Julio Cortázar: "Rayuela"
Himmel und Hölle
"Rayuela", Titel dieses bemerkenswerten Buches, ist die Bezeichnung für
ein weltweit verbreitetes Kinderspiel, das im deutschsprachigen Raum
zumeist unter "Himmel und Hölle" bekannt ist. Dabei werden rechteckige
Felder auf den Boden gemalt und dann kleine Steinchen nach einem
bestimmten System vom unteren Ende der Zeichnung zum oberen Ende
bugsiert. Von der Hölle in den Himmel sozusagen. Zur Veranschaulichung
für den Leser wird dem ersten Kapitel des Romans eine Illustration
vorangestellt, die solch eine Kinderzeichnung zeigt. Ebenfalls
vorangestellt hat der Autor seinem Roman einen Wegweiser, eine Art
Gebrauchsanweisung für seine Leser. Darin betont Cortázar, dass es sich
bei "Rayuela" nicht um ein Buch handelt, sondern um mehrere, vor allem
aber um zwei Bücher. Cortázar erklärt das wie folgt: "Das erste Buch
lässt sich in der üblichen Weise lesen. Es endet mit dem Kapitel 56,
unter dem sich drei auffällige Sternchen befinden, die gleichbedeutend
sind mit dem Wort Ende. Folglich kann der Leser auf das verzichten,
was folgt. Das zweite Buch lässt sich so lesen, dass man mit dem
Kapitel 73 anfängt und dann in der Reihenfolge weitermacht, die am Fuß
eines jeden Kapitels angegeben wird." Entscheidet sich der Leser
für diesen zweiten Weg, so lässt er sich auf das Sprunghafte eines
Himmel-und-Hölle-Spiels ein, auf ein Hin- und Herblättern im Buch. Damit
wird dem Leser viel abverlangt, denn die bruchstückhaft
aneinandergereihten Kapitel wollen sich partout nicht zu einem Ganzen
fügen. Ständig zündet Cortázar die Nebelkerzen des Surrealismus und
verundeutlicht damit etwaige Zusammenhänge. Die Diskontinuität der
Handlung tut ein Übriges, immer neue Themen jagen einander, die
assoziativen Verknüpfungen sind derart locker, dass Zusammenhänge nur
schwer auszumachen sind.
Trotzdem kann dieses Buch Suchtpotenzial entwickeln, es überzeugt auf
ganzer Linie, egal für welche Variante des Lesens man sich entscheidet.
Auf gar keinen Fall sollte man dem wohl eher ironisch gemeinten Rat des
Autors folgen, (der auch wohl eher die Neugierde des Lesers anstacheln
wird), und die Kapitel 57-155 "getrost beiseite lassen." Denn
gerade hier finden sich immer wieder literarische Perlen,
bedeutungsprall und sinngesättigt kommen viele dieser Kapitel daher und
einige enthalten auf nur einer Seite mehr Substanz als ganze
aufgeblasene Massenverkaufsschwarten auf tausend Seiten. Allerdings
finden sich hin und wieder auch Kapitel, die mir eher als reine
Ausstattungskomponenten erscheinen, die mehr Nippes als Substanz sind.
Cortázar hat seinen Roman in drei Teile gegliedert: "Vom anderen Ufer",
"Vom hiesigen Ufer", "Von anderen Ufern". Also auch wieder drei Bücher,
wenn man so will. "Vom anderen Ufer" meint unter Anderem vom Ufer der
Seine, die Handlung spielt im Paris der frühen fünfziger Jahre des
zwanzigsten Jahrhunderts, wo sich eine Gruppe intellektueller Bohemiens
zusammengefunden hat, sich als Schlangen-Club bezeichnet, um bei Alkohol
und Jazz über Musik, Literatur und den Sinn des Lebens zu diskutieren.
Hauptprotagonist ist ein gewisser Horacio Oliveira, ein intellektueller
Zyniker, seine Freundin La Maga, deren richtiger Name allerdings Lucia
lautet, verkörpert als Gegenpol die naive Unschuld. Als Horacio die Maga
verliert und der Schlangen-Club sich auflöst, kehrt er nach Argentinien
zurück "ans hiesige Ufer", wo sich die Handlung des zweiten
Teils "Vom hiesigen Ufer" abspielt. Horacio trifft dort mit Traveler,
einem alten Jugendfreund, zusammen. In dessen Frau Talita glaubt Horacio
Oliveira die Maga wiederzuerkennen. Er halluziniert, verschanzt sich am
Ende in einer Irrenanstalt und beobachtet von einem Fenster aus, wie die
Patienten im Hof Himmel und Hölle spielen. Dieses Spiel wird im
übertragenen Sinne von vielen der im Roman agierenden Personen teils
bewusst, teils unbewusst gespielt.
