Hong Lin-Schneider: "Chinesisch vegetarisch"


"Die Freude am Essen ist das erste Glück." (Konfuzius)

In der Tat hat der Mensch zur Nahrung seine wohl grundlegendste, prägendste, erfüllendste und erste Beziehung in seinem Leben. Was Anderes tut ein Kind, als in den ersten Wochen seines Lebens zu wachen, um Nahrung zu sich zu nehmen.
Konfuzius als einer der östlichen Philosophielehrmeister, der die "unbedingte" Harmonie mit dem Weltganzen vertrat, kann hier durchaus als Fürsprecher einer lebensbestimmenden Tätigkeit, des Zubereitens von Lebensmitteln, sein, hier speziell der Beschäftigung mit der vegetarischen chinesischen Küche.

"Hong Lin-Schneider wuchs in China bei ihrer Großmutter auf, deren fantastische Kochkünste schon früh das Interesse des kleinen Mädchens an kulinarischen Genüssen weckten."
Die persönliche Verbindung der Autorin zur chinesischen Küche und den Wunsch, mit den Kochkünsten auch eine kulturelle Auffassung weiterzureichen, merkt man dem Buch beim ersten Aufschlagen und Stöbern in den verschiedenen Bereichen an. Gegliedert ist dieses 112 Seiten kleine Buch durchaus typisch: Eine grundsätzliche Warenkunde soll dem Nutzer bedeuten, welche Nahrungsmittel in der chinesischen Küche verwendet werden, warum Fleisch und Fisch nicht so wichtig für diese sind, und vor allem werden einzelne für den europäischen Koch durchaus ungewöhnliche Lebensmittel genauer in Augenschein genommen.

Ginkgokerne zum Beispiel: "In China werden Ginkgobäume als Nahrungspflanzen angebaut. Nur der Kern des Samens wird genutzt, und dieser muss unbedingt gegart werden (...)" .
Sehr interessant ist es natürlich auch, zu schauen, wie man mit Lilienblüten umgehen kann, wofür man getrocknete Haut der Sojamilch benutzt, wie eine Bittermelone aussieht oder welchem Gericht Lotuswurzeln beigefügt werden können.

Allein die 21 Seiten umfassende Einführung in die alltäglichen Nahrungsmittel ist eine kleine Reise in eine andere Welt, die eingegliederten Fotografien von Landschaften und den einzelnen noch unverarbeiteten Zutaten, wie Bambussprossen, Kumquat oder Wasserspinat, sind herrlich anzuschauen und machen Lust aufs Kochen.

Es folgen die Kapitel Grundrezepte (z.B. Pflaumendip), Salate (etwa Lotuswurzelsalat mit Brokkoli), Vorspeisen (wie knusprige Auberginentaschen), Suppen (beispielsweise sauer-scharfe Pekingsuppe), schnell zubereitete Gerichte (unter Anderem "Würziger Tofuteller"), Hauptgerichte (z.B. Löwenkopftopf), Reisgerichte (etwa süßsaurer Kokosreis), Teigwaren (beispielsweise die allbekannten Frühlingsrollen), Desserts (wie Drachenaugenkuchen) und Getränke (z. B. Chrysanthementee).

Die Zubereitungsmenge der einzelnen Gerichte ist auf jeweils vier Personen angelegt. Geboten werden neben durchaus einfachen Kochvorgängen auch anspruchsvollere Gerichte wie die Juwelen-Mischung, für welche die bereits oben genannten Lilienblüten und Ginkgokerne sowie Austernpilze gebraucht werden.

Dabei steht auch immer die heilende, ausgleichende, sozusagen an der Harmonie interessierte Wirkung der Nahrungsaufnahme im Vordergrund und, was ganz bemerkenswert ist, diese wird ganz schlicht durch die Freude am Essen erreicht. Dieses Lebensgefühl ist dem Buch von der ersten bis zur letzten Seite anzumerken.

"Die heilende Kraft von Kräutern, Wurzeln, Rinden und Blüten war im alten China eine gesicherte Wissenschaft: Vor mehr als 5000 Jahren waren die Heilkräuter und ihre Wirkungen bereits katalogisiert und schriftlich festgehalten. Auch im heutigen China sind die Erkenntnisse aus dem Bereich der Pflanzenheilkunde ein fester Bestandteil der Medizin. Die in der chinesischen Küche verwendeten Gewürze dienen sozusagen immer auch der sanften Behandlung von seelischen und körperlichen Beschwerden. Die Kraft der Natur ist eine wertvolle Quelle für die Gesundheit."

