsweisheiten verknüpft. Dass bestimmte Speisen sich auf unsere Stimmungen auswirken, ist sicherlich auch keine Neuigkeit. Trotzdem - oder gerade deswegen - erscheint ein Titel, der dem Leser suggeriert, man könne seine Emotionen und Stimmungen durch gezielte Ernährung beeinflussen, und dies auf wissenschaftlicher Grundlage, interessant.

Nach einer längeren Einführung, die das Buch und seine Inhalte lobt, kommt der Autor in den folgenden 25 Kapiteln eigentlich gar nicht auf den Punkt. Zunächst einmal muss man feststellen, dass je ein Kapitel zur Aroma-, Farb- und Klangtherapie, noch dazu in Minimalstdarstellung, ziemlich am Thema des Buches vorbeigehen, für das nach der Einführung und diesen Kapiteln und der Danksagung am Ende, sowie der Autorenvita, nur noch etwa 90 Seiten bleiben und bei den kurzen Kapiteln immer wieder eine halbe Seite wegfällt.

Das Buch verspricht im Vorwort, sich von anderen Ernährungsführern abzuheben, und das tut es tatsächlich, denn es versucht zwar auch eine Typensystematisierung (die im Vorwort noch abgelehnt wurde) nach der aristotelischen Temperamentenlehre, ist dabei aber erstaunlich unsystematisch und weist innerhalb von Kapiteln Zahlen den einzelnen Typen uneinheitlich zu, was das Verständnis nicht gerade fördert.
Hier ist die wesentlich differenziertere Betrachtungsweise etwa der Ernährungslehre in der Traditionellen Chinesischen Medizin treffsicherer und nützlicher. Und auch in den Anwendungen lässt sich das Handbuch des Gelben Kaisers, das nun schon etwa zwei Jahrtausende auf dem Buckel hat, erheblich genauer nutzen. Denn im Großen und Ganzen erfährt der Leser aus diesem Buch nur, dass man Kaffee nutzen kann, aber vorsichtig, dass etwas Schokolade und etwas Rotwein ganz gut sind, Hülsenfrüchte auch und Milchprodukte sowieso. Weißes Fleisch ist besser als rotes Fleisch, aber rotes Fleisch kann auch gut sein.
Aus einer durchschnittlichen Frauenzeitschrift im Zahnarztwartezimmer hat man schon differenziertere Informationen gewonnen, besonders, wenn man bedenkt, dass ein nicht unbeträchtlicher Anteil der menschlichen Population dieses Planeten an Laktose-Intoleranz leidet und Milchprodukte nicht gut verträgt und Nussallergien gleichfalls immer mehr zunehmen. Das sollte einem Mediziner, der ein Ernährungsbuch schreibt, eigentlich bekannt sein - und auch jenen Medizinern, die lobende Vorworte dazu geschrieben haben.

Dass die Argumentationsführung innerhalb der einzelnen Kapitel nicht immer nachvollziehbar ist, häufig Zirkelschlüsse vorkommen, Aussagen über die Aggressivität von Vegetariern und Fleischessern gemacht werden, die anerkannten Studien widersprechen, keinerlei Quellenhinweise gegeben werden und auch sonst in keiner Weise einem wissenschaftlichen Anspruch Genüge getan wird, ist daneben dann schon beinahe zu vernachlässigen.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 10/2010)


Dr. med. Sandi Krstinić: "Essen für die Emotionen.
Damit das Gehirn sich wohl fühlt: Neuro-Ernährung"

Übersetzerin: Blanka Stipetic.
Windpferd, 2010. 109 Seiten.
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