Der dritte Teil des Buches "Von anderen Ufern" beinhaltet jene Kapitel,
die nicht unbedingt gelesen werden müssen, wer sie allerdings auslässt,
macht sich - wie bereits angesprochen - eines schweren Versäumnisses
schuldig. Auch wenn sich hier zahlreiche Nebenhandlungen mit dem roten
Erzählfaden aus Buch 1 verwickeln und es dem Leser schwer machen, diesem
roten Faden im erzählerischen Labyrinth auf der Spur zu bleiben. Eine
zentrale Rolle spielen hier die Aufzeichnungen eines gewissen Morelli,
eines alternden Schriftstellers, der fast ein alter ego von Cortázar
sein könnte. Vor allem Morellis Werke sind es auch, die im
Schlangen-Club diskutiert werden. Morelli lebt gar im selben Haus, in
welchem auch Horacio und die Maga wohnen, einem Treffpunkt für die
Mitglieder des Schlangen-Clubs, ohne dass diese aber etwas von der Nähe
des Schriftstellers ahnen. Erst als Morelli bei einem Verkehrsunfall
verletzt wird, weil er auf einer Hundescheiße ausgerutscht ist, erfahren
seine Jünger etwas davon. Sie besuchen den Schriftsteller im
Krankenhaus. Im Buch heißt es unter Anderem von Morellis Werken: "Was
Morelli anstrebt ist, die geistigen Gewohnheiten des Lesers
aufzubrechen. Morelli ist ein Künstler, der eine bestimmte Vorstellung
von der Kunst hat, und die besteht in erster Linie darin, dass die
gebräuchlichen Formen zu verwerfen sind, etwas durchaus Übliches bei
jedem guten Künstler. Was ihn zum Beispiel auf die Palme bringt, ist
der Roman nach Art eines chinesischen Rollbilds. Ein Buch, das man von
Anfang bis Ende liest, wie ein gehorsames Kind." Die Parallelen zu
"Rayuela" sind unverkennbar. An anderer Stelle heißt es: "Die
Erzähltechnik von Leuten wie Morelli ist nichts weiter als eine
Aufforderung, das eingefahrene Gleis zu verlassen." Oder: "Las
man das Buch, hatte man zuweilen den Eindruck, dass Morelli erwartet
hatte, die Häufung von Fragmenten werde sich mit einemmal zu einer
Gesamtrealität kristallisieren. Aber allzu sehr konnte man der Sache
nicht trauen, denn Zusammenhang hieß ja im Grunde, Assimilation an
Zeit und Raum, Anordnung nach den Wünschen des Leser-Weibchens.
Morelli wäre nicht damit einverstanden gewesen." Das alles scheint
auch irgendwie auf Cortázar und seinen Roman "Rayuela" zu passen. Ein
entscheidender Hinweis findet sich noch auf der Seite 628. Oliveira sagt
da: "Im ersten Band war eine Stelle schrecklich kompliziert, dieser
Mensch hier und ich haben stundenlang diskutiert, ob beim Drucken der
Texte ein Irrtum unterlaufen ist oder nicht." Das trifft haargenau
auf das 34. Kapitel von "Rayuela" zu, wo man die Zeilen wie folgt lesen
muss: eins, drei, fünf, sieben und so weiter und zwei, vier, sechs, acht
...