Wie aus diesem Zitat vielleicht schon hervorgeht, ist dies ein wirklich lebensallumfassendes Konzept, das sich - auch wenn man hier ein wenig in stereotype Gesellschaftsbilder verfällt - einmal zu verinnerlichen lohnt. Was der einzelne Mensch zu sich nimmt, jeder Schokoriegel, jede Banane, jeder Schluck Tee oder Kaffee ist ein Zusatz zur Erhaltung und Gesundung oder auch Erkrankung des eigenen Körpers, der mit den Vitaminen, Zusatzstoffen usw. in dem jeweiligen "Produkt" das Weiterleben garantiert und jede eigene Entscheidung für ein Nahrungsmittel so auch zur eigenen Entscheidung hinsichtlich des Wie des Körpers und Wohlbefindens macht.

Dieses Wissen liegt letztlich natürlich jedem Kochbuch zugrunde, doch man darf mit besonderer Wertschätzung sagen, dass dies hier nicht in einem Wahn zur Gesundheit, die dann nur noch als mögliche Abwesenheit der Krankheit gesehen werden kann, geschieht. Nein, hier ist dies ganz beiläufig der Fall. Zuallererst ist es einmal wichtig, Spaß am Kochen zu gewinnen und das Glück des Essens zu genießen.

Der Hädecke Verlag hat sich "Bücher für Genießer" auf die Fahnen geschrieben. Dies muss man hier einmal ganz deutlich unterstreichen. "Chinesisch vegetarisch" ist nicht nur ein Kochbuch, es vermittelt kulturelle Hintergründe, ist ein Genuss für das Auge und kann zur eigenen kulinarischen Reise nach China werden, ohne dass man die eigene Küche verlassen muss.

(Christin Zenker; 02/2010)


Hong Lin-Schneider: "Chinesisch vegetarisch"
Walter Hädecke Verlag, 2009. 112 Seiten.
Buch bei amazon.de bestellen

Weitere Buchtipps:

Ching-He Huang: "CHINA modern. Die neue chinesische Küche mit 100 kreativen und leichten Rezepten"

Im Spannungsfeld traditioneller chinesischer Kochkunst und den Einflüssen japanischer, thailändischer, vietnamesischer und auch europäischer Küchen sind diese neuen abwechslungsreichen Rezepte entstanden, eine "Verschmelzungsküche" im besten Sinne des Wortes.
Mit einigen wenigen Zutaten aus dem Vorratsschrank, frischen Einkäufen aus dem Supermarkt und/oder Asien-Geschäften ist alles vorhanden, um erfolgreich loszulegen. Profis und Kochneulinge (ebenso Gäste) werden ihre Freude an den frischen, leicht nachzuvollziehenden Rezepten und interessanten neuen Geschmackskombinationen haben, z.B. "Pekingenten-Sushi", ein klassisches chinesisches Gericht, japanisch präsentiert, oder "gedämpfter Seebarsch mit ausgebackenen Zwiebelringen und Chili", der sich am Kochstil chinesischer Regionalküchen orientiert. (Walter Hädecke Verlag)
Buch bei amazon.de bestellen

Martina Hasse: "Die Chinesische Tempelküche. Vegetarische Originalrezepte aus berühmten buddhistischen Klöstern. Rezepte für ein langes Leben"
Mit diesem Buch begibt man sich auf eine Reise zu uralten Klöstern Chinas, nach Szechuan, zu den Wurzeln des buddhistischen vegetarischen Essens. Nie zuvor haben sich die chinesischen Klosterküchen westlichen Autoren und Fotografen geöffnet, spektakuläre Fotos sind das Ergebnis. Dieses in seiner Art einzigartige Buch umfasst mehr als 100 Originalrezepte der traditionellen vegetarischen Küche Chinas. Alle Rezepte wurden in den buddhistischen Klöstern gekocht und fotografiert. Obwohl exotisch, sind die Rezepte auch in der westlichen Küche einfach umsetzbar. Die Hauptzutaten wie Gemüse, Bambus, Pilze, Nüsse, Tofu, Seitan, Sojafleisch, Konnyaku sowie ausgesuchte Heilpflanzen und Gewürze sind auch bei uns in Asienläden problemlos erhältlich. Viele der Zutaten kann man auch einfach im eigenen Garten ziehen. Die vegetarische Kochkunst der alten Klöster verbindet sich mit der in China ebenso langen Tradition der Verwendung gesunder, ausgleichender und lebensverlängernder Nahrungsmittel - zum Entgiften und Entschlacken, für Gesundheit, "Verjüngung" und eine schlanke Linie. (AT Verlag)
Buch bei amazon.de bestellen