Cortázars Ironie kommt hier zum Ausdruck, wie eigentlich im gesamten
Roman immer wieder. Eine sowohl wohlwollende als auch wohltuende Ironie,
die niemals aufs Beleidigen oder Verletzen aus ist. Und mit sicherem
Instinkt spürt Cortázar dem Absurden in der Verzweiflung nach, dem
Komischen im allzu Ernsten. Sein Wortschatz gleicht einer schier
unerschöpflichen Schatztruhe, und "Rayuela" ist wie eine sprachliche
Wundertüte, die kuriose Wortschöpfungen gebiert: "Kilizpt er dir die
Murte? Und lässt er dich die Plinien zwischen die Arbusen legen? Ja,
und dann wabern wir uns die Porzien." Ein weiteres Beispiel: "Da
sie
des Klienten und seiner Klinozephalie überdrüssig waren, nahmen sie
ihm die Klivie und den Klusil weg und ließen ihn eine Klobasse
schlucken. Dann verpassten sie ihm ein klinisches Klistier auf der
Kloake, obwohl er kleptophobisch klagte wegen des so klystronisch
durch die Klüse jagenden Wassers, während die Klystonen in der Klimax
wie auf einem Klavizitherium revoltierten." Daraus spricht eine
unverhohlene Lust an sprachlicher Anarchie. Und die perfekt
herausgearbeiteten sprachlichen Nuancen werfen denn auch ein
anerkennendes Licht auf den Übersetzer.
Cortázars "Rayuela" kann man mit Fug und Recht als ein wichtiges, wenn
nicht sogar als das wichtigste Werk in der Literatur Argentiniens
bezeichnen. Christian Hansen schreibt in seinem Nachwort, dem er eine
Widmung an den Übersetzer Fritz Rudolf Fries voranstellt: "Damit
wird der Roman zu einem Ort der Vielstimmigkeit und utopischer
Begegnungen, wo man als Leser Freundschaften fürs Leben schließt."
Eine Aussage, die auch der Rezensent nur unterstreichen kann.
(Werner Fletcher; 09/2010)
Julio Cortázar: "Rayuela. Himmel und
Hölle"
(Originaltitel "Rayuela")
Aus dem Spanischen von Fritz Rudolf Fries.
Mit einem Nachwort von Christian Hansen.
Suhrkamp, 2010. 656 Seiten.
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Julio Cortázar wurde am 26.
August 1914 in Brüssel geboren. Mit seinen argentinischen Eltern zog er
im Alter von vier Jahren in einen Vorort von Buenos Aires. Er
absolvierte dort an einer sogenannten "Escuela Normal " eine Ausbildung
zum Grundschullehrer und nahm ein Universitätsstudium auf, das er aber
er aus finanziellen Schwierigkeiten frühzeitig abbrechen musste. Er
arbeitete dann als Lehrer in verschiedenen Provinzschulen und begann in
dieser Zeit, sich ernsthaft dem Schreiben zuzuwenden. 1938 erschien ein
erster Gedichtband, und 1944 veröffentlichte er seine erste Erzählung in
einer Zeitschrift. Im selben Jahr erhielt er an der Universität von
Mendoza (Argentinien) eine Dozentur für französische Literatur, aber
schon 1946, aus Protest gegen den Wahlsieg Peróns, legte er sein Lehramt
nieder. Er veröffentlichte weiter in Zeitschriften, ließ sich zum
Übersetzer für Englisch und Französisch ausbilden und erhielt 1951 ein
Stipendium des französischen Staates. Er ging nach Paris, wo er bis 1974
als Übersetzer für die "UNESCO" tätig war. In Paris verfasste er 1963
auch den Roman "Rayuela" (dt. "Rayuela. Himmel und Hölle "), der in den
1960er-Jahren zum "Kultbuch" einer ganzen Generation von Intellektuellen
und Studenten wurde. Seit Mitte der 1960er-Jahre erschienen erste
Übersetzungen seiner Erzählungen ins Französische, Italienische,
Deutsche und Englische, und sein internationaler Ruf begann stetig zu
wachsen. Es sind vor allem seine Erzählungen (die deutsche
Gesamtausgabe, "Die Erzählungen ", erschien 1998 bei Suhrkamp), die
Cortázar bald zu einem der originellsten und kreativsten Autoren
Lateinamerikas machten. Seit den 1960er-Jahren engagierte sich Cortázar,
wie viele lateinamerikanische Intellektuelle, zunehmend politisch,
unterstützte die kubanische Revolution, die Regierung Allendes und
später auch die sandinistische Revolution in Nicaragua.
Sein Gesamtwerk umfasst außer Romanen und Erzählungen auch
Theaterstücke, Lyrik und verschiedene Bände mit Kurzprosa; es weist ihn
als einen der bedeutendsten Autoren des 20. Jahrhunderts aus.
Julio Cortázar starb am 12. Februar 1984 in Paris.
Weitere Buchtipps:
Horacio Quiroga: "Die Wildnis des Lebens. Gesammelte Erzählungen"
In einer intensiven und mitreißenden Weise umkreisen Quirogas
Erzählungen oft große, schwere Themen wie Tod, Wahnsinn oder
unglückliche Liebe. Tatsächlich war Horacio Quirogas Leben derart
geprägt von Tragödien und Verlust, dass es schwerfällt, Leben und Werk
nicht miteinander kurzzuschließen. Quiroga erzählt vom Ringen des
Einzelnen angesichts eines Daseins, das sich stets als größer als er
selbst und letztlich unbezwingbar erweist. Dabei verliert dieses Ringen
nie an Spannung - atmosphärisch dicht, psychologisch genau, im Ton
bisweilen fast lakonisch entspinnt Quiroga fesselnde Geschichten vom
Horror und Mysterium des Auf-der-Welt-Seins. Ein moderner Klassiker der
Weltliteratur.
Horacio Quiroga wurde 1878 in der uruguayischen Stadt Salto als Sohn des
argentinischen Konsuls geboren. Nach Kindheit und Jugend in Uruguay
verbrachte er den Großteil seines Lebens in Argentinien - ein Leben
voller Schicksalsschläge, Gewalt und Abenteuer. 1937 beging er nach
einer Krebsdiagnose Selbstmord.
Quiroga gilt als einer der Begründer der modernen lateinamerikanischen
Literatur und entfaltete seine Meisterschaft vor allem in kurzen
Prosaformen. Poe,
Maupassant
und Kipling hat er selbst als seine wichtigsten Vorbilder benannt. (S.
Fischer)
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Ariel Magnus: "Ein Chinese auf dem Fahrrad"
Ramiro, Zeuge bei der Gerichtsverhandlung gegen den vermeintlichen
Brandstifter Li, wird in das chinesische Viertel von Buenos Aires
entführt. Mehr Gast als Geisel lernt er eine völlig neue Kultur kennen
und verliebt sich in die hübsche Chinesin Yintai, die ihm mit ihren
Liebesspielen und ihren Reden für eine chinesische Vormachtstellung in
der Welt die Sinne raubt.
Dieser ungezügelt komische Roman führt den Leser in die Wunderwelt
chinesischer Miniläden, ins Chinesenviertel von Buenos Aires, und ist
eine witzige Liebeskomödie.
Die ganze Stadt sucht einen mysteriösen Brandstifter, Fosforito (das
Streichhölzchen) genannt, der, so das Gerücht, nach seinen Untaten immer
auf einem Fahrrad flüchten soll - er ist ja ein Chinese. Li passt genau
ins Bild, und so wird er verhaftet. Bei seiner Verurteilung nimmt er
eine Geisel, den Computerfanatiker Ramiro. Er entführt ihn ins
Chinesenviertel von Buenos Aires, und zwischen den beiden entwickelt
sich eine Freundschaft. In einer merkwürdigen Abwandlung des
Stockholm-Syndroms findet Ramiro immer mehr Gefallen an seinen
Entführern und ihrer Welt, in der er zwar kein Wort versteht, aber
immerhin den besten Sex seines Lebens hat. In dieser Welt steht alles
Kopf: Sein Bewacher bittet ihn, bei einem großangelegten Einbruch
mitzumachen, seine Liebhaberin will nur an der frischen Luft mit ihm
schlafen, und Li gesteht, dass alles eine große Verwechslung war. Als
Ramiro merkt, dass Li gar nicht Fahrrad fahren kann und die großen
jüdischen Machtkämpfe doch chinesische sind, wird es Zeit für ihn, auch
einmal selbst eine Entscheidung zu treffen.
Ariel Magnus wurde 1975 in
Buenos Aires geboren. Er studierte in Deutschland, schrieb für
verschiedene Medien in Lateinamerika und die "taz" in Berlin und lebt
heute als Autor und literarischer Übersetzer in Buenos Aires. Im Jahr
2007 wurde er für seinen Roman "Ein Chinese auf dem Fahrrad" mit dem
internationalen Literaturpreis "Premio La otra Orilla" ausgezeichnet.
Das Buch wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt. (Kiepenheuer &
Witsch)
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Eduardo Sacheri: "Warten auf Perlassi"
Vom Bahnhof sind es noch sechs oder sieben Kilometer bis O'Connor,
einem kleinen Dorf, das seit den 1990er-Jahren von der Landkarte
Argentiniens verschwunden ist. Aráoz steigt als Einziger aus dem Zug,
sieht sich verloren um. Der Bahnhofsvorsteher nimmt ihn in seinem
Wagen mit zur alten Tankstelle, die auch Zimmer vermietet. Es ist die
Tankstelle von Perlassi, seinem Fußballidol aus Kindertagen. Von ihm
will Aráoz erfahren, was damals wirklich passiert ist, als Perlassis
Mannschaft ein entscheidendes Spiel verlor und damit den Anfang ihres
schmählichen Abstiegs einläutete - ein Abstieg, der in Aráoz'
Erinnerung eng mit dem Fortgang des Vaters verknüpft ist. Doch statt
seines Idols steht ein alter Mann an der Zapfsäule: Perlassi sei für
ein paar Tage unterwegs, seine Rückkehr ungewiss. Aráoz lässt sich
nicht abweisen, zu Hause erwarten ihn nur eine leere Wohnung und zu
viele Gedanken. Während er in der schäbigen Pension ausharrt, kommt er
der Wahrheit ein gutes Stück näher und lernt, sich mit der schlimmsten
aller Niederlagen auszusöhnen.
Eduardo Sacheri wurde 1967 in Buenos Aires geboren. Er ist Professor
für Geschichte und unterrichtet an Universitäten und Gymnasien.
(Berlin Verlag)
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Antje Hinz: "Argentinien hören"
Eine musikalisch illustrierte Reise durch die Kulturgeschichte
Argentiniens von den Mythen der indigenen Ureinwohner bis in
die Gegenwart.
Am 25. Mai 1810 setzten Kreolen den spanischen Vizekönig ab
und erklärten ihre Unabhängigkeit vom spanischen Königreich.
Der 25. Mai ist heute der höchste Nationalfeiertag in
Argentinien. (Silberfuchs)
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Barbara Potthast, Sandra
Carreras: "Eine kleine Geschichte Argentiniens"
Seit seiner Unabhängigkeit von Spanien
ist das Land, das Schriftsteller wie Borges,
Tangosänger wie Carlos Gardel und Ikonen wie Evita Perón hervorgebracht
hat, von einer wechselvollen Geschichte gezeichnet: Brutale Diktaturen
folgten auf populistische Regierungen, und die Wirtschaftskrise von 2001
bedeutete für große Teile der Bevölkerung den Verlust ihres gesamten Hab
und Guts. Daneben blüht das kulturelle Leben vor allem in der Hauptstadt
Buenos Aires, die mit zahlreichen Buchhandlungen, Theatern und Kinos
glänzt.
Der Band behandelt die politischen, sozialen und kulturellen
Entwicklungen in Argentinien, angefangen bei der Kolonialzeit, über die
Unabhängigkeit bis hin zu den heutigen Herausforderungen, denen das Land
sich stellen muss. (Suhrkamp)
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Martín Caparrós: "Wir haben uns geirrt"
Caparrós hat einen provokanten Roman über ein längst nicht
aufgearbeitetes Kapitel argentinischer Geschichte geschrieben. Der
Erzähler Carlos - gebrochen, zweifelnd, einmal ätzend scharf, dann
wieder melancholisch im Ton - ist ein faszinierender,
vielschichtiger Antiheld. Seine Geschichte ist die einer (nicht nur
argentinischen) Generation, die daran glaubte, die Welt zu
verändern, am Anfang eines gerechten Zeitalters zu stehen, und
kläglich gescheitert ist. Carlos' Kampf fand 1977 jäh ein Ende, als
seine Frau verhaftet wurde. Ihr Schicksal ist seitdem ungeklärt.
Resigniert sieht er zurück, zweifelt an den alten Idealen. Richtet
er seinen Blick auf das heutige Argentinien, packt ihn ohnmächtige
Wut. Die Frage nach dem Sinn politischer Militanz und Utopien, nach
Aussöhnung oder Vergeltung lassen ihn nicht los. Er trifft sich mit
den Tätern von damals - vermeintliche Sieger, die dennoch nicht
unbeschadet aus dem Krieg hervorgegangen sind. Dann stößt er auf die
Geschichte eines Pfarrers, der den Folterern allabendlich den Segen
erteilte ...
Eine mutige Auseinandersetzung mit Argentinien und ein furioses
Stück Literatur.
Martín Caparrós wurde 1957 in Buenos Aires geboren. Er ging 1976 ins
Exil, studierte in Paris an der Sorbonne Geschichte, lebte in Madrid
und New York, leitete Literaturzeitungen, übersetzte Voltaire,
Shakespeare und Quevedo, erhielt 1992 den "Premio Rey de
España", 1994 ein "Guggenheim-Stipendium" und 2004 den "Premio
Planeta Latinoamérica" für seinen Roman "Valfierno", war in der Jury
des "Premio Cervantes" und schrieb mehrere Bücher. Heute lebt er als
Schriftsteller und Journalist in Buenos Aires. Er zählt zu den
führenden Intellektuellen seines Landes. (Berlin Verlag)
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Rodolfo Walsh: "Das Massaker von San Martín"
Am 9. Juni 1956 wird im Stadtteil Florida in Buenos Aires eine
Gruppe Männer verhaftet und abtransportiert. Sie stehen im
Verdacht, in einen Aufstand gegen die Regierung verwickelt zu
sein, der zu der Zeit gerade stattfindet. Nur wenige in der Gruppe
haben überhaupt eine Ahnung, worum es geht und wessen man sie
bezichtigt. Aber die Angelegenheit nimmt ihren Lauf, und in dem
Ort San Martín kommt es zum Massaker. Doch es gibt Überlebende.
Walsh ist der Sache mit den Mitteln des investigativen
Journalismus nachgegangen, hat die Überlebenden gefunden, befragt,
hat ihre Aussagen überprüft und verglichen, und was er hier
vorlegt, ist die spannende Geschichte eines ungeheuerlichen
Vorgangs in der Nach-Perón-Zeit, eine "wahre Geschichte",
geschrieben wie ein Krimi. Sie ist heute ein Klassiker der
argentinischen Literatur und eines der frühen Beispiele für das,
was man als nichtfiktionalen oder dokumentarischen Roman
bezeichnet hat.
Rodolfo Walsh wurde 1927 in der Provinz Río Negro geboren. Er war
der Abkömmling von irischen Einwanderern. 1977, während der
Militärdiktatur in Buenos Aires, wurde er von Sicherheitskräften
entführt und getötet, nachdem er in einem Offenen Brief die
Militärjunta gegeißelt hatte. Rodolfo Walsh war Journalist und
Schriftsteller. Er gilt heute als Klassiker der modernen
argentinischen Literatur. (Rotpunktverlag)
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Norma Huidobro: "Der verlorene Ort"
María ist die einzige junge Frau, die noch in ihrem Dorf
geblieben ist. Umso gieriger liest sie die vor Leben
übersprudelnden Briefe ihrer Freundin aus Buenos Aires. Doch
plötzlich reißt der Briefkontakt ab, und ein Fremder erscheint,
der Marías Welt aus den Fugen geraten lässt.
Es ist ein heißer, trockener Tag in dem verlassenen Ort Villa
del Carmen weitab von Buenos Aires. Die junge María steht hinter
dem Tresen des einzigen Restaurants, als ein Fremder auftaucht.
Ferroni, so stellt sich heraus, ist aus der Hauptstadt gekommen,
weil er auf der Suche nach Marías Freundin Matilde ist, die als
vermisst gemeldet wurde. Einmal schmeichelnd, dann wieder
einschüchternd versucht er, María auszuhorchen. Die traut
Ferroni nicht über den Weg und hält sich bedeckt. Marías
unheilvolle Ahnung, dass die Freundin in Schwierigkeiten sein
könnte, verdichtet sich immer mehr, und die Atmosphäre wird
zunehmend bedrohlich.
Norma Huidobro, geboren 1949 in der Provinz Buenos Aires, ist
Professorin für Literatur und leitete ein Schreibinstitut. Sie
hat bisher zahlreiche Kinder- und Jugendbücher geschrieben. 2007
erschien ihr Romandebüt "Der verlorene Ort", der mit dem
renommierten "Premio Clarín" ausgezeichnet wurde. Die Autorin
lebt in Buenos Aires. (Hoffmann und Campe)
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Pola Oloixarac:
"Wilde Theorien"
zur
Rezension